Weinkarte: Tokaj
Illustration: Anna Spindler
Wo liegt die Wiege des Süßweins aus edelfaulen Trauben? In Frankreich? Auch wenn das wahrscheinlich der eine oder andere Franzose gerne behaupten möchte, so lautet die Antwort Ungarn. Genauer gesagt: Tokaj. Denn hier werden 240 Kilometer nordöstlich von Budapest auf knapp 6000 Hektar die heimischen Weißweinsorten Furmint, Hárslevelü sowie die Muskat-Sorte Sárgamuskotály angebaut. Auf eine einzigartige Weise werden daraus bereits seit mehr als 500 Jahren Weine gewonnen, die für viele zu den elegantesten der Welt zählen. Das Erfolgsrezept zum traditionellen Tokaj-Aszú-Wein: einem Fass (Gönci) mit 136 Liter Traubenmost oder trockenem Wein ein bis sechs Puttonyes (zu Deutsch: Butten) hinzufügen. Eine Butte sind dabei 25 Kilogramm Aszú-Teig, der aus edelfaulen Trauben gepresst wird. Die Mischung startet eine zweite Gärung und…
Illustration: Anna Spindler
Wo liegt die Wiege des Süßweins aus edelfaulen Trauben? In Frankreich? Auch wenn das wahrscheinlich der eine oder andere Franzose gerne behaupten möchte, so lautet die Antwort Ungarn. Genauer gesagt: Tokaj. Denn hier werden 240 Kilometer nordöstlich von Budapest auf knapp 6000 Hektar die heimischen Weißweinsorten Furmint, Hárslevelü sowie die Muskat-Sorte Sárgamuskotály angebaut. Auf eine einzigartige Weise werden daraus bereits seit mehr als 500 Jahren Weine gewonnen, die für viele zu den elegantesten der Welt zählen. Das Erfolgsrezept zum traditionellen Tokaj-Aszú-Wein: einem Fass (Gönci) mit 136 Liter Traubenmost oder trockenem Wein ein bis sechs Puttonyes (zu Deutsch: Butten) hinzufügen. Eine Butte sind dabei 25 Kilogramm Aszú-Teig, der aus edelfaulen Trauben gepresst wird. Die Mischung startet eine zweite Gärung und als Ergebnis erhält man je nach Buttenanzahl einen mehr oder weniger süßen Tokaj-Aszú-Wein (die Bandbreite reicht von 60 g/l Restzucker für drei Puttonyes bis hin zu mindestens 150 g/l für sechs Putto-nyes). Im Glas überzeugen diese Tokajer durch Balance und Tiefgründigkeit sowie mit Aromen von getrockneten Früchten über Honig bis hin zu Kaffee und Karamellnoten. Tokaj kann aber auch trocken. Und wie! Denn hier vollzieht sich seit einiger Zeit ein Paradigmenwechsel, von innovativen Winzern getragen, der mit einer ganz eigenen Stilistik besticht. Das Terroir der Region ins Zentrum gestellt. Wer einmal in den Genuss gekommen ist, weiß, dass auch die trockene, duftige Furmint-Version mit ihrer lebendigen Säure königlich performt.
Unentdeckte Weinschätze
Trotz seines früheren Ruhms ist Tokaj heute ein Mauerblümchen zwischen den Weinen am Weltmarkt. Tokaj-Innovator István Szepsy aus der Weinstadt Mád gilt als einer der Winzer, die die feinen Weine aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken und auch international bekannt machen.
Ein Süßwein macht auf trocken
In den letzten Jahren werden Furmint- oder auch Hárslevelü-Trauben immer öfter auch trocken ausgebaut. Die Weine von István Szepsy, Demeter Zóltan, Bardon oder dem Klassiker Oremus sollte man sich dabei nicht entgehen lassen.
Die Speise zum Wein
Auch essen muss der Mensch: Und das kann man im Tokaj-Gebiet am besten im Anyukám Mondta Restaurant in Encs sowie im Gusteau Muhely in Mád.
Weltkulturerbe Tokaj-Hegyalja
Lange bevor die Süßwein-Ikonen aus Sauternes in Frankreich Weltruhm erlangten, kelterte man in Tokaj bereits Süßwein. Die Kombination aus den einheimischen Trauben Furmint und Hárslevelü, den vulkanischen Böden, den speziellen Mikroklimata, den hervorragenden Lagerbedingungen in natürlichen Höhlen sowie die einzigartige Herstellungsweise ergeben dabei mitunter die besten Süßweine der Welt. Inzwischen sorgen auch trocken ausgebaute Weißweine aus dem etwa 6000 Hektar großen Anbaugebiet für Furore. Aufgrund der besonderen Gegebenheiten wurde die Region Tokaj-Hegyalja 2002 von der UNESCO sogar zum Weltkulturerbe ernannt.