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Aus der Kürbiskernölmetropole in die Stadt der Millionäre: Wie Paul Stradner in Baden-Baden nicht nur die Gaumen potenter Russen erobert.
November 13, 2015

Die Kürbiskernölmetropole Baden-BadenFotos: Wolfgang Hummer

Paul Stradner im VW BusEin Stern? Das kann mit 32 Jahren doch noch nicht alles sein!“ Paul Stradner stellt unverblümt und ohne Herumgegurke gleich klar, worum es ihm geht. Der gebürtige Steirer hat in seiner Karriere extrem viel vor und steckt die Ziele dementsprechend hoch: „Zweiter Stern, 18 Gault-Millau-Punkte und beim Fein­schmecker das vierte F.“

Wo andere Kollegen froh wären, wenn sie auch nur einen der heiß umkämpften kulinarischen Himmelskörper an ihr Kochrevers heften könnten, weiß Stradner um die grandiosen Möglichkeiten in seiner derzeitigen Wirkungsstätte. Das Brenners Park-Hotel in Baden-Baden zählt nämlich zu den besten Hotels Deutschlands, dementsprechend hoch ist aber auch die Erwartungshaltung: „Sollte ich mich in vier bis fünf Jahren in den Guides nicht gesteigert haben,…

Die Kürbiskernölmetropole Baden-BadenFotos: Wolfgang Hummer

Paul Stradner im VW BusEin Stern? Das kann mit 32 Jahren doch noch nicht alles sein!“ Paul Stradner stellt unverblümt und ohne Herumgegurke gleich klar, worum es ihm geht. Der gebürtige Steirer hat in seiner Karriere extrem viel vor und steckt die Ziele dementsprechend hoch: „Zweiter Stern, 18 Gault-Millau-Punkte und beim Fein­schmecker das vierte F.“

Wo andere Kollegen froh wären, wenn sie auch nur einen der heiß umkämpften kulinarischen Himmelskörper an ihr Kochrevers heften könnten, weiß Stradner um die grandiosen Möglichkeiten in seiner derzeitigen Wirkungsstätte. Das Brenners Park-Hotel in Baden-Baden zählt nämlich zu den besten Hotels Deutschlands, dementsprechend hoch ist aber auch die Erwartungshaltung: „Sollte ich mich in vier bis fünf Jahren in den Guides nicht gesteigert haben, wird mir bestimmt der Hebel angesetzt.“

Ein großer Druck, aber der smarte Koch scheint diesem relativ gelassen gegenüberzustehen. Was nicht weiter erstaunt, schaut man sich die Vita des Sternejägers einmal genauer an. Der gebürtige Grazer startete seine Laufbahn zum Koch und Restaurant­fachmann als Azubi im Restaurant Luttenberger in der steirischen Landeshauptstadt. Ab 2002 arbeitete er drei Jahre lang im Hausrestaurant Silberberg im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn als Junior Chef, bevor er mit einer kurzen Zwischenstation im französischen Restaurant Le Cerf in Marlenheim als Commis in die Schwarzwaldstube von Harald Wohlfahrt im Hotel Traube Tonbach wechselte. Beim weltbekannten Dreisterner konnte er über vier Jahre sein Können als Chef-Tournant, -Poissonnier, -Entremetier und -Saucier auf Vordermann bringen, ehe er 2009 wieder ins Mutterland aller Gourmets wechselte.

Erst als Sous Chef ins Château de Nantilly und 2010 als Chef Saucier und -Poissonnier ins Restaurant L’Arnsbourg in Baerenthal von Jean-Georges Klein. Dort stellte er dann durch seine Position als Sous Chef die Weichen für seinen Wechsel nach Baden-Baden im Jahr 2012. Hier ist er nun Boss über sieben Mitarbeiter des Fine-Dining-Schmuckstücks Brenners Park-Restaurant und kocht eine große, moderne französische Küche. Und die passt an diesen Fleck Erde wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Paul StradnerDenn Baden-Baden präsentiert sich gleich auf den ersten Blick irgendwie völlig anders als der Rest der deutschen Bundesrepublik. Nirgendwo sonst hat man in Deutschland das Gefühl, dass Reichtum so stark konzentriert ist wie hier. Baden-Baden ist die Stadt mit den meisten Millionären: Edle Villen, Luxuskarossen und ein Schnittchen Schwarzwälder Kirschtorte wird mit dem 500-Euro-Schein bezahlt. Die baden-württembergische Stadt erfreut sich insbesondere bei russischen Neureichen großer Beliebtheit. Die Nähe zu Frankreich spürt man hier an jeder Ecke, da auch einfach einmal ein stolzer Tropfen unter der Woche nach Feierabend in großer Runde genossen wird. Leisten kann man sich das hier ja. Das perfekte Umfeld also für Stradner, der mit Spitzenprodukten großes kulinarisches Kino bieten möchte.

Aus Alt mach Neu
„Mir macht es derzeit unglaublich viel Spaß, die traditionellen Klassiker aufzumotzen“, lässt der Steirer wissen. Bestes Beispiel dafür ist sein „Rehrücken Baden-Baden“. Ein optisches Highlight sondergleichen: gebratener Rehrücken, am Tisch tranchiert, mit Wacholderjus, Selleriepüree, karamellisiertem Rotkohl, eingelegter Birne und Johannisbeergel. Das perfekt gegarte Fleisch fällt fast wie von selbst vom Knochen und wird auf einem Glasteller der besonderen Art drapiert: Unter der Servierfläche liegt in einem Holzkästchen ein Stück Waldboden, bestehend aus Moos, Eicheln, Kastanien und Vogelbeeren sowie einer Patronenhülse. Bei Gerichten wie diesem demonstriert Stradner, dass er sich auch traut, den Gast zu fordern, um ihn dann letztendlich jedoch geschmacklich umzupusten.

Ziegenfrischkäsemousse von Paul StradnerDie Menügestaltung versucht er aber meist geschickt, auf die Erwartungshaltung der Gäste, des Hotels und seine eigenen Visionen abzustimmen: „Wir haben hier hauptsächlich internationales Publikum, vor allem aus Russland und den USA. Die schätzen eben Tradition.“ Deswegen bietet Stradner auch drei Menüs an: ein Degustationsmenü zum Sichaustoben, ein traditionelles Menü und eines mit österreichischen Highlights. Da findet sich dann in Klassikern wie „Tafelspitz im Gelee mit Ziegenfrischkäsemousse und Rübchen“ auch regelmäßig der steirische Exportschlager Kürbiskernöl wieder. Und das kommt vom Betrieb des Bruders aus der Heimat direkt auf die Tische des noblen Hauses. „Ich liebe beim steirischen Gold ganz einfach den herrlich nussigen Geschmack. Vor allem in Deutschland kennt man Kürbiskernöl teilweise kaum und genau deshalb zählt es auch zu meinen absoluten Lieblingsprodukten. Ich mag es, wenn man Leute mit neuen Aromen überraschen kann.“

Aber Kürbiskernöl aus eigener Herstellung ist nur ein Beispiel dafür, wie wichtig es Stradner ist, den natürlichen Geschmack in seiner ganzen Fülle zu bewahren und unverfälscht auf den Teller zu bringen. Regionalität spielt dabei für den jungen Küchenchef jedoch eine eher untergeordnete Rolle: „Also Regional­fanatiker bin ich definitiv keiner. Mir ist es wichtig, dass die Qualität des Produkts stimmt. Wenn ich diese in der unmittelbaren Umgebung nicht finde, muss ich eben woanders fündig werden.“ Dennoch hat er auch in der Region tolle Produzenten gefunden, die etwa herausragende Rindfleischqualitäten liefern, aber auch Forellen- wie Saiblingszucht auf höchstem Niveau betreiben.

phpGMvBCiKüchentraum
Ein regelrechtes Wunderland als Arbeitsplatz bildet die Basis für seine Kreationen. Stradner und sein Team haben nämlich das Privileg, gleich zwei Küchen für die Vollendung ihrer Meisterwerke zur Verfügung zu haben. Werden in der im Untergeschoß befindlichen Großküche sämtliche Mise-en-Place-Arbeiten erledigt, können in der Erdgeschoßküche gleich neben dem Gourmetrestaurant die Feinarbeiten abgeschlossen werden. „Das hat natürlich den großen Vorteil, dass wir zum einen Platz haben und uns bei den Vorbereitungen ausbreiten können, zum anderen am Abend jedoch kurze Wege für die Gäste und uns selbst vorfinden!“

Fragt man den jungen Aufsteiger nach Fähigkeiten, die er sich bei seinen großen Lehrmeistern angeeignet hat, bekommt man schnurstracks erwidert: „Disziplin, Durchhaltevermögen und Qualitätsanspruch. Das sind auch jene Prinzipien, die ich tagtäglich in der Küche vorlebe und auch von meinen Mitarbeitern einfordere!“ Und Tugenden, die auf dem Weg zu höheren Weihen durchaus von Vorteil sein können. Dass es aber, wie beim nicht weit entfernt kochenden Jörg Sackmann, auch 18 Jahre bis zum zweiten Stern dauern wird, bezweifelt der junge Durchstarter: „Sackmann ist ja nicht nur Koch, sondern auch Hotelier und TV-Star. Ich kann mich jedoch an fünf Tagen die Woche voll auf das eine konzentrieren. Und wenn es so weitergeht, schaut es doch ganz gut aus!“

www.brenners.com

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