Entschuldigung, sind da Nüsse drin?

Dumme Frage, natürlich sind Nüsse im Walnusseis. Was die Allergenkennzeichnung ab Dezember für Gastronomen wirklich bedeutet und was bis dahin zu tun ist – Ein kleiner Ratgeber.<br />
November 13, 2015

Allergenkennzeichnung Fotos: Shutterstock

Ein Raunen geht durch die Reihen der Gastronomen: Keine andere lebensmittelrechtliche Entscheidung sorgte in den letzten Jahren für so viel Aufsehen und dezente Ablehnung wie die neue Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), die bereits 2011 beschlossen wurde und am 13. Dezember 2014 rechtsgültig wird. Und das in ganz Europa. Die vier Buchstaben bereiteten dem einen oder anderen Gourmettempelinhaber, Kantinenhelden und Pommesbudenbetreiber schon schlaflose Nächte: Auch auf unverpackter, also loser Ware wird die Kennzeichnung von Zutaten mit allergener oder Unverträglichkeiten auslösender Wirkung verpflichtend. Die LMIV löst damit die bestehende Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ab. Bisher war darin nur eine Kennzeichnung auf Fertigpackungen verpflichtend. Lose oder auch unverpackte Waren sind Lebensmittel, die – wie vermutet – ohne Verpackung zum Verkauf angeboten werden. Dazu zählen zum Beispiel Brötchen vom Bäcker nebenan, Fleischwurst des Lieblingsmetzgers – darunter fallen aber auch alle verarbeiteten Lebensmittel, die im Restaurant, bei Caterings oder in der Kantine an Kunden verkauft werden. Auch mitnehmbare Obst­salate, frisch geschnittenes Gemüse oder anderes, was zwar in Plastik zum Transport verpackt, aber zum sofortigen Verzehr zubereitet wurde.

In Österreich steht die Umsetzung schon fest. In Deutschland wird noch diskutiert.

Allergie, Intoleranz oder Einbildung?
Die LMIV soll Menschen mit Lebensmittelallergien und Unverträglichkeiten oder Intoleranzen schützen. Denn nicht jeder Gast, der behauptet, er habe eine Allergie,…

Allergenkennzeichnung Fotos: Shutterstock

Ein Raunen geht durch die Reihen der Gastronomen: Keine andere lebensmittelrechtliche Entscheidung sorgte in den letzten Jahren für so viel Aufsehen und dezente Ablehnung wie die neue Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), die bereits 2011 beschlossen wurde und am 13. Dezember 2014 rechtsgültig wird. Und das in ganz Europa. Die vier Buchstaben bereiteten dem einen oder anderen Gourmettempelinhaber, Kantinenhelden und Pommesbudenbetreiber schon schlaflose Nächte: Auch auf unverpackter, also loser Ware wird die Kennzeichnung von Zutaten mit allergener oder Unverträglichkeiten auslösender Wirkung verpflichtend. Die LMIV löst damit die bestehende Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ab. Bisher war darin nur eine Kennzeichnung auf Fertigpackungen verpflichtend. Lose oder auch unverpackte Waren sind Lebensmittel, die – wie vermutet – ohne Verpackung zum Verkauf angeboten werden. Dazu zählen zum Beispiel Brötchen vom Bäcker nebenan, Fleischwurst des Lieblingsmetzgers – darunter fallen aber auch alle verarbeiteten Lebensmittel, die im Restaurant, bei Caterings oder in der Kantine an Kunden verkauft werden. Auch mitnehmbare Obst­salate, frisch geschnittenes Gemüse oder anderes, was zwar in Plastik zum Transport verpackt, aber zum sofortigen Verzehr zubereitet wurde.

In Österreich steht die Umsetzung schon fest. In Deutschland wird noch diskutiert.

Allergie, Intoleranz oder Einbildung?
Die LMIV soll Menschen mit Lebensmittelallergien und Unverträglichkeiten oder Intoleranzen schützen. Denn nicht jeder Gast, der behauptet, er habe eine Allergie, sagt das nur, weil er etwas Bestimmtes nicht mag. Es gibt tatsächlich schwerwiegende Reaktionen auf Lebensmittel. „Weil aber eine flächendeckende Einführung freiwilliger Kennzeichnung bei loser Ware nicht erreicht werden konnte, hat der Gesetzgeber eine neue Regelung – die LMIV – zur Allergenkennzeichnung verabschiedet“, erklärt Armin Wolf von Quant, Qualitätssicherungsberater im Bereich der Lebensmittelverarbeitung und Gastronomie. Es wird geschätzt, dass rund 17 Millionen Menschen in Europa eine Lebensmittelallergie haben. Davon sind 3,5 Millionen jünger als 25 Jahre. Weltweit sind es in etwa zwei bis vier Prozent der Erwachsenen und sechs Prozent der Kinder, die derzeit an irgendeiner Art von Lebensmittelallergie oder -unverträglichkeit leiden. Bei einer Allergie denkt der Körper bei einer eigentlich ungefährlichen Substanz wie beispielsweise einer Nuss, dass eine Bedrohung für den Körper stattfindet. Die Folge: Das Allergen wird von den Abwehrmechanismen des Körpers attackiert. Der Körper produziert Antigene, die die vermeintliche Bedrohung unschädlich machen sollen. Dabei kommt es zu Symptomen, die für die Lebensmittelallergie typisch sind: plötzlich auftretender Ausschlag, pfeifende Atmung, Husten, Jucken an Nase und Augen, Niesen, Juckreiz an den Lippen und im Mund, Übelkeit, Krämpfe, aber auch Blähungen, Erbrechen und Durchfall.

In sehr seltenen Fällen kann eine allergische Reaktion auch zum Tod führen. Eine Unverträglichkeit, die mit einer unangenehmen Reaktion wie Durchfall oder Verstopfung einhergeht, wird von vielen Menschen bereits als „Allergie“ oder „allergische Reaktion“ betitelt, obwohl es sich in den meisten Fällen eher um eine Intoleranz gegen ein bestimmtes Lebensmittel handelt. Länger als die Symptome einer Allergie brauchen diese einer Nahrungsmittelintoleranz oder -unverträglichkeit. Das Immunsystem ist daran nicht beteiligt. Hoch im Kurs: Laktoseintoleranzen. Dabei reagiert das Verdauungssystem auf Milch und Milchprodukte, da ihm das Enzym Laktase fehlt, das für den Abbau des Milchzuckers Laktose verantwortlich ist. Ob es sich nun um eine Allergie oder eine Unverträglichkeit oder Intoleranz oder vielleicht auch nur um eine eingebildete Krankheit handelt, ist dem Gesetzgeber egal: Es sollen alle Menschen geschützt und informiert werden. Die Kennzeichnung der 14 festgelegten Allergene soll Allergikern helfen, versteckte Allergene zu meiden. Die 14 häufigsten Allergien oder Unverträglichkeiten auslösenden Lebensmittel und deren Erzeugnisse sind in der LMIV aufgeführt. 90 Prozent der Nahrungsmittelallergiker reagieren auf die 14 Lebensmittel oder Zusatzstoffe.

*Allergeninformation: Glutenhaltiges Getreide, Sellerie, Senf.
Österreichische Allergeninformationsverordnung vom 10. Juli 2014

Was bedeutet das für den eigenen Betrieb?
Die besondere Kennzeichnung, das bedeutet das Hervorheben der Allergene durch beispielsweise eine andere Schriftart oder Markierung oder Abkürzung direkt an der Speise, ist ab dem 13. Dezember 2014 verpflichtend – Gastronomen können dann auch durch die Lebensmittelüberwachung kontrolliert werden. In Österreich stehen bereits die Strafen fest: Die Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro – je nach Betriebsgröße – wird bei der Erststrafe fällig. Wiederholungstäter können sogar mit bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Die Auslegung und Umsetzung der LMIV zur Kennzeichnung von loser Ware werden den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen. „Über die Möglichkeiten der Kennzeichnung wird in Deutschland unter Einbeziehung der Vertreter betroffener Verbände und Branchen noch diskutiert. Trotzdem ist die Vorbereitung auf das, was kommen wird, dringend notwendig“, weiß Armin Wolf. In Österreich wurde am 10. Juli 2014 die Allergeninformationsverordnung veröffentlicht.

Die 14 Allergene

phpfi6nwJGlutenhaltiges Getreide
Dazu gehören Hafer, Dinkel, Einkorn, Kamut, Weizen,
Roggen, Gerste, Emmer und Grünkern, was etwa in
Wurstwaren, Mehlspeisen oder Bier enthalten ist.

php8HsOsWEier
Auch als Flüssigei oder Bestandteile da-raus wie Lecithin
oder (Ov)-Albumin. Daskommt in Mayonnaise, Panade,
Mehlspeisen oder Dressings vor.

phpXff5XcErdnüsse
Diese können auch als Erdnussöl oder -butter Allergien
hervorrufen. Es wird häufig in der asiatischen Küche
verwendet und kommt in Gebäck oder Schokolade vor.

phpjTx9REMilch
Dazu gehören Hafer, Dinkel, Einkorn, Kamut, Weizen,
Roggen, Gerste, Emmer und Grünkern, was etwa in
Wurstwaren, Mehlspeisen oder Bier enthalten ist.

phpJwuIu6Sellerie
Jegliche Art wie Bleich-, Knollen- und Staudensellerie,
die in Wurst, Brühen, Suppen oder Gewürzmischungen
vorkommt, muss gekennzeichnet werden.

php3JrXLcSesam
Auch als Sesamöl, Tahin, also Sesampaste, oder
Sesamsalz wirkt er allergisch auf Betroffene. In Falafel,
Gebäck oder Marinaden ist Sesam häufig enthalten.

phpqP9Yc4Weichtiere
Das sind beispielsweise Schnecken, Tintenfisch oder
Austern, die auch als Zusatzstoff in Saucen und
asiatischen Spezialitäten vorkommen können.

php2emIoaKrebstiere
Krebstiere wie beispielsweise Krebse, Garnelen,
Langusten, Hummer und Shrimps kommen zeitweise
auch pulverisiert in Suppen, Saucen und Würzpasten vor.

phpz43hMCFisch
Alle Fischarten, egal ob Süß- oder Salzwasserbewohner,
müssen gekennzeichnet werden. Sie kommen auch in
Fischextrakten oder in Würzpasten, Saucen und Brühen vor.

phpkgOAyUSoja
Beispielsweise als Miso, Sojasoße, Sojaöl oder Tofu
verarbeitet, ist es auch in Gebäck, Marinaden, asiatischen
Gewürzmischungen oder Kaffeeweißer enthalten.

phpOdO5reSchalenfrüchte
Wie Haselnüsse, Pistazien, Walnüsse, Kaschunüsse,
Pekannüsse, Macadamianüsse, Mandeln, Paranüsse,
die in Kuchen, Schokolade oder Pesto verwendet werden.

php2Bv9smSenf
Auch als Senfkörner oder -pulver muss es deklariert
werden. Dabei ist Senf in Dressings, Marinaden, Ketchup
oder Gewürzmischungen enthalten.

phplQpk4PLupine
Diese sind als Lupinenmehl, -eiweiß oder Milch erhältlich.
Auch Lopino, ein tofu-ähnliches Produkt, ist in vegetarischen,
glutenfreien Produkten enthalten.

phplGY2PpSchwefeloxid und Sulfit
Die zwei Stoffe sind als E-Nummern auf den Produkten
gekennzeichnet. E 220 bis E 228 ist beispielsweise in
Trockenfrüchten, Wein oder Essig enthalten.

Die kurze Verordnung zur Umsetzung, die gerade einmal zwei Seiten und zehn Paragrafen umfasst: Der Lebensmittelunternehmer kann die Information über sein Angebot an EU-Allergenzutaten schriftlich oder auch mündlich an den Konsumenten weitergeben. Die Information muss aber leicht zugänglich und stets verfügbar sein. Martina Fellner von Nutrition & Health Consulting weiß als Ernährungswissenschaftlerin und Beraterin für Gastronomiebetriebe, was das bedeutet: „Entscheidet sich ein Gastronom für die mündliche Variante, muss ein gut ersichtliches Hinweisschild angebracht werden, aus dem hervorgeht, dass die Information auf Nachfrage erhältlich ist.“ Das kann beispielsweise in der Speisekarte stehen, auf einem Schild bei der Theke oder am Eingang angebracht werden. Da jede Allergenzutat bei der Wahl der schriftlichen Information mit der vollen Bezeichnung genannt werden muss, kann die Speisekarte schnell zu einem dicken Leberkäsbrötchen* werden. Daher hat das österreichische Ministerium vorgesehen, dass auch Abkürzungen oder Symbole verwendet werden können, wenn diese in unmittelbarer Nähe erklärt werden.

Mündlich oder schriftlich?
In den meisten Betrieben werden mehrere Abgabeformen bei offenen Lebensmitteln gleichzeitig unterhalten, wodurch auch schriftliche und mündliche Informationen nebeneinander abgegeben werden. Im Thekenverkauf oder bei der Selbstbedienung wird für ausgiebige mündliche Informationen nicht die nötige Zeit da sein. Restaurants können ihre feststehenden Speisekarten mit Codebuchstaben einfach pimpen. Das hält das Tagesgeschäft nicht auf. Im gehobenen Restaurant, wo gut geschultes Personal in stetigem Kontakt mit dem Gast ist, wird die mündliche Information sicher die Strategie der Wahl sein. Die – zuerst naheliegend erscheinenden – Symbole sind in der Praxis doch nicht so tauglich: Die Übersichtlichkeit leidet und das besonders bei mehreren enthaltenen EU-Allergenzutaten. Von „allergenfrei“ sollte sich jeder Gastronom entfernen: Denn es gibt doch weitaus mehr als die 14 Allergene, die die EU festgelegt hat. Wirklich problematisch ist die innerbetriebliche Organisation: Häufige Fehler passieren beispielsweise durch Treue zu Rezepten und zur traditionellen Herstellung, die meist dann doch nur ein Koch kennt. Besonders die Verwendung von halb fertigen Produkten kann zu Verwirrungen führen. Kurzfristige, auch unüberlegte Lieferantenwechsel sind eine weitere Problemquelle. Merke: Ab dem 14. Dezember können Betriebe kontrolliert werden, spätestens dann müssen alle Mitarbeiter geschult sein und ein System für den eigenen Betrieb stehen. Wer schon vorbereitet ist: Gut gemacht! Für alle anderen: Das Drops ist noch nicht gelutscht – die To-do-Liste steht schon!

To-Do-Liste

Noch keinen Plan für Dezember oder überfordert mit der Organisation? Dann gibt’s hier die schnelle Hilfe.

phpZMeEzv1. Ruhe bewahren
Durchatmen und erst einmal herausfinden, welche Allergene
überhaupt im Betrieb verwendet werden. Alle Rezepturen und
Herstellungsverfahren sollten sorgfältig durchgearbeitet werden.
Wenn klar ist, welche Allergene im Tagesgeschäft auftreten, können
die weiteren Schritte eingeleitet werden.

php4LyiIq2. Ansprechpartner im Team bestimmen
Besonders die Vorweihnachtszeit ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt
für neue Regeln. Gerade im Winter gibt es viel Gebäck, Gewürze und
Suppen, in denen Allergene enthalten sein können. Deshalb: einen
Ansprechpartner bestimmen, der die weitere Organisation übernimmt
und möglichst ruhig und gewissenhaft an die Sache rangeht.

phpvOhZyu3. Verbände mit anderen Gastronomen eingehen
Wie macht es der befreundete Gastronom um die Ecke? Wie hat es der
Schulfreund von damals geschafft, schon jetzt alle Informationen
zusammenzuhaben? Und warum für das eigene kleine Team einen
externen Experten engagieren, wenn man sich auch zusammentun
kann mit den Gastronomen von nebenan?

phprnv7Dr4. Experten finden
Wenn es einen Experten im eigenen Service- und Küchenteam gibt,
dann ist das super! So jemanden braucht man in schwierigen Zeiten.
Aber wenn sich keiner wirklich auskennt, gibt’s viele Unternehmen,
die sich genau darauf spezialisiert haben. Einfach mal „Seminar“ und
„Allergenkennzeichnung“ googlen und buchen! Und das jedes Jahr!

phpojB7HB5. Lieferanten ausquetschen
Nichts gefunden? Dann der nächste Schritt: die Lieferanten fragen.
Die meisten größeren Unternehmen kennen Firmen, die Qualitäts-
sicherung betreiben und dabei unterstützen. Außerdem bieten viele
größere Lieferanten bereits Produkte an, die nicht deklariert werden
müssen, weil keine der 14 EU-Allergenzutaten enthalten sind.

phpYhDFqk6. Infos Dokumentieren
Alle Informationen – bitte die richtigen – schriftlich festhalten. In
einem digitalen, erweiterbaren Dokument oder noch besser, in einem
digitalen Buchungssystem. Damit ist es besonders einfach, Gerichte
mit Allergenen zu verknüpfen und fortlaufend darauf zurückzugreifen.
Das ist einmal aufwendig und spart danach enorm viel Zeit!

phpbtU6DG7. Mitarbeiterschulungen
Die Servicemitarbeiter nicht vergessen: An der Front kann es ganz schön
ungemütlich werden, wenn die Mitarbeiter keine Ahnung haben. Also regel-
mäßige, sich jährlich wiederholende Mitarbeiterschulungen veranstalten, um
keinen in eine unbequeme Situation zu bringen, und die Infos für jeden zur
Wiederholung zugänglich machen.

phpexgHyo8. Infos auf/um/an Speisekarte
Die Rechtslage sieht vor, dass der Gast auf die Informationen sofort zugreifen
kann. Das bedeutet auch, dass auf der Speisekarte alle Allergene gekennzeichnet
werden müssen oder ein Hinweis auf die mündliche Informationsweitergabe durch
das Personal enthalten ist.Fällt die Entscheidung auf mündlich, muss immer ein
Allergenbeauftragter anwesend sein.

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