New Generation

Ob Erfolg und Talent in den Genen liegen und wie man den Generationswechsel packt.
November 13, 2015

Fotos: Shutterstock, Hotel Hochschober
Generationswechsel

Schon Sokrates empörte sich 400 vor Christus über die Einstellungen der nachfolgenden Generation: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität.“ Ungleich komplizierter wird es, wenn dazu noch ein für die Übernahme geplanter Betrieb im Spiel ist. Neue Ideen prallen mit aller Wucht auf alteingesessene Traditionen. Das sorgt für gehörig Zündstoff und passt man nicht auf, endet die Causa in unaufweichbaren Fronten zwischen Jugend- und Elterngeneration. Marc Haeberlin ist Sohn der Kochlegende Paul Haeberlin und selbst ein strahlendes Beispiel für eine geglückte Nachfolge. Und das bei schon fast übergroßen Fußstapfen.

Sein Credo: „Man muss einander zuhören und vor allem respektieren. Als Junger darf man seinen Vater nicht mit aller Gewalt aus dem Betrieb hinausdrängen und als Vater muss man den Sohn auch einmal machen lassen. Das hat mein Vater immer gemacht. Schließlich war schon lange klar, dass…

Fotos: Shutterstock, Hotel Hochschober
Generationswechsel

Schon Sokrates empörte sich 400 vor Christus über die Einstellungen der nachfolgenden Generation: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität.“ Ungleich komplizierter wird es, wenn dazu noch ein für die Übernahme geplanter Betrieb im Spiel ist. Neue Ideen prallen mit aller Wucht auf alteingesessene Traditionen. Das sorgt für gehörig Zündstoff und passt man nicht auf, endet die Causa in unaufweichbaren Fronten zwischen Jugend- und Elterngeneration. Marc Haeberlin ist Sohn der Kochlegende Paul Haeberlin und selbst ein strahlendes Beispiel für eine geglückte Nachfolge. Und das bei schon fast übergroßen Fußstapfen.

Sein Credo: „Man muss einander zuhören und vor allem respektieren. Als Junger darf man seinen Vater nicht mit aller Gewalt aus dem Betrieb hinausdrängen und als Vater muss man den Sohn auch einmal machen lassen. Das hat mein Vater immer gemacht. Schließlich war schon lange klar, dass ich den Betrieb übernehmen werde. Mein Vater hat immer gesagt es war sein glücklichster Tag als ich ihm sagte, dass ich Koch werden will.“ Marc Haeberlin ist eines von vielen Beispielen für geglückte Betriebsnachfolgen in der Gastronomie. Allein in Österreich fallen bei diesem Thema rasch klingende Namen wie Familie Bacher und Thomas Dorfer im Landhaus Bacher oder Familie Döllerer in Golling bei Salzburg.

Als junger darf man seinen Vater nicht aus dem Betrieb hinausdrängen.
3-Sterne-Koch Marc Haeberlin, Restaurant L’Auberge de l’Ill

Am internationalen Parkett schwingen Familien wie die Troisgros – Michel Troisgros führt bereits in dritter Generation das Sternelokal in Frankreich – oder Elena Arzak und ihr Vater Jean-Marie in Spanien die sternebesetzten Kochlöffel. Aber auch Gegenbeispiele, Verwandte, die auf die Familientradition pfeifen, kennt die Branche: So kehrte Alexander Winkler nach seiner Lehrzeit bei seinem Vater, Sternekoch Heinz Winkler, der Küche den Rücken und wechselte in den Service-Bereich. Veronique Witzigmann übernahm zwar zunächst das Restaurant ihres Vaters Eckart Witzigmann, die Aubergine in München, schloss es aber nach zwei Jahren und widmete sich der Herstellung von Chutneys und Marmeladen sowie dem Schreiben von Kochbüchern.

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Haus sucht Herrchen
In diesen Fällen, in denen ein Betreiber ohne bestimmten Nachfolger dasteht, kommt zumindest in der Alpenrepublik die Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer Österreich zum Zug. Eine Option, die auch Touristikern ohne Familien-Unternehmen ermöglicht, die Vorteile einer bestehenden Betriebsstruktur zu nutzen. So wurden im Jahr 2010 2138 Gastronomie- und Hotelbetriebe übernommen. Laut einer Studie der KMU Forschung Austria wird im Zeitraum von 2009 bis 2013 sogar von einem Gesamtpotenzial an Unternehmensübergaben von rund 29.000 Betrieben ausgegangen.

Vertreter der Wirtschaftskammer Wien berichten über einen verschwindend geringen Prozentsatz an missglückten Übernahmen aus der Nachfolgebörse. Den ersten Knackpunkt für das Gelingen oder Scheitern einer Übernahme sehen die Experten dabei in der Verhandlung um die Ablöse: „Für den Übergeber hat das Unternehmen meist einen sehr hohen ideellen Wert, der sich nicht mit der nüchternen Betrachtungsweise des Übernehmers deckt.“ Ist diese Hürde genommen, kommen Faktoren wie die Fragen der Haftung – denn der Übernehmer haftet für ausständige Forderungen des Übergebers – oder der Betriebsanlagengenehmigung zum Tragen. Es empfiehlt sich, das Erfüllen der Auflagen zur Genehmigung vorab abzuklären, da ansonsten unvorhersehbare Kosten für den Jungunternehmer entstehen können. Diese nehmen teilweise existenzbedrohende Ausmaße an.

Eine Menge Stolpersteine pflastern den Weg zur erfolgreichen Betriebsübergabe. Gleichzeitig gibt es aber auch genügend Beispiele, die den Erfolg einer geglückten Nachfolge erahnen lassen. Markus Mraz vom Restaurant Mraz und Sohn in Wien: „Natürlich scheint nicht immer nur die Sonne, aber wenn es im Großen und Ganzen funktioniert, dann ist das Arbeiten gemeinsam mit der Familie das Schönste, was ich mir vorstellen kann.“ Davon ist eine erfolgreiche Partnerschaft zwischen nicht Blutsverwandten natürlich ebenso wenig ausgeschlossen. Siehe Alfons Karg, heute Schuhbeck, der von Sebastian Schuhbeck adoptiert und als Erbe seines Restaurantbetriebes eingesetzt wurde.

„Man muss als Einheit auftreten“
Eine Übergabe ist ein äußerst kritischer Prozess, der professionellen Monitorings bedarf.

phpDRN8qgKarin Leeb
Zehn Jahre sammelte sie Erfahrungen als Angestellte im Tourismus. 2003 übernahm sie mit ihrem Mann Martin Klein den Familienbetrieb.

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Gute gene
Das Hotel Hochschober auf der Turracher Höhe in Kärnten wird bereits in dritter Generation geführt. Karin Leeb über die Tücken einer Nachfolge und wie sie diese gemeinsam als Familie bestanden haben.

Sie haben zwei Brüder. War von Anfang an klar, dass Sie den Betrieb eines Tages übernehmen werden?
Karin Leeb: Gar nicht. Ursprünglich war mein mittlerer Bruder für die Nachfolge vorgesehen. Alles wurde daraufhin ausgerichtet. Mit 26 Jahren hat er meinen Eltern mitgeteilt, dass er den Betrieb nicht übernehmen würde.

War das nicht ein Schock für alle?
Leeb: Natürlich, aber wie das so ist in Familienbetrieben, wurde mein Bruder gar nie richtig gefragt. Es war auch nicht sofort klar, dass ich an seine Stelle trete. Viele Varianten, von Verkauf bis Übergabe an Mitarbeiter oder Verwandte, waren im Gespräch.

Wann war klar, dass Sie und Ihr Mann den Betrieb übernehmen werden?
Leeb: Das war im Jahr 2000. Wir lebten zu der Zeit in München. Wir sind erst 2002 von München weggegangen und hatten daher eine lange Vorbereitungsphase, um uns auf unsere neue Aufgabe einzustellen. Im Nachhinein betrachtet, war das sehr wichtig. Schon während dieser Zeit haben uns meine Eltern stark in die Entscheidung- en im Hotel eingebunden. 2001 haben wir dann auch die Mitarbeiter eingeweiht. Es ist immens wichtig, offen zu informieren. Ansonsten brodelt die Gerüchteküche, Mitarbeiter werden verunsichert und verlassen im schlimmsten Fall sogar das Unternehmen.

Das klingt alles nach einer äußerst durchdachten Übergabephase.
Leeb: Meinen Eltern steckte ja schon eine Übernahme von meinen Großeltern in den Knochen. Es war ihnen sehr wichtig, Kapitalfehler, die damals begangen worden waren, nicht zu wiederholen. Daher setzten wir unter anderem auch auf Hilfe von außen. Wir nahmen Coachings in Anspruch und hielten Notar, Steuerberater und die Banken stets über die Maßen informiert, um unerfreuliche Überraschungen zu vermeiden. Zudem haben meine Eltern einen langjährigen und allseits geschätzten Mitarbeiter als Übergabeleiter und Puffer zwischen Jung und Alt eingesetzt. Ohne ihn hätten wir es in dieser Form wahrscheinlich nicht geschafft. Entscheidend sind das Miteinander sowie die permanente Akzeptanz und der Respekt untereinander.

Es scheint, als hätten Sie auch einiges Geld für die Übergabe in die Hand genommen.
Leeb: Schon, aber das ist ein verschwindender Prozentsatz im Vergleich zu den Kosten, die bei einem Misslingen entstehen. Ich dachte auch immer, man regelt eine Übernahme einfach in der Familie. Aber das ist nicht so einfach, man muss professionell an die Sache herantreten.

Gab es trotz Beratung und akribischer Planung kritische Momente?
Leeb: Der gesamte Übergabeprozess ist äußerst kritisch. Alles ändert sich. Vor allem der zwischenmenschliche Bereich darf nicht unterschätzt werden. Oft können diese Konflikte nicht gelöst werden, weil sie in der jeweiligen Persönlichkeitsstruktur verankert sind. Daher haben wir unter Begleitung eines Coachs auch emotionale Jours fixes veranstaltet. Man muss lernen, mit diesen verschiedenen Standpunkten umzugehen. Wichtig ist, dass man sie niemals unter den Teppich kehrt und Dinge offen anspricht.

Was sind Ihrer Meinung nach weitere Kapitalfehler außer mangelnder Kommunikation?
Leeb: Entscheidend ist eine Einigkeit, die auch nach außen hin dokumentiert wird. Gäste und Mitarbeiter treiben oft unbewusst einen Keil zwischen die Generationen. Da reicht oft ein „beim Vater war es aber so“. Davon darf man sich nicht beirren lassen. Jeder hat seine Art und Weise, einen Betrieb zu führen, und dabei kommt es unweigerlich im Laufe der Zeit zu Veränderungen.

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Family Business:
Wie die Übergab zum Erfolg wird

1 Karten auf den Tisch
Eine offene Kommunikation zwischen Nachfolger und Übergeber ist unabdinglich. Werden Konflikte nicht an- und ausgesprochen, kommt es früher oder später zum Eklat.

2 Free Willy
Echter Wille auf beiden Seiten zur Übergabe beziehungsweise Übernahme muss unbedingt vorhanden sein. Nicht umsonst heißt es, nur was man gerne macht, macht man gut.

3 Vorrunde
Die adäquate Qualifikation des Nachfolgers ist wesentlich. Alleine aufgrund gesetzlicher Richtlinien. Laut einer Studie ist ein Alter zwischen 27 und 33 Jahren zur Nachfolge ideal.

4 Geschenkter Gaul
Wer die Übernahmetauglichkeit der vorhandenen Strukturen, sprich der Leitungen, Sanitäranlagen und Ähnliches nicht überprüft, muss mit unvorhersehbaren Kosten rechnen.

5 Am letzten Abdruck
Für eine gelungene Übergabe muss zwingend genügend Zeit eingeplant werden. Innerhalb der Familie empfiehlt sich die Erstellung eines Maßnahmenplans für drei bis fünf Jahre.

6 Weiche Grenzen
Dass sich geschäftliche Belange auf die persönliche Beziehung zwischen Junior und Senior auswirken, ist eine der größten Gefahren der Übernahme. Hier gilt es, klar zu trennen.

7 Win-Win-Situation
Der Wissenstransfer zwischen beiden Parteien ist essenziell. Der Junior profitiert von der Erfahrung und der Senior fühlt sich nicht mit einem Schlag aus dem Betrieb gedrängt.

8 Stolperstein-Alarm
Insbesondere die Behördenwege und das Einholen elementarer Genehmigungen werden oft sowohl zeit- als auch geldtechnisch unterschätzt. Hier gilt erhöhte Vorsicht.

9 Ungeschminkt
Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens muss vor Übernahme auf offene Verbindlichkeiten, Eigentumsverhältnisse der Liegenschaft und Ähnliches geprüft werden.

10 Eine neue Ära
Als Abschluss einer gelungenen Übergabe sollte der Nachfolger vor Mitarbeitern und Lieferanten vom Übergeber offiziell als neuer Betreiber vorgestellt werden.

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