Sag beim Abschied leise Servus…

…ist sicherlich zu wenig, soll der Gast ein Hotel in guter Erinnerung behalten. Leider wird dem Auschecken viel zu wenig Bedeutung beigemessen!
November 13, 2015

zwei Gäste bei der Hotel RezeptionWie schön kann es doch sein, in einem Hotel einzuchecken! Nicht nur, weil man bei der Ankunft noch den ganzen Aufenthalt – im besten Fall einen Urlaub, ansonsten wenigstens geschäftliche Herausforderungen – vor sich hat, sondern auch weil der freundliche Empfang durch das Rezeptionspersonal so gut tut. Da wird man mitunter verhätschelt und umsorgt, als ob man der Erbonkel aus Amerika wäre – allenthalben strahlende Gesichter, überall nur freundliche Worte: „Willkommen in unserem Haus! Wir hoffen, Sie hatten eine gute Reise! Wir wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt!“ Je nach Hotelkategorie reichen strahlende Mitarbeiter den Ankömmlingen einen kleinen Willkommenstrunk, fleißige Hände tragen ihm das Gepäck aufs Zimmer, dort warten schon frische Blumen und/oder eine Schale mit Obst, und vom Kopfkissen lugt keck ein „Betthupferl“ in Gestalt einer kleinen Süßigkeit hervor. Es ist einfach herrlich!
Wie anders stellt sich die Lage doch beim Auschecken dar! Hektische Betriebsamkeit an der Rezeption vermittelt dem Abreisenden das Gefühl, er sei im Laufe seines Aufenthalts unsichtbar geworden. Schenkt man ihm dann endlich Aufmerksamkeit, so ist das strahlende Lächeln nur allzu oft einem ernsten Gesichtsausdruck gewichen – wohl gemerkt: ernst, nicht traurig über die bevorstehende Trennung! Es folgt zumeist ein liebloses „Wir hoffen, Sie hatten einen schönen Aufenthalt!“ oder ein auf gewisse Selbstzweifel schließen lassendes „Hat alles gepasst?“ hervor, dessen Tonfall klar macht, dass die Antwort eigentlich nicht von Interesse ist. Der geübte Hotelgast antwortet auf diese Scheinfragen in einer Art unausgesprochenem Stillhalteabkommen ebenso automatisch mit der Floskel „Ja, vielen Dank!“ – es sei denn, es gab tatsächlich gravierende Mängel.

Das heikle Thema Beanstandung

Ist dies der Fall, dann wird es ernst. Gab es zu viel Lärm von der Straße, haben Heizung oder Klimaanlage nicht funktioniert, wurden Handtücher oder Bettwäsche nicht oft genug gewechselt, wurden die Sanitärbereiche nicht sorgfältig genug gereinigt, war das Zimmerservice zu behäbig, wurde man trotz gegenteiligen Wunsches ständig vom Putztrupp geweckt – egal, was auch immer der Stein des Anstoßes sein mag: Jetzt scheint nicht der ideale Zeitpunkt zu sein, etwaige Kritik zu äußern. Jetzt ist man kein Hotelgast mehr, jetzt ist man ein Ex-Hotelgast. Und als solcher spielt man ungefähr dieselbe Rolle wie ein Politiker, der seinen baldigen Rücktritt bekannt gegeben hat. Mit einem Wort: Was man jetzt hervorzubringen hat, interessiert niemanden mehr! Wer seine Bitten, Wünsche oder Beschwerden nicht im Laufe seines Aufenthaltes artikuliert hat, wird nun kaum Gehör finden. Es ist wie bei den Hochzeiten im angelsächsischen Raum, wo es immer so schön heißt „Wer etwas einzuwenden hat, der möge jetzt – in unserem Falle während des Aufenthaltes – sprechen oder für immer schweigen!“ Tut er dies nicht, so reicht die Reaktion von kategorischem Leugnen der Mängel über fadenscheinige Ausreden bis hin zu widerwillig die Lippen verlassenden Worten des Bedauerns. In einigen Fällen wird auch nur der Rezeptionschef oder in kleineren Betrieben der Hotelmanager oder Eigentümer zu Hilfe gerufen, dessen Reaktion sich dann oft genug erstaunlich exakt mit jener der Rezeptionisten deckt.

Woran liegt das eigentlich? Das hat natürlich zunächst einmal mit der Tatsache zu tun, dass sich niemand gerne kritisieren lässt. Niemand nimmt es gerne zur Kenntnis, dass andere mit seiner Leistung nicht zufrieden sind. An der Rezeption läuft in diesem Fall derselbe Mechanismus ab wie in anderen Lebenslagen auch: Je nach Situation und nach persönlichem Naturell reicht das gängige Repertoire an Reaktionen von Dementis über Ausreden bis hin zum Beleidigtsein. Dabei müsste das nicht sein. Rezeptionisten lernen schon bei ihrer Ausbildung, wie man mit Kritik auf professionelle Weise umzugehen hat – ist dies zu kurz gekommen, so können sie es in eigenen Seminaren nachholen. Dasselbe gilt natürlich auch für Führungskräfte. Dabei erfährt man, dass man etwaige Kritik zunächst nicht auf seine eigene Person beziehen darf und es in weiterer Folge nicht darum geht, diese zu entkräften, sondern als Anregung für Verbesserungen im Arbeitsablauf des Betriebes aufzufassen. Hat man dies dank einer professionellen Kommunikationsschulung erst einmal verinnerlicht, so scheint es auch logisch, dass es beim Auschecken nicht „Wir hoffen, Sie hatten einen schönen Aufenthalt!“ oder „Hat alles gepasst?“ heißen sollte, sondern „Haben Sie noch Verbesserungsvorschläge für unser Haus?“

Die leidige Sache mit der Rechnung

Sind endlich alle Diskrepanzen mehr oder weniger aus dem Weg geräumt, um den Schein zu wahren oder hat der Gast auf die Frage „Hat alles gepasst?“ mit „Ja, vielen Dank!“ geantwortet, so setzt sich das Prozedere des Auscheckens fort. Der weitere Verlauf ist in beiden Fällen derselbe und unterscheidet sich höchstens in einer kleinen Nuance an Freundlichkeit. Mit geschäftsmännischer Miene präsentiert man dem Gast die Rechnung – und diese stellt oft genug den nächsten Konfliktherd dar. Da ist das eine oder andere Getränk aus der Minibar angeführt, das man sicher ist, nicht konsumiert zu haben. Da wird augenscheinlich ein Cocktail zu viel verrechnet, den man sich zu später Stunde in der Hotelbar gegönnt hat. Da sind die Telefonkosten für die kurze Gesprächsdauer viel zu hoch ausgefallen: Strittige Punkte in der Rechnung gibt es wie Sand am Karibikstrand.
In diesem Falle kommt wieder jener Mechanismus in Gang, den wir bereits von der Beanstandung im vorigen Absatz kennen – siehe dort. Auch das Repertoire an Reaktionsmöglichkeiten von Seiten der Rezeptionisten, Rezeptionschefs, Hotelmanager oder Eigentümer ist dasselbe – siehe ebenfalls dort. Auch die Gründe und selbst die Lösungsansätze sind dieselben – siehe also ebenfalls dort. Mit entsprechend professioneller Schulung steht man dieser Kritik des Gastes ebenfalls wesentlich gelassener gegenüber und hat den Kopf für kulante Vorschläge frei. Und seien wir doch ehrlich: Hat es ein Hotel der gehobenen Preiskategorie wirklich notwendig, um ein oder zwei Getränke zu feilschen? Das sollte doch bei der Preiskalkulation inkludiert sein – ähnlich wie der „Schwund“ in einem Supermarkt. Wie generös würde es doch wirken, wenn der Gast nur zu hören bekommt: „Verzeihung, da dürfte uns ein Fehler unterlaufen sein. Wir werden das sofort korrigieren!“ Dies würde den Gast vermutlich so beeindrucken, dass mit ihm ein echter Fan geboren ist – und dies obwohl der Streitwert einen verschwindenden Bruchteil der Gesamtrechnung ausmacht…
Beeindrucken würde den Gast sicherlich auch, wenn nicht nur bei der Ankunft, sondern auch bei der Abreise eine kleine Aufmerksamkeit auf ihn warten würde. Ein Umtrunk empfiehlt sich vielleicht weniger, zumal viele Gäste per Auto die Heimreise antreten. Wohl aber andere Gefälligkeiten – man denke etwa an Pressekonferenzen, zu deren Schluss die geduldig lauschende Journalistenschar zumeist ein kleines Säckchen auf den Weg bekommt, dessen Inhalt von der Branche des jeweiligen Unternehmens abhängig ist. Das kostet meist nicht viel, spendet aber Freude. Für ein Hotel würde sich ein Säckchen anbieten, dessen Inhalt von kleinen Leckereien über kleine Fläschchen mit Hochprozentigem bis hin zu Merchandising-Artikeln wie Seife oder Handtücher reichen kann. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – Es geht vielmehr um die Aufmerksamkeit! Es kostet nicht viel, all die angeführten Anregungen zu realisieren, aber es ist immens wichtig, dies zu tun. Das Auschecken sorgt schließlich für den letzten Eindruck, den man von einem Hotel mitnimmt – und oft genug dafür, ob der Gast wiederkommt oder nicht.

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