Ana Ros: «Manchmal wache ich in der Nacht auf und weine»
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Durch das abrupte Schließen der slowenischen Grenzen, verbringt Spitzenköchin Ana Ros den aktuellen Corona-Lockdown gemeinsam mit ihrem 32-köpfigen Team in und um ihr Restaurant Hisa Franko.
Die Multikulti-Kommune des Hisa Franko
In einem Interview mit der Plattform finedininglovers gibt Ros einen Einblick in das Leben als multikulturelle «Kommune» im slowenischen Soca Tal. «Ich glaube wir lernen miteinander und voneinander aber vor allem lernen wir uns in Geduld zu üben.»
Um Ordnung in die außergewöhnliche Situation zu bringen, gibt es für das Team um die World’s Best Female Chef 2017 einen täglich fixen Zeitplan in dem sich die Gruppe weiterbildet, neue Gerichte entwickelt, fermentiert und in der umliegenden Natur auf «Schatzsuche» für neue Zutaten für das vielfach ausgezeichnete Restaurant in Kobarid geht.
«Man muss keinen Salat kaufen, wenn man einfach vor die Tür gehen und sich an der Natur bedienen kann.»
Als gutes Beispiel für die derzeitige Experimentierfreude nennt Ros etwa dass man den Milchbauern der Region die Corona-bedingte überschüssige Milch abnimmt und jetzt an neuen Eiscreme-Sorten tüftelt. Von Bergmilch mit Honig über Kamille und Grüner Pfeffer bis Sauermilch werden momentan zahlreiche neue Geschmacksrichtungen kreiert und getestet.
Mit den täglichen Projekten des gesamten Teams versucht Ros nicht nur «das beste aus der zweifellos harten Situation», zu machen, sondern sieht auch einen Mehrwert für die Zukunft: «Diese Zeit zwingt uns dazu, Dinge zu tun, die wir nie zuvor getan haben. Was kann man Wiederverwenden, Wiederverwerten, fermentieren? Man muss keinen Salat kaufen, wenn man einfach vor die Tür gehen und sich an der Natur bedienen kann.», erklärt Ros dem Online-Portal.
Trotz der zahlreichen Projekte, nehme sich laut Ros jedes Team-Mitglied Zeit, um mit der, in den meisten Fällen, weit entfernt lebenden Familie, zu kommunizieren. «Wir sind alle sehr traurig.», so Ros.
«Es ist hart die Mutter für ein Team erwachsener Menschen zu sein.»
Wenn das Restaurant geöffnet hat, so Ros, wisse jeder hier was zu tun ist, aber jetzt sei jeder verunsichert, traurig, verletzlich. «Es ist hart die Mutter für ein Team erwachsener Menschen zu sein und ihnen jeden Tag «Alles wird gut» zu sagen, wenn wir das doch gar nicht wissen.», gesteht die Slowenin.
«Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf, weine und habe Panikattacken. Weil ich weiß, dass ich mich heute wieder vor über 30 Menschen stellen muss und ihnen eine inspirierende und motivierende Rede halten muss.», gibt Ros gegenüber finedininglovers einen Einblick in die psychisch herausfordernde Zeit.
Für Ros sei die Gruppen-Isolation viel herausfordernder als etwa eine rein familiäre Isolation: «Im familiären Kreis kann ich auch einfach mal schwach sein, aber für dieses Team bin ich der Boss und es wird erwartet jeden Tag stark zu sein. Gerade in einer Situation wie der aktuellen.» Es sei wichtig die Motivation und Energie hochzuhalten, um sich nicht in der Isolation zu verlieren.
Nach Corona? «Menschen werden Gesellschaft und gutes Essen suchen»
Trotz aller Herausforderungen sieht Ana Ros der Zukunft optimistisch entgegen. Sie «träumt» von einer Rückkehr zur Normalität gegen Anfang Mai und ist der Meinung, dass die Bevölkerung nach überstandener Krise mehr denn je ausgehen wollen.
«Die Menschen werden ausgehen weil sie Gesellschaft brauchen, ein gutes Glas Wein und ein wundervolles Essen genießen möchten. Wir alle haben das Bedürfnis nach sozialen Kontakten. Jetzt mehr denn je.», so Ros.
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