Kochen im Mittelalter: Die Viersäftelehre
Balance der Säfte
Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle: In der mittelalterlichen Vorstellung drehte sich alles im Körper um diese vier Kardinalsäfte. Nach der Säftelehre bedeutete ein Gleichgewicht der Säfte nämlich Gesundheit, ein Ungleichgewicht hingegen Krankheit. Helmut Klug vom Verein Kulinarisches Mittelalter erklärt: „Die Säftelehre ist ein theoretisch-philosophisches Konstrukt, das dem Individuum eine bestimmte Mischung aus den Grundelementen Erde, Feuer, Wasser, Luft zuschreibt.“
Diese Elemente haben die Primärqualitäten warm – kalt, feucht – trocken. Diese werden nach Graden von eins bis vier abgestuft, wobei der erste Grad mild wirkend ist, der vierte extrem gesundheitsschädlich. Jedes Individuum hat eine Grundtendenz in Bezug auf diese Qualitätenmischung.
Mittelalter-Forscher Klug verdeutlicht, wie sich diese auswirken: „Heute kennen wir das noch in den Charaktertypen Phlegmatiker, Choleriker, Sanguiniker und Melancholiker.“ Abhängig von vielen Faktoren wie Alter, Jahreszeit, Tageszeit, Schlafmenge oder auch Bewegung kann man von dieser Grundtendenz etwas abweichen.
Balance der Säfte
Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle: In der mittelalterlichen Vorstellung drehte sich alles im Körper um diese vier Kardinalsäfte. Nach der Säftelehre bedeutete ein Gleichgewicht der Säfte nämlich Gesundheit, ein Ungleichgewicht hingegen Krankheit. Helmut Klug vom Verein Kulinarisches Mittelalter erklärt: „Die Säftelehre ist ein theoretisch-philosophisches Konstrukt, das dem Individuum eine bestimmte Mischung aus den Grundelementen Erde, Feuer, Wasser, Luft zuschreibt.“
Diese Elemente haben die Primärqualitäten warm – kalt, feucht – trocken. Diese werden nach Graden von eins bis vier abgestuft, wobei der erste Grad mild wirkend ist, der vierte extrem gesundheitsschädlich. Jedes Individuum hat eine Grundtendenz in Bezug auf diese Qualitätenmischung.
Mittelalter-Forscher Klug verdeutlicht, wie sich diese auswirken: „Heute kennen wir das noch in den Charaktertypen Phlegmatiker, Choleriker, Sanguiniker und Melancholiker.“ Abhängig von vielen Faktoren wie Alter, Jahreszeit, Tageszeit, Schlafmenge oder auch Bewegung kann man von dieser Grundtendenz etwas abweichen.
Nicht der Geschmack war ausschlaggebend, sondern die Grundqualität der Zutaten.
Die mittelalterliche Küche war zumindest in elitären Kreisen also sehr stark von Diätetik geprägt. In den meisten mittelalterlichen Kochbüchern finden sich umfassende diätetische Vorschriften, Empfehlungen und Ratschläge, öfters sogar über mehrere Kapitel hinweg. Das zeigt, wie eng Ernährung und Gesundheit zu dieser Zeit verknüpft waren.
Die Übergänge zwischen einem guten Koch und einem Heilkundigen waren dabei fließend. Jede der Berufsgruppen verfügte über Grundwissen der anderen und dessen Anwendung im diätetischen Bereich. Die zunehmende Komplexität der Vorgaben machte es jedoch immer schwieriger, alle als bedeutsam erachteten Gesichtspunkte bei der Nahrungsaufnahme und Lebensführung zu befolgen.
Aufgrund der geografischen und damit einhergehend klimatischen Gegebenheiten waren auch nicht alle Lebensmittel, welche in den diätetischen Verordnungen verlangt wurden, überall erhältlich.
Viele Rezepte wurden deshalb durch Vorschläge ergänzt, wie man die vorgegebenen Zutaten durch jeweils heimische ersetzen könnte. Das sind zumindest aus heutiger Sicht teilweise etwas ungewöhnliche Bestandteile. Aus diätetischer Sicht war aber nicht der Geschmack ausschlaggebend, sondern die Grundqualität der Zutaten.
Der richtige Mix machts
Angestrebt wird eine ausgeglichene Qualitätenmischung. Eine Möglichkeit, die eigene Gesundheit zu steuern, ist, sich passend zu seiner individuellen Säftekonstitution zu ernähren: Choleriker eher kühlende Speisen, Melancholiker eher erhitzende Speisen und so weiter. Klug verdeutlicht uns das anhand des Gerichtes „Krumme Krapfen“: „Die Hauptzutaten der ,Krummen Krapfen‘ sind Weizenmehl, Eier und reifer Käse. Die Gewürze lassen wir weg, da das eine auf den modernen Geschmack ausgerichtete Mischung ist.“ Die Qualitätenverteilung in den Zutaten ist also folgendermaßen: Weizen ist warm und feucht im zweiten Grad. Eier: Dotter – warm und feucht. Eiweiß – kalt und feucht. Das heißt, sie sind neutral. Reifer Käse ist kalt und trocken im zweiten Grad.
Da von der Menge in unserem Rezept gleich viel Mehl wie Käse verlangt wird, das dann mit dem neutralen Ei vermischt wird, ist diese Kombination in Bezug auf die Qualitätenverteilung auch neutral. Das ist laut Klug ideal, denn somit konnte der Speisende an der mittelalterlichen Tafel durch das Kombinieren mit entsprechenden Saucen das Gericht in Bezug zu seiner aktuellen Tagesverfassung anpassen: „Pflaumen sind eher kalt und feucht, durch die Zugabe der Gewürze wird die Sauce dann in Richtung warm und trocken weiterentwickelt.“
Gesundheitsvorsorge
Mithilfe der Nahrung wird also das Säftegleichgewicht aufrechterhalten, sie dient so als Mittel zur Gesundheitserhaltung und -vorsorge. Sie kann aber eben auch ein Ungleichgewicht ausgleichen und als Arzneimittel fungieren. Hierbei muss stets auf die richtige Kombination geachtet werden: Warme und trockene Lebensmittel können das Leben ersticken, während kalte und feuchte es erfrieren lassen können, man sollte demnach beide Arten miteinander verbinden, damit sie sich ausgleichen und das Leben nicht gefährden. Dieser Qualitätsausgleich wird „Temperieren“ genannt. Wegen des Temperierens werden beispielsweise kalte und feuchte Speisen mit warmen und trockenen kombiniert.
Erhält man das Säftegleichgewicht durch Nahrung aufrecht, fördert das die Gesundheit.
Bei gleichen Anteilen der Qualitäten wird das Gleichgewicht der Säfte aufrechterhalten. Liegt jedoch bereits eine Mischungsstörung, also das Überwiegen einer Qualität, vor, wird die überschüssige Qualität durch die stärkere Verwendung der ihr entgegenstehenden behandelt. So könnte zum Beispiel ein chronischer Choleriker wieder zu einem etwas harmonischeren Temperament zurückgeführt werden. Meist wird Galenos von Pergamon als der eigentliche Schöpfer der 4-Säfte-Lehre genannt.
Die Idee, der menschliche Organismus sei vom Zusammenspiel mehrerer Flüssigkeiten geprägt, geht jedoch bereits auf die Griechen zurück. Der legendäre Arzt und Gelehrte Hippokrates vertrat schon um 400 vor Christus die Ansicht, dass vier Säfte mit jeweils vier Organen als Quelle dieser Flüssigkeiten die Gesundheit des Menschen bestimmen. Auch er sprach von der gelben und der schwarzen Galle, dem roten Blut und dem weißen Schleim.
Farbiger Fortschritt
Die Verbindung mit Farben entspricht der damaligen Denkweise, die ganz darauf ausgerichtet war, den Menschen, die Natur und die Welt als Einheit zu betrachten. Aus Sicht der heutigen Medizin mag diese Aufteilung vollkommen abwegig klingen. Doch war sie bereits ein Fortschritt gegenüber dem Bild vom menschlichen Körper, das noch in der Antike vorherrschte: Demnach war der Mensch, was die Gesundheit seines Körpers angeht, dem Schalten und Walten der Götter schutzlos ausgeliefert.
Nach der 4-Säfte-Lehre jedoch waren Krankheiten die Folge einer gestörten Ordnung der Körperflüssigkeiten, und dem Heiler und Arzt kam die heikle Aufgabe zu, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen.
Rezept Krumme Krapfen
Historischer Text
Krapfen mit geriben käß alz hüefeysen Jtem nym geriben käß der gut sey vnd halb als vil mel vnd schlach ayer dar an, daz ez sich laß wellen. vnd puluer daz wol vnd wirch ez auf einem prett lang, alz die würst. vnd mach ez dün vnd krümpt ez alz die hüef eysen. vnd pachs also in schmaltz.
München, Bayerische Staatsbibliothek clm 15632, fol. 144v-145r
Übersetzung
Krapfen mit geriebenen Käse in Form eines Hufeisens. Nimm geriebenen, guten Käse und etwa die halbe Menge Mehl und schlag genügend Eier dazu, so dass man es kneten kann. Würze die Masse gut und forme auf einem Brett längliche Teigstücke wie Würste. Drücke diese zusammen und biege sie wie Hufeisen. Backe es so in Schmalz heraus.
Moderne Umsetzung (3 Portionen)
Zutaten:
- 150 g Mehl
- 150 g würzigen Hartkäse
- 3 Eier
- Salz, Pfeffer
- Muskatnuss
- Butterschmalz
Zubereitung:
Den Käse grob reiben. Eier mit dem gesiebten Mehl vermischen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss kräftig würzen. Alles zu einem lockeren Teig verkneten. Als letzten Schritt den Käse unterkenten. Etwas rasten lassen. Den Teig in gleichmäßige Portionen teilen; diese zu 1cm dicken und 12cm langen Röllchen formen und hufeisenförmig biegen. Das Butterschmalz in einer Pfanne erhitzen und die Krapfen darin goldbraun backen und anschließend auf einem Küchenpapier abtropfen lassen. Die Krummen Krapfen mit einem Schälchen fruchtiger Sauce oder einem pikanten Dip servieren.