Null Komma Null
Einsunternull und das Horváth in Berlin, das Restaurant Stucki in Basel, der The Clove Club in London, das Dragonfly by Tim Raue in Dubai, Döllerer’s Genießerrestaurant in Golling bei Salzburg, das Yam’cha in Paris und das Atera in New York (um nur einige von vielen zu nennen): All diese Restaurants können gar nichts gemeinsam haben? Doch!
Denn sie servieren nicht nur schnödes Wasser, wenn nach alkoholfreien Getränken zum Menü gefragt wird. Nein, die Köche und Sommeliers der genannten Restaurants legen sogar auch noch Wert darauf, dass sich Gäste, die keine Weinbegleitung bestellen, trotzdem mit ordentlichem Stoff betrinken können.
Nur eben ohne Alkohol. Dafür mit exzellent ausgeklügelten Getränken, die an Aromenkompositionen erinnern – und von der Prüderie eines Wassers oder Softdrinks weit entfernt sind.
Kein Alkohol ist doch eine Lösung
Es kann sehr traurig sein, wenn man sich – aus welchem Grund auch immer – dafür entscheidet, auf die Weinbegleitung zu verzichten. Das muss aber nicht so sein. Stattdessen gibt es Kohlrabisaft, Wasserkefir oder Apfelsaft zum Menü.
Was nach Fastenzeit oder schräger Neujahrsdiät klingt, ist die Fokussierung auf eine Zielgruppe, die bislang völlig unterschätzt wurde – die religiösen Nichttrinker, Schwangere, Mittagstisch-Gäste, Fahrer oder die Gesundheitsbewussten. Und damit ebendiese Menschen nicht traurig an ihrem Wässerchen nuckeln müssen, gibt’s alles Mögliche – außer eben Alkohol – auf der Karte.
Einsunternull und das Horváth in Berlin, das Restaurant Stucki in Basel, der The Clove Club in London, das Dragonfly by Tim Raue in Dubai, Döllerer’s Genießerrestaurant in Golling bei Salzburg, das Yam’cha in Paris und das Atera in New York (um nur einige von vielen zu nennen): All diese Restaurants können gar nichts gemeinsam haben? Doch!
Denn sie servieren nicht nur schnödes Wasser, wenn nach alkoholfreien Getränken zum Menü gefragt wird. Nein, die Köche und Sommeliers der genannten Restaurants legen sogar auch noch Wert darauf, dass sich Gäste, die keine Weinbegleitung bestellen, trotzdem mit ordentlichem Stoff betrinken können.
Nur eben ohne Alkohol. Dafür mit exzellent ausgeklügelten Getränken, die an Aromenkompositionen erinnern – und von der Prüderie eines Wassers oder Softdrinks weit entfernt sind.
Kein Alkohol ist doch eine Lösung
Es kann sehr traurig sein, wenn man sich – aus welchem Grund auch immer – dafür entscheidet, auf die Weinbegleitung zu verzichten. Das muss aber nicht so sein. Stattdessen gibt es Kohlrabisaft, Wasserkefir oder Apfelsaft zum Menü.
Was nach Fastenzeit oder schräger Neujahrsdiät klingt, ist die Fokussierung auf eine Zielgruppe, die bislang völlig unterschätzt wurde – die religiösen Nichttrinker, Schwangere, Mittagstisch-Gäste, Fahrer oder die Gesundheitsbewussten. Und damit ebendiese Menschen nicht traurig an ihrem Wässerchen nuckeln müssen, gibt’s alles Mögliche – außer eben Alkohol – auf der Karte.
Zusätzlich gewinnt der Koch oder Sommelier die einzigartige Option, ein Getränk zu entwickeln, das perfekt zum Gericht passt. Mit eigenen Aromen kann es harmonisch zu den Komponenten passen oder Fehlendes ergänzen und ist dabei immer völlig frei inszenierbar.
„Ein Wein kann besonders bei Gerichten mit vielen Komponenten und Aromen wie Desserts nicht alles aufgreifen. Oft beschränkt sich der Sommelier dann auf eine Richtung, die es zu begleiten gilt. Ein selbst zusammengemixtes Getränk kann hier hingegen viel mehr erreichen“, erklärt Andreas Döllerer, Küchenchef in Döllerer’s Genießerrestaurant, das mit 18 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet ist, einen wesentlichen Vorteil.
Ein nicht zu unterschätzender Nachteil ist allerdings der Aufwand, der hinter der alkoholfreien Getränkebegleitung steckt. „Um das Wissen und die Technik zu erarbeiten, muss man viel Zeit – und leider auch Geld – in die alkoholfreien Alternativen zum Wein stecken. Allerdings nur, wenn man auch etwas Außergewöhnliches anbieten möchte“, berichtet Ivo Ebert, Gastgeber des Berliner Restaurants Einsunternull.
Seit der Eröffnung 2015 gibt es hier alkoholfreie Getränke auf der Basis von Wasserkefir und Kombucha. Mit den lebenden Organismen mussten sich Ebert und sein Team aber erst anfreunden: „Wir haben zu Beginn versucht, den Kombucha-Pilz in eigenem Tee wachsen zu lassen. Leider ist er ständig eingegangen. Nach ein paar Recherchen und Versuchen haben wir zu schwarzem Tee gewechselt und jetzt funktioniert es. Der Kefir braucht es trocken, dunkel, aber nicht zu kalt. Auch hier mussten wir ausprobieren. Heute produzieren wir jeweils 16 Liter Kombucha und Kefir als Basis für die alkoholfreien Getränke.“
Die Basis wird dann passend zum Gericht und zur Saison mit Aromen, also Früchten und Gemüse, versetzt. Es entstehen Getränke, die ein Gericht anheben, begleiten oder deckeln. So kann man beispielsweise Säure mit einem Getränk ergänzen oder das Gericht im Getränk widerspiegeln oder den Gaumen neutralisieren.
Ebert: „Wasserkefir, auch japanischer Kefir genannt, braucht rund vier bis sechs Tage zum Fermentieren. Danach werden drei Tage Produkte zur Aromatisierung hinzugefügt. Zurzeit beispielsweise Rhabarber und Waldmeister. Der Kefir ist leicht milchig und erfrischend. Wir servieren ihn zu Gerichten, die damit gehoben werden. Anders ist es beim Kombucha: Er entwickelt nach rund acht Tagen der Fermentation und Aromatisierung dunkle, kräftige Aromen, die dezent dämpfen. Im Moment servieren wir ihn zu einer geräuchertern Spannrippe mit Kartoffeln. Der Kombucha ist dabei keine Extra-Aromabombe, sondern ein Begleiter.“
Aromageber für die Grundgetränke können frisches Obst und Gemüse sein, Kräuter oder auch Getrocknetes, sodass auch im Winter geschmackvoll gearbeitet werden kann. Andere Säfte, Meerettich, Öle sind genauso mögliche Aromageber.
Absoluter Experimenteur in Sachen alkoholfreie Begleitung ist Sebastian Frank, Küchenchef im Restaurant Horváth in Berlin. Seine Basis für die Getränke ist ein Gemüsesaft aus zwei Sorten Äpfeln, Petersilienwurzeln, Karotten und Stangensellerie.
Nach dem Entsaften der Zutaten wird der Saft auf 75 bis 80 Grad erhitzt. Der Absatz aus Trübstoffen, Chlorophyll und Zellulose wird entfernt. Dadurch entsteht ein klarer Saft, der einen möglichst geringen Sättigungswert hat. Denn wer neben sechs, sieben oder acht Gängen auch noch sechs, sieben oder acht Säfte trinkt, wird nicht lange durchhalten und nicht mehr als zwei Gänge verdrücken können.
Im Horváth gibt es aber nicht nur den Grundsaft, sondern auch Tee- oder Gewürzauszüge oder Malzbier. Der Aufwand, der in einer stimmigen Getränkebegleitung steckt, ist ähnlich hoch wie die Entwicklung des Menüs selbst.
Frank: „Unsere Getränke werden passend zum Menü kreiert – nicht umgekehrt.“ Genau diese Einstellung vertreten alle Köche und Sommeliers wie auch Andreas Döllerer und Ivo Ebert.
Döllerer: „Die Gerichte stehen für sich und funktionieren auch ohne Begleitung. Wenn ein neues Gericht auf die Karte kommt, wird auch ein passendes Getränk entwickelt. In Kooperation mit unserem Sommelier suchen wir dann gemeinsam passende Getränke mit und ohne Alkohol aus. Für mich ist das Angebot ein Service am Gast.“
Mit 39 Euro für die alkoholfreie Getränkebegleitung schafft es Döllerer kaum, den Aufwand und die Zeit wieder einzuholen, die in der Entwicklung stecken. Noch dazu sind die Getränke meist nicht lange haltbar, sodass sie jeden Tag neu hergestellt werden müssen. Im Restaurant Einsunternull kostet die alkoholfreie Begleitung genauso viel wie die Weinbegleitung.
Ebert: „Die alkoholfreie Variante ist für uns gleichwertig mit der Weinbegleitung. Wir haben einmal den Preis eines Liters sortenreinen Apfelsaftes berechnet. Die Äpfel bauen wir auf unserem Grundstück etwas außerhalb von Berlin an. Mit wirklich allen Arbeitsschritten – wie Aufzucht, Hinfahrt, Sprit, Entsaften, Einwecken – müssten wir vier Euro für einen Liter verlangen.“
Der Hauptgrund für diesen Service am Gast, wie es Döllerer nennt, liegt also nicht in der puren Gewinnlust, sondern am Spaß und der Freiheit, die Gastronomen damit gewinnen. Die Aromen der Getränke können selbst festgelegt werden.
Wer keine Möglichkeit hat, selbst zu fermentieren, zu entsaften oder anzusetzen, kann die Basis für die Getränkebegleitung auch einkaufen. Für Christian Singer, Chefkoch im Dragonfly by Tim Raue in Dubai, gab es gar keine andere Lösung.
Grund für die Begleitung: Sie dürfen aufgrund der strengen Bestimmungen in dem muslimischen Land keinen Alkohol ausschenken. Ein Aspekt für das Einkaufen der Grundsäfte: Bei der Fermentation kann Alkohol entstehen.
Kleiner Fact nebenbei: Im Einsunternull wird darauf geachtet, dass Kombucha und Kefir nicht mehr als maximal 0,5 Vol.-% enthalten. Diesen Hinweis geben sie abstinenten Alkoholikern und auch Schwangeren.
Singer kann sich in Dubai aber keine einzige noch so kleine Kommastelle leisten, weshalb er Säfte aus Deutschland oder andere Spezialitäten wie alkoholfreien Sake aus Japan für seine Jines importiert. Das Wort Jine bildet sich aus Juice (zu Deutsch Saft) und Wine.
Damit ergibt sich schon die Herangehensweise im Dragonfly: Jine soll das gleiche Gefühl wie ein Wein hervorrufen, es soll gerochen, probiert, angestoßen werden. Deshalb füllt Singer die Kreationen auch in Flaschen ab und ein eigenes Etikett sorgt für das richtige Feeling.
Singer: „Wir filtern das Fruchtfleisch raus und bieten 0,15 Liter pro Glas an, sodass möglichst keine vorzeitige Sättigung einsetzt. Die meisten Getränke sind auf einer leichten Säurebasis. Die süßeren – bei den Arabern sehr beliebten – Getränke sind natürlich etwas schwerer.“
Für Singer ist der Unterschied des Geschmacks von Touristen und Einheimischen gut zu erkennen: „Wir haben 14 verschiedene Saftsorten, darunter auch für diese Breitengrade außergewöhnliche wie Rhabarber, die wir immer noch weiter aromatisieren oder mischen. Touristen sind bei der Wahl der Getränke oft experimentierfreudiger und probieren auch die intensiven roten Säfte. wie die Mischung aus Rhabarber, Limette und Himbeere. Arabische Frauen mögen süße und harmonische Mischungen wie Litschi, Kaffirblätter und Rose gerne. Klar kommen auch Gewürze wie Zimt, Anis, Kardamom hier sehr gut an.“
Auf der Karte stehen zwar Softdrinks, aber Singer versucht, seine Gäste mehr in Richtung der Getränkebegleitung zu schubsen. Das klappt auch sehr gut: 65 Prozent derer, die das Menü wählen, stimmen auch der Getränkebegleitung zu.
In Deutschland und Österreich sind die Zahlen deutlich geringer: Laut Einsunternull-Gastgeber Ebert wählen 35 Prozent von denen, die sich alkoholfrei betrinken möchten, die Begleitung. Bei Döllerer sind es fünf bis zehn Prozent der Gäste an einem Tag.
Außerdem gibt es immer Gruppen, die beide Begleitungen bestellen, um es auszuprobieren. Hier stellen viele ungläubige Gäste dann fest, dass die alkoholfreie Getränkebegleitung ziemlich spannend sein kann und weit entfernt ist von einem Wässerchen.
Die Gäste fühlen sich verstanden, wertgeschätzt und gut aufgehoben – und bestellen laut Ebert, Döllerer und Singer gerne auch ein Glas nach. Aber das Wichtigste: Wer sich wohlfühlt, kommt gerne wieder.