Bardia Torabi zur Corona-Krise: «Katar handelt schnell und bedacht»
Bardia Torabi, die in der Branche allseits bekannte Hotel-Wunderwaffe, ist seit vergangenem Samstag zurück in Deutschland. Wir erinnern uns: Im November vergangenen Jahres hatte er den Posten als General Manager im The Ritz-Carlton Sharq Village & Spa in Doha angetreten, das dem Emir von Doha gehört. 174 Zimmer, 22 Suiten, 650 Mitarbeiter. Im Exklusivinterview verrät der Erfolgshotelier, warum er zurück in seine Heimat musste, wie die Corona-Krise in Katar bewältigt wird – und was das für die dortige Gastronomie und Hotellerie bedeutet.
Baria Torabi im Exklusivinterview
Bardia, im November vergangenen Jahres hast du nach vier erfolgreichen Jahren als GM des Roomers in München deine neue Position als GM des The Ritz-Carlton Sharq Village & Spa in Doha angetreten. Jetzt bist du wieder in Deutschland. Was ist passiert?
Torabi: Eigentlich hätte ich bereits im ersten Quartal 2019 dort anfangen sollen. Doch am 5. März letzten Jahres ist sehr überraschend mein Vater verstorben. Das hat dann alles nach hinten verschoben. Der damalige Chef von Katar Hospitality hat mir dann die Position für vier Monate freigehalten. Ein unglaubliches Geschenk, das ich bis heute sehr zu schätzen weiß, weil es alles andere als selbstverständlich ist. So konnte ich im November 2019 tatsächlich die Position in Doha antreten.
All die Dinge, die in Ländern wie Deutschland wirklich lange dauern, weil die bürokratischen Mühlen länger mahlen, passierten in Qatar innerhalb von 24 Stunden.
Bardia Torabi über die Unterschiede der momentanen Krisenhandhabung zwischen Deutschland und Katar
Mein Vertrag läuft noch bis Ende April. Aber am Jahrestag des Todestages meines Vaters, also am vergangenen 5. März, war ich dann in Deutschland und habe gesehen, wie schlecht es meiner Mutter geht. Sie hat den Tod meines Vaters noch nicht verkraftet. Da musste ich eine Entscheidung treffen: Meinen Traum weiterleben und weiterhin GM von The-Ritz Carlton Sharq Village & Spa in Doha zu sein, also einen Posten zu besetzen, auf den ich jahrelang hingearbeitet hatte, oder für meine Familie und Mutter da zu sein. Für mich war dann schnell klar, dass ich mich für meine Mutter entscheide. Es war ein Wechselbad der Gefühle, natürlich, weil ich auch Mitarbeiter hatte, die mir gefolgt sind. Aber ich habe nun einmal nur eine Mutter. Als wir Kinder und Jugendliche waren, haben unsere Eltern viele Träume für uns aufgeben müssen. Jetzt ist es meine Pflicht, da zu sein. Und das tue ich sehr gerne. Seit letztem Samstag bin ich jetzt bei ihr.
Die Gastronomie wurde nicht gleich ganz geschlossen. Es hat so angefangen, dass beispielsweise Salat-Buffets verboten wurden.
Bardia Torabi über die ersten Schritte Katars im Zuge der Corona-Krise
Hast du momentan überhaupt genügend emotionalen Freiraum, um dir Gedanken über deine berufliche Zukunft zu machen?Torabi: Für die nächsten zwei Jahre werde ich wahrscheinlich versuchen, in der Nähe meiner Mutter zu bleiben, also möglichst weniger als zweieinhalb Flugstunden von ihr entfernt sein. Ich möchte mich jetzt nicht ausschließlich auf Deutschland oder Europa festlegen. Es kann auch Schweiz, Österreich, Italien oder auch Moskau sein. Die ersten Gespräche laufen schon, aber Konkretes verraten kann ich jetzt noch nicht. Ich bin ja nicht hier, um zu sagen: „Mal schauen, was jetzt passiert.“ Das ist nicht meine DNA. Außerdem liebe ich die Hotellerie zu sehr dafür. Die ersten Anrufe von Headhunter kamen schon. Wir werden sehen.
Kommen wir zum alles beherrschenden Thema, der Corona-Krise. Wie hast du sie in Doha miterlebt? Wo siehst du die großen Unterschiede im Umgang mit dem Corona-Virus zwischen Katar und Deutschland?
Torabi: Katar war und ist natürlich extrem als Reiseland von dieser Krise betroffen. Weil Katar natürlich auch stark vom Tourismus lebt, neben dem Gas und Erdöl, was da ja tagtäglich produziert wird. Hier liegt außerdem einer der meist frequentierten Flughäfen der Welt, vor allem wegen dem Sitz von Qatar Airways. Die Märkte aus Deutschland, Italien, England und natürlich aus den USA, die hier die größte Militärbasis außerhalb der Vereinigten Staaten besitzt, fallen damit plötzlich zu einem Großteil weg. Das darf man nicht unterschätzen.
Katar ist ein sehr, sehr sicheres Land. Wenn Leute in die Arbeit gehen, schließen sie ja ihre Häuser nicht ab, so sicher ist es dort.
Bardia Torabi über die hohen Sicherheitsstandards in Katar
Aber Katar ist ein sehr, sehr sicheres Land. Wenn Leute in die Arbeit gehen, schließen sie ja ihre Häuser nicht ab, so sicher ist es dort. Das habe ich dann auch gleich zu Beginn der Krise bemerkt. Katar ist ja dafür bekannt, nicht nur der Schnellste, sondern auch der bedachteste Schnellste zu sein. Das heißt, die Staatsspitze denkt ganz genau nach – und dann wird schnell gehandelt.
Wie hat sich das geäußert? Welche Maßnahmen wurden konkret getroffen?
Torabi: Am Anfang war das so, dass das Gesundheitsministerium eine Website aufgestellt hat, durch die alle Menschen regelmäßige Push-Nachrichten erhielten. Da wurde dann geraten, was man machen soll und was nicht. Die Menschen wurden tagtäglich auf die neue Situation vorbereitet.
Was bedeutete das für die Gastronomie?
Torabi: Die Gastronomie wurde nicht gleich ganz geschlossen. Es hat so angefangen, dass beispielsweise Salat-Buffets verboten wurden. Weil da natürlich Keime relativ einfach transportiert werden können. Dann wurden die Buffets als Ganzes abgeschafft. Restaurants – wie wir in unserem – mussten dann zwei Tische zwischen den Gästen freilassen. Das ging alles ziemlich schnell. Es waren dann auch jeden Tag Gesundheitsbehörden da, die alles entsprechend überprüft haben. Zum Beispiel, ob ausreichend Desinfektionsmittel da ist. All die Dinge, die in Ländern wie Deutschland wirklich lange dauern, weil die bürokratischen Mühlen länger mahlen, passierten in Katar innerhalb von 24 Stunden. Dann erst wurden die Restaurants geschlossen, zuerst die in Hotels, anschließend die anderen. Das heißt, dass man jetzt nur noch Room-Service machen darf.
Bei jedem Check-in mit Gästekontakt muss außerdem Desinfektionsmittel benutzt werden, Mitarbeiter mussten geschult werden, das wurde natürlich von der Ritz-Carlton Seite sehr proaktiv vorangetrieben. Dann wurden Shishabars geschlossen, dann wurden einkommende Flüge nur noch an bestimmten Terminals erlaubt. Und jetzt sind sogar Strände und Pools geschlossen. Soweit ist man schon gegangen – und das ist mittlerweile bereits drei Wochen her! Seit vorgestern gibt es auch eine Ausgangssperre ab 19 Uhr. Ab dann darf also das Haus nicht mehr verlassen werden.
Wie ist die Lage für Hotels?
Torabi: Im Grunde genommen sind sie noch offen. Aber Fakt ist, dass die meisten Touristen bereits zurück in ihre Herkunftsländer gereist sind. Jetzt ist der Flughafen ja zu, außer für Zwischenlandungen.
Die Umsätze der Gastronomie und Hotellerie sind also auch in Katar stark zurückgegangen bzw. ausgeblieben. Was macht der Staat? Gibt es auch dort so etwas wie Hilfskredite oder Entschädigungen?
Torabi: Zwei Tage nach den Restaurantschließungen hat der Emir von Katar erlassen, dass Gastronomen und Hoteliers kein Gas und keinen Strom bezahlen müssen. Das übernimmt alles der Staat. Der Emir schickt damit das Signal, dass er seinen Teil dazu beiträgt, damit nicht alles allzu schlimm ausfällt. Als ich nach Doha gekommen bin und die ersten Male von der Arbeit abends nach Hause fuhr, sah ich jedes Mal auf ein Gebäude, auf dem eine Lichterkette hing mit der Aufschrift: «Everything is gonna be allright.» Ich habe daraufhin meine Mitarbeiter dazu befragt, die mir sagten: Als die Blockade gegen Katar erlassen worden war, habe der Emir diesen Schriftzug anfertigen lassen, um seiner Bevölkerung Zuversicht zu schenken. Das ist einfach was Kleines, lass es vielleicht 10.000 Euro kosten, aber die Wärme und Zuversicht, die es gibt, ist schon unglaublich, wenn du das jeden Abend liest.