Ihre Extrawurst, bitte!

Multimedia und noch mehr: Die Gastronome mit Zeitgeist wissen die Gäste auch abseits des Tellers zu begeistern.
November 13, 2015

Begeisterung abseits des Tellers Fotos: Darya Farzi, Gerald Rihar | HELGE KIRCHBERGER Photography

Kein Wort, kein Pimpamporium. Die neue Kreation serviert Andreas Döllerer äußerst diskret. Menü „Unterjoch“, Menü „Oberjoch“, Menü „Göllüberquerung“. Doch der kulinarische Gipfelsturm wird jäh unterbrochen, noch bevor er richtig begonnen hat. Pranken da wirklich QR-Codes aus der Speisekarte des Gollinger Spitzengastronoms? Diese schwarz-weißen, nur wenig appetitlichen Quadrate, wie sie in der Zeitung stehen, auf Werbeplakaten oder sogar auf riesigen Hauswänden in Metropolen wie London, New York oder Tokio. Hightech-Chiffren im Edelrestaurant, einfach so. Der Gast mit traditioneller Attitüde führt das Auge achtlos darüber hinweg zu der Buchstabenfolge „Alpin Miso“, dem ersten Gang. Gourmets mit dem Sinn für das Moderne zücken das Handy, scannen den Code und erfahren neue Hochgenüsse. Oder zumindest eine ganze Reihe von wertvollen Geschichten rund um die einzigartige Menüfolge.

Die Reaktionen auf unseren sehr persönlich gehaltenen Brief sind sensationell.
Peter H. Müller über den Sommertrend der Gastroszene

„Wir wollen unseren Gästen zeigen, wie…

Begeisterung abseits des Tellers Fotos: Darya Farzi, Gerald Rihar | HELGE KIRCHBERGER Photography

Kein Wort, kein Pimpamporium. Die neue Kreation serviert Andreas Döllerer äußerst diskret. Menü „Unterjoch“, Menü „Oberjoch“, Menü „Göllüberquerung“. Doch der kulinarische Gipfelsturm wird jäh unterbrochen, noch bevor er richtig begonnen hat. Pranken da wirklich QR-Codes aus der Speisekarte des Gollinger Spitzengastronoms? Diese schwarz-weißen, nur wenig appetitlichen Quadrate, wie sie in der Zeitung stehen, auf Werbeplakaten oder sogar auf riesigen Hauswänden in Metropolen wie London, New York oder Tokio. Hightech-Chiffren im Edelrestaurant, einfach so. Der Gast mit traditioneller Attitüde führt das Auge achtlos darüber hinweg zu der Buchstabenfolge „Alpin Miso“, dem ersten Gang. Gourmets mit dem Sinn für das Moderne zücken das Handy, scannen den Code und erfahren neue Hochgenüsse. Oder zumindest eine ganze Reihe von wertvollen Geschichten rund um die einzigartige Menüfolge.

Die Reaktionen auf unseren sehr persönlich gehaltenen Brief sind sensationell.
Peter H. Müller über den Sommertrend der Gastroszene

„Wir wollen unseren Gästen zeigen, wie viel Leidenschaft und Hirnschmalz in so einem Menü steckt“, sagt Döllerer. Quadratisch, praktisch, lecker. Über den QR-Code lenkt er die Feinschmecker auf multimedialen Pfaden direkt in seine Küche. Mit der neuen Speisekarte und der entsprechenden Applikation erfahren Interessierte etwa, welche Idee hinter jedem einzelnen Gang steht, wie die Speisen handwerklich zubereitet werden und von welchem Hof die Milch geliefert wird. In kleinen Texten, auf Fotos und in Kurzfilmen, die auf dem Mobiltelefon oder am Computer abgerufen werden können. Es ist ein Mehrwert für die Gäste, den der Starkoch sehr gerne serviert.

Rezepte fürs Hirn und Herz
Das gewisse Etwas abseits des Tellers, dieser emotionale Leckerbissen für echte Genießer, unterscheidet traditionell die besonderen Restaurants von den guten. Oder profan ausgedrückt: Die liebevoll verpackte Extrawurst, die der geneigte Küchenchef dem geschätzten Gast kredenzt, macht die hochwertige Menüfolge zu einem außergewöhnlichen Erlebnis. Im multimedialen Zeitalter sind die Möglichkeiten dieser charmanten Art der Kundenbindung praktisch unbegrenzt. In dem kollektiven Überfluss an Angebot und Information gilt es jedoch speziell in der kulinarischen Branche, das richtige Rezept zu gestalten, das Gaumen, Hirn und Herz des Gasts gleichermaßen beglückt.

Die feinen Speisekärtchen, die seit gut neun Jahren im Steirereck mit jedem Gang serviert werden, sind der Klassiker, der den Besucher beeindruckt. Jede Zutat wird da einzeln beschrieben, die Herkunft der wichtigsten Lebensmittel erläutert. Und: Jeder Gang hat seine eigene Nummer. Jahr für Jahr kommen bis zu 100 neue Gerichte dazu. Heinz Reitbauer, der Chef des Wiener Edelrestaurants, hat das Zuckerl für seine Gäste synergetisch perfekt auch multimedial verwertet. Die Nummer, die in der untersten Zeile jedes Speisekärtchens vermerkt ist, kann in ein Formular auf der Internet-Seite des Steirerecks eingetragen werden. Und – Überraschung! – es wird das komplette Rezept des Gerichts samt Fotos und sachdienlichen Hinweisen auf das Mobiltelefon oder den Bildschirm des Computers gezaubert. Das Nonplusultra für Hobbyköche mit der Liebe für die Haute Cuisine.

Die im Wortsinn heißeste und sehr direkte Art, den Gast für ein Restaurant zu begeistern, ist das System iBeacon (beacon = Leuchtfeuer), eine moderne Variante der Funktechnik Bluetooth. In einer Reichweite von bis zu 30 Metern können Gastronome etwaige Passanten auf dem Gehsteig, dem Parkplatz oder in der vorbeifahrenden Straßenbahn schnell und unkonventionell erreichen. Frei nach dem Motto: Happy hour! Komm’ jetzt in unser Restaurant, dann kriegst du das Mittagessen zum halben Preis. Wer möchte, wird fortan immer mit aktuellen Angeboten befeuert, sobald ihn die Wolke des Hauses erreicht. Oder eben nicht. Mit vergleichbarer Kraft wirkt die Methode NFC (Near Field Communication), die in den US-Metropolen allgegenwärtig ist. In den Fenstern vieler Gaststätten, aber auch auf Werbetafeln, die an anderen Orten platziert sind, wird der potenzielle Kunde mit dem kurzen Hinweis animiert, er möge doch seinen mobilen Empfänger – Mobiltelefon, Tablet oder Blackberry – im Blick behalten. Wenige Sekunden später erscheint der konkrete Speisetipp, ein leckeres Foto oder auch der Coupon, der den saftigen Rabatt für das nächste Menü garantiert.

Dezenter wirkt das multimediale Werben nach dem Prinzip der sogenannten Augmented Reality. Dem Gast, der sich bewusst für ein Restaurant entschieden hat, wird auf moderne und sinnliche Art der Blick für Speisen und Getränke geweitet. Das in der Karte auffällig gestaltete Logo, oft ein Handy in Schwarz und Weiß, animiert ihn, das Telefon begleitend in der Hand zu halten. Perfekt arrangierte Fotos oder prägnante Kurzfilme zu jedem einzelnen Gericht machen dem Betrachter schließlich Lust auf mehr.

Die feinste Art, den Gast emotional und individuell zu berühren, ist auch und ganz besonders in der Zeit der technischen Innovationen der Auftritt des Küchenmeisters höchstpersönlich. Ein freundlicher Gruß oder die fachkundigen Worte zu der Grundidee des Menüs, speziellen Kochtechniken und der Qualität der Lebensmittel behalten die Bedachten oft über Jahre im Hinterkopf. Natürlich klingen auch charmant bis witzig vorgetragene Anekdoten aus dem bunten Gastronomenleben als perfekte Begleitmusik in den Ohren der Feinschmecker. Ein Gefühl aus Freude und Stolz lösen die Servietten aus, die im Hangar-7 für Stammgäste angefertigt werden. Auf jedem Exemplar ist der Name des speziellen Kunden eingestickt. Wird er zum Menü erwartet, liegt das Stoffunikat frisch und rein auf dem Tisch drapiert. Prädikat: speziell und sehr exquisit.

Einen Schritt weiter geht der Hausherr, der dem Gast ein Papier mit persönlicher Note widmet. Eine Unterschrift, bitte sehr! Echte Profis haben die Autogrammkarten allzeit griffbereit. Außergewöhnlich wird es, wenn der Gastronom mit feiner Feder ausschweift. Das kurze Resümee, ein nettes Dankeschön. Peter H. Müller, der Chefsommelier des Gourmetrestaurants Lerbach, hat einen richtigen Hype entfacht, als er dem Kollegen Billy Wagner kurz und wohlformuliert schrieb – und dieser, beeindruckt von den Zeilen, sie prompt auf Facebook postete. „Die Reaktionen auf unseren sehr persönlich gehaltenen Brief sind sensationell“, sagt Müller. Handy hin, Tablet her. Das handgeschriebene Grußwort ist einer der populärsten Sommertrends der europäischen Gastroszene.

Kreativ verpackte Bonbons, mit denen die Küchenmeister ihre Gäste verwöhnen, sind Gewinnbringer in jeder Hinsicht. „Das Hauptaugenmerk liegt aber auch in Zukunft und für alle Zeit auf der Qualität der Speisen“, sagt Andreas Döllerer. „Das Essen schmeckt nicht feiner, nur weil du ein riesiges Spektakel auf dem Handy abziehst.“ Im besten Fall genießt der Gast ein Menü, das er so schnell nicht vergisst.

10 Tipps wie sie mit wenig Kosten und ein bisschen Hirnschmalz im Gedächtnis bleiben

Ein Fläschchen in Ehren
Ja, der Abend war wundervoll (und preisintensiv). Der gute Tropfen, den der Postbote einige Tage später liefert, sagt: Er war es wert.

Speisekärtchen
Die Mini-Varianten, die im Gourmettempel Steirereck zu Wien jeden einzelnen Gang begleiten, sind der Klassiker – und als wertvolles Souvenir bei den Gästen sehr populär.

Persönliche Note
Der wohlformulierte Gruß, handgeschrieben, den der Chef den Gästen mit auf den Heimweg gibt, sagt mehr als 1000 Worte.

Der Chef ist der Chef ist der Chef
Steht Paul Bocuse – oder Sie – plötzlich am Tisch und legt er dem Gast die Hand auf die Schulter, wird das Diner zum unvergesslichen Erlebnis.

QR-Code
Auf der multimedialen Speisekarte à la Döllerer ist ein auffälliges Quadrat in Schwarz und Weiß integriert, das via Handy-App direkt ins Internet führt.

iBeacon
Über Bluetooth und Mobilempfang wird der Gast ein Freund des Hauses. Fortan wird er mit Infos versorgt, wann immer die Datenwolke ihn erreichen kann.

Tablet
Im US-Restaurant Chicago Cut Steakhouse können die Gäste am iPad in Wort und Bild eruieren, welchen der 600 angebotenen Spitzenweine sie trinken möchten.

NFC
Near Field Communication: Die Werbetafel im Schaufenster lockt mit leckeren Extras. Prompt erscheint die Menüfolge oder ein Rabatt-Coupon auf dem Handy des Gasts.

Augmented Reality
Ein Handy-Symbol auf der Speisekarte signalisiert den Mehrwert. Mobiltelefon hinhalten und – plopp! – werden auch schon die Bilder der Speisen serviert.

Virtueller Pop-up-Geschmack als Petit FourphphGVyWs
Die Menüs von Andreas Döllerer zählen zu den besten, die Österreich zu bieten hat. Im Interview sagt der hochdekorierte Gastronom, wie er die Gäste multimedial verköstigt.

Der QR-Code ist ein neuer Akzent, den Sie auf Ihrer Speisekarte gesetzt haben. Wie haben die Gäste reagiert?
Andreas Döllerer: Wir haben sehr viel Feedback bekommen, die Gäste waren begeistert. Wer sich für die Kulinarik interessiert, findet hier eine wertvolle Ergänzung zu dem Menü, das er bei uns eingenommen hat.

Woher stammt die Idee, das Menü via Internet zu verfeinern?
Döllerer: Die QR-Codes springen dir heute überall ins Auge, auch auf Weinflaschen und allen möglichen Lebensmitteln. Wir haben gesagt, wir gehen einen Schritt weiter. Wir wollen unseren Gästen zeigen, wie viel Leidenschaft und Hirnschmalz in so einem Menü steckt. Es ist ja manchmal etwas schwierig, sich nach elf oder zwölf Gängen zu erinnern, was da alles serviert wurde. Wir geben jedem die Chance, die Speisen in Wort und Bild nachzuempfinden.

Welche Möglichkeiten gibt es, den Gast mit multimedialen Mehrwerten zu beglücken?
Döllerer: Die Themenpalette ist unbegrenzt. Wir wollen uns in einem Rahmen bewegen, der für unsere Gäste gut verdaulich ist. Wir gewähren einen Blick in unsere Küche und zeigen auf dem Foto, mit welchen Techniken wir den jeweiligen Gang zubereiten. Wir erläutern historische Hintergründe zu den Speisen. Und wir haben die Chance darzustellen, von welchen Produzenten wir die Lebensmittel beziehen. Das sind spannende Themen, die wir im A4-Format präsentieren. Die zwei Filme, in denen wir unsere Produzenten für Kaviar und Milch vorstellen, sind insgesamt zehn Minuten lang.

Passen QR-Code und Filme auf dem Mobiltelefon zu dem Ambiente eines 12-Gänge-Menüs von gehobenem Niveau?
Döllerer: Ganz ehrlich, ich bin kein Freund von Handys in der Gaststube. Aber wenn der Gast den QR-Code vor Ort testen möchte, bitte sehr! Unsere multimediale Speisekarte ist eher als Erlebnis für danach gedacht. Sie können zu Hause Schritt für Schritt nacherleben, was sie bei uns serviert bekommen haben. Sie können es Freunden zeigen. Sie verfeinern ihr Wissen über die Finessen der Küche und alles, was dahintersteckt.

Ihre Speisekarte mit QR-Code ist ein Novum.Haben sich schon Kollegen gemeldet, die mit vergleichbaren Varianten nachziehen wollen?
Döllerer: Es ist eine Idee. Und in diesem Fall waren wir eben die Ersten, die sie umgesetzt haben. Bei den ChefAlps in Zürich haben wir unsere neue Speisekarte vorgestellt, sie ist sehr gut angekommen. Ja, und prompt standen schon die ersten Schweizer Kollegen bei uns und sagten: Hey, super Geschichte, dürfen wir auch so eine Karte machen?

Mit welchen Elementen planen Sie, den multimedialen Auftritt auszubauen?
Döllerer: In diesem Jahr werden wir noch vier Filmbeiträge drehen, in denen wir weitere Produzenten vorstellen.

www.doellerer.at

Für das 3D-Bild zum Thema klicken Sie bitte hier.

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