Das war die NUTS Stage auf den CHEFDAYS Germany 2019

Von Multigastronomen und Ausnahmehoteliers bis hin zu Social-Media-Gurus, Recruiting-Experten und Foodtrend-Forschern wurde auch dieses Jahr auf der NUTS Stage wie verrückt über die brennendsten Themen der Branche debattiert.
Oktober 31, 2019 | Fotos: Konstantin Gastmann, Nils Hasenau, Gerd Tschebular, Jens Ahner

Das kleine Weltwirtschaftsforum der Gastronomie

Parallel zum einmaligen Geschehen auf der Main Stage und in den Masterclasses ging es auf der NUTS Stage ans Eingemachte. All das, worüber die geilste Branche der Welt entweder gar nicht oder zu selten sprechen kann, wurde hier ohne Scheuklappen, ohne Wenn und Aber und schonungslos zerpflückt und analysiert. In entspanntem Ambiente nahmen auf der gemütlichen Couch illustre Gäste Platz wie: Tim Raue, Tohru Nakamura, Johann Lafer, Sven Elverfeld, Thomas Althoff oder The Duc Ngo, um nur einige zu nennen. Dabei wurde – endlich! – über all jene tabuisierten Themen gesprochen, die der Branche seit Langem unter den Nägeln brennen – oder um es dem Event-Rahmen entsprechend auszudrücken: all die Nüsse geknackt, die gemeinhin als unknackbar gelten.

Von No-Shows, der erfolgreichen Mitarbeiterfindung und -bindung in Zeiten des Fachkräftemangels, dem Umgang mit Restaurantbewertungen bis hin zu Tipps für größeren Erfolg auf Social Media wurden auf der schummrigen NUTS Stage nichts als heiße Eisen angefasst. Als absolute Inspirationsquelle dienten dabei auch die Success Stories von Branchengrößen, die beweisen: Mit unbändiger Leidenschaft, betriebswirtschaftlichem Realitässinn, womöglich einer Portion Größenwahn und unverwüstlichem Überlebenswillen kann jeder seinen Weg gehen – ganz gleich, wie viele Steine einem in den Weg gelegt werden. 

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Auch auf der diesjährigen NUTS Stage wurde an den härtesten Nüssen der Branche geknackt: Der gebürtige Österreicher und nunmehrige Berliner Multigastronom Josef Laggner, DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges und der Hamburger Spitzenkoch und 100/200-Inhaber Thomas Imbusch diskutierten mit Moderatorin Katharina Raue (v.l.n.r.) eingehend über die No-Show-Problematik.

In den Business Talks dann wurde die NUTS Stage zum kleinen Weltwirtschaftsforum der Gastronomie: Warum schwimmt Deutschland international unter dem kulinarischen Radar und wie kann man das ändern? Dieser grundlegenden Frage nahmen sich die beiden deutschen Gastro-Größen Karlheinz Hauser und Nils Henkel an. 

Andere Branchen-Kapazunder wie Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, waren sich in Sachen No-Shows mit ihren Diskussionspartnern einig: Es braucht mehr Kommunikation – und es muss sich schleunigst etwas ändern. Der Hamburger Sternekoch und ehemalige Schützling von Tim Mälzer Thomas Imbusch macht es vor: Mit seinem Ticketing-System liegt seine No-Show-Rate bei sage und schreibe null Komma null Prozent. Wie bei einem Kino-, Theater- oder Opernbesuch wird nicht – wie in der Gastronomie seltsamerweise üblich – einfach einmal unverbindlich reserviert, sondern gleich im Voraus bezahlt.

Klar, wie jede Branche hat die Gastronomie ihre betriebswirtschaftlichen Eigenheiten – doch was sie im Innersten ausmacht und zusammenhält, sind letztlich die Produkte. In den Food-for-Future-Talks klärten Koryphäen ihres Fachs über die neuesten Food-Phänomene auf: Food-Prophetin Hanni Rützler etwa teilte mit den gebannten Zuschauern ihren Blick in die gastronomische Glaskugel, und Foodhunter Michael Vetter und Ferran Adriàs Weggefährte Joan Solé bewiesen, dass es auch in Zeiten des Hardcore-Regionalismus noch vielversprechende Lebensmittel zu entdecken gilt – wie beispielsweise litauischen Birkensaft. In diesem Sinne: Vorhang auf!

Das kleine Weltwirtschaftsforum der Gastronomie

Parallel zum einmaligen Geschehen auf der Main Stage und in den Masterclasses ging es auf der NUTS Stage ans Eingemachte. All das, worüber die geilste Branche der Welt entweder gar nicht oder zu selten sprechen kann, wurde hier ohne Scheuklappen, ohne Wenn und Aber und schonungslos zerpflückt und analysiert. In entspanntem Ambiente nahmen auf der gemütlichen Couch illustre Gäste Platz wie: Tim Raue, Tohru Nakamura, Johann Lafer, Sven Elverfeld, Thomas Althoff oder The Duc Ngo, um nur einige zu nennen. Dabei wurde – endlich! – über all jene tabuisierten Themen gesprochen, die der Branche seit Langem unter den Nägeln brennen – oder um es dem Event-Rahmen entsprechend auszudrücken: all die Nüsse geknackt, die gemeinhin als unknackbar gelten.

Von No-Shows, der erfolgreichen Mitarbeiterfindung und -bindung in Zeiten des Fachkräftemangels, dem Umgang mit Restaurantbewertungen bis hin zu Tipps für größeren Erfolg auf Social Media wurden auf der schummrigen NUTS Stage nichts als heiße Eisen angefasst. Als absolute Inspirationsquelle dienten dabei auch die Success Stories von Branchengrößen, die beweisen: Mit unbändiger Leidenschaft, betriebswirtschaftlichem Realitässinn, womöglich einer Portion Größenwahn und unverwüstlichem Überlebenswillen kann jeder seinen Weg gehen – ganz gleich, wie viele Steine einem in den Weg gelegt werden.

Wenn man 21 ist, denkt man nicht daran, dass es nicht klappen könnte. Sndern nur, dass es klappt und vorangeht. 

Thomas Althoff ging von Anfang an aufs Ganze

In den Business Talks dann wurde die NUTS Stage zum kleinen Weltwirtschaftsforum der Gastronomie: Warum schwimmt Deutschland international unter dem kulinarischen Radar und wie kann man das ändern? Dieser grundlegenden Frage nahmen sich die beiden deutschen Gastro-Größen Karlheinz Hauser und Nils Henkel an.

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Auch auf der diesjährigen NUTS Stage wurde an den härtesten Nüssen der Branche geknackt: Der gebürtige Österreicher und nunmehrige Berliner Multigastronom Josef Laggner, DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges und der Hamburger Spitzenkoch und 100/200-Inhaber Thomas Imbusch diskutierten mit Moderatorin Katharina Raue (v.l.n.r.) eingehend über die No-Show-Problematik.

Andere Branchen-Kapazunder wie Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, waren sich in Sachen No-Shows mit ihren Diskussionspartnern einig: Es braucht mehr Kommunikation – und es muss sich schleunigst etwas ändern. Der Hamburger Sternekoch und ehemalige Schützling von Tim Mälzer Thomas Imbusch macht es vor: Mit seinem Ticketing-System liegt seine No-Show-Rate bei sage und schreibe null Komma null Prozent. Wie bei einem Kino-, Theater- oder Opernbesuch wird nicht – wie in der Gastronomie seltsamerweise üblich – einfach einmal unverbindlich reserviert, sondern gleich im Voraus bezahlt.

Klar, wie jede Branche hat die Gastronomie ihre betriebswirtschaftlichen Eigenheiten – doch was sie im Innersten ausmacht und zusammenhält, sind letztlich die Produkte. In den Food-for-Future-Talks klärten Koryphäen ihres Fachs über die neuesten Food-Phänomene auf: Food-Prophetin Hanni Rützler etwa teilte mit den gebannten Zuschauern ihren Blick in die gastronomische Glaskugel, und Foodhunter Michael Vetter und Ferran Adriàs Weggefährte Joan Solé bewiesen, dass es auch in Zeiten des Hardcore-Regionalismus noch vielversprechende Lebensmittel zu entdecken gilt – wie beispielsweise litauischen Birkensaft. In diesem Sinne: Vorhang auf!

Success-Stories

Die Gastronomie ist ein hartes Pflaster – das gilt auch und vor allem aus unternehmerischer Perspektive. Vor allem die Spitzengastronomie mit ihrem radikalen, ja oft kompromisslosen Qualitätsfetisch – das Beste ist dort bekanntlich gerade gut genug – wird nicht selten von betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten eingeholt. Und doch: Es gibt sie, die Erfolgsgeschichten. Es gibt sie, diese Paradebeispiele von Menschen, die mit ihrer Leidenschaft, ihrem Know-how und ihrem rastlosen Macher-Gen ihren Weg nicht nur gegangen sind, sondern damit auch eine ganze Branche inspirieren.

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Johann Lafer: «Ich habe zweifelsohne alles sehr gerne gemacht, ich habe 46 Jahre in der Gastronomie gearbeitet. Macht man das nicht gern, dann macht man es auch nicht so lange.»

Die Liste der Namen, die sich auf der NUTS Stage mit Moderatorin Katharina Raue über ihren Werdegang unterhielten, liest sich wie das Who’s who der Gastronomie und Hotellerie: Spitzenkoch und TV-Star Johann Lafer, 3-Sterne-Kreativgenie Sven Elverfeld, Grandseigneur-Hotelier Thomas Althoff und der Berliner Multigastronom The Duc Ngo. 

Größenwahn und Durchhaltevermögen

Die NUTS Stage der CHEFDAYS Germany 2019 begann mit jenem Mann, der über Jahrzehnte hindurch im deutschsprachigen Raum sowohl die gehobene Küche als auch die Spitzengastronomie wie nur wenige geprägt und präsentiert hat. Johann Lafer erzählte schonungslos über seine Entscheidung, die Stromburg zu verkaufen und zumindest vorläufig einen Schlussstrich unter seine erfolgreiche gastronomische Karriere zu  ziehen. 

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Ausnahmehotelier Thomas Althoff: Wenn man 21 ist, dann denkt man ja nicht daran, dass es nicht klappen könnte, sondern eigentlich nur daran, dass es klappt und vorangeht.

Auf eine ebenso geglückte, aber immer noch in vollem Schwung befindliche Karriere kann auch Ausnahmehotelier Thomas Alt-hoff zurückblicken. Über 18 Hotels nennt seine luxuriöse Althoff Collection – die sich der mittlerweile legendäre Leuchtturm der deutschen Hotellerie als Autodidakt seit den 1970er-Jahren aufgebaut hat –
ihr Eigen. 

Wir müssen mehr im ausland tun und sagen, wofür die deutsche küche steht. 

Karlheinz Hauser sieht deutsche Köche in der Pflicht 

Auch der unerschöpfliche Küchenmagier Sven Elverfeld, der seit sage und schreibe zehn Jahren mit seinem Gourmettempel Aqua in Wolfsburg unfassbare drei Sterne hält, inspirierte das gebannte Publikum mit unmittelbaren Einblicken in seine Kreativitätsquellen. Der letzte Gast auf der NUTS Stage in diesem Jahr war schließlich The Duc Ngo. Wie kein anderer symbolisiert der gefinkelte Multigastronom, der in den 1970er-Jahren als Flüchtling aus Vietnam kam, den kühnen Erfolg, den man mit einer Mischung aus Größenwahn und Durchhaltevermögen erreichen kann.

Business Talks

Die NUTS Stage auf den CHEFDAYS ist vor allem eins: ein Ort, an dem Tacheles über die aktuellen Herausforderungen in der Gastronomie und Hotellerie geredet werden kann. Vor allem im Rahmen der Business Talks wurde endlich über all jene Themen schonungslos gesprochen, die seit viel zu langer Zeit der gesamten Branche unter den Nägeln brennen: Wie können No-Shows vermieden oder zumindest betriebswirtschaftlich abgefedert werden? Wie findet die vom Fachkräftemangel so gebeutelte Branche gute Mitarbeiter und vor allem: Wie hält man sie? Das Faszinierendste an den Business Talks war zweifelsohne, wie eng scheinbar so unterschiedliche Themen wie Mitarbeiterfindung, der Aufbau einer Marke oder Tipps für einen größeren Erfolg auf Social Media zusammenhängen.

Jeder Gast, der etwas postet, ist wie eine kostenlose Umfrage. 

Tohru Nakamura zeigt: Online-Restaurantbewertungen kann man auch pragmatisch sehen 

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Nils Henkel: «Wir haben Politiker, die sich ja nicht einmal trauen, in ein Sternerestaurant zu gehen. Und dann gibt’s in einem Land wie Frankreich Macron, der als Präsident die Sterneköche eigens in den Élysée-Palast lädt – weil das einfach ein Stück Kultur ist in Frankreich!“

Wer Mitarbeiter finden und langfristig halten will, muss als Arbeitgeber attraktiv sein. Attraktiv wird und bleibt man, indem man nicht zuletzt einen ordentlichen Social-Media-Auftritt hat und vielleicht sogar als Marke angesehen ist. Und wer seine Mitarbeiter ordentlich bezahlen will, muss betriebswirtschaftlich auf Zack sein und darf sich keine Budgetlöcher – wie etwa durch No-Shows – erlauben. Man sieht: Auf der NUTS Stage ging’s ans Eingemachte. Es lohnt sich also, einen etwas detaillierteren Blick auf diese fruchtbaren Gespräche und Auseinandersetzungen zu werfen.

Präsident Macron macht’s vor

Los ging’s mit einer der härtesten Nüsse, die es derzeit in der Gastronomie zu knacken gilt: No-Shows. Bei den drei hochkarätigen Diskussionsteilnehmern Thomas Imbusch, Josef Wagner und Ingrid Hartges herrschte Einigkeit: Es muss etwas passieren. Oder wie es Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, formuliert: „Wir müssen diese Problematik in die Köpfe der Menschen hineinbekommen. Wir brauchen mehr Kommunikation und mehr Wertschätzung – in der Presse, in den Magazinen, überall.“ Wie himmelschreiend die No-Show-Problematik ist, wird klar, als der Hamburger Sternekoch Thomas Imbusch erwähnt, dass an seinem früheren Arbeitsplatz – Tim Mälzers Off Club – die No-Show-Rate bis auf 35 Prozent ansteigen konnte.

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Thomas Imbusch über sein Ticketsystem gegen No-Shows: Es war eine rein wirtschaftliche entscheidung – und heute weiß ich: sie hat sich gelohnt.

Er selbst hat bekanntlich auf ein Ticketing-System umgestellt, heißt: Wer reserviert, bezahlt, auch wenn er nicht aufkreuzt – wie im Theater oder im Kino. „Dieser eher emotionale Grund mit der Wertschätzung“, so Imbusch, „war eigentlich nicht der Hauptmotivator. Es war vielmehr eine rein wirtschaftliche Entscheidung. Heute weiß ich: Es hat sich gelohnt – und das, obwohl das Ticketing-System mindestens zwei Stunden Arbeit am Tag braucht. Da geht’s um die Kassensynchronisation, um aufgeladene Gutscheine und so weiter.“ Auch der gebürtige Österreicher und nunmehrige Berliner Multigastronom Josef Laggner erklärt: „Wir haben im Lutter & Wegner in Berlin schon vor 20 Jahren angefangen, bei einer ganzen Raumbuchung die Vorausbezahlung eines Mindestumsatzes zu verlangen“, so Laggner. Zwar appelliert er auch an den Gast, doch kann Laggner einem früheren Paris-Erlebnis immer noch viel abgewinnen: „In Paris habe ich einmal einen Tisch gebucht – da wurden mir sofort 50 Euro von der Kreditkarte abgebucht.“ 

Es war eine rein wirtschaftliche Entscheidung – und heute weiß ich: sie hat sich gelohnt.

Für Thomas Imbusch stand von Anfang an fest: No-Shows sind ein absolutes No-Go

Apropos Paris: Warum schwimmt Deutschland international immer noch unter dem kulinarischen Radar, während Länder wie Frankreich und Italien ihr Image als Kulinariknationen weiter kultivieren? Dieser Frage widmeten sich zwei deutsche Kulinarikkapazunder der Extraklasse: der Hamburger Süllberg-Chef und 2-Sterne-Koch Karlheinz Hauser und die deutsche Spitzenveggie-Institution Nils Henkel. „Wir müssen einfach mehr im Ausland tun und genau sagen, wofür die deutsche Küche steht“, so Karlheinz Hauser.

Nils Henkel geht noch einen Schritt weiter: „Ich denke, Köche sollten sich zusammentun und sagen: Wir vermarkten jetzt Deutschland. Da müsste man zuerst definieren, welche Köche das wären. Dann bräuchte man eine Agentur, die vor allem international perfekt vernetzt ist und die Sache mit einem Schulterschluss aus Politik und Wirtschaft angeht. Denn eines steht fest: Die Politik interessiert’s ja nicht. Wir haben Politiker, die sich ja nicht einmal trauen, in ein Sternerestaurant zu gehen. Und dann gibt’s in einem Land wie Frankreich Macron, der als Präsident die Sterneköche eigens in den Élysée-Palast lädt – weil das einfach ein Stück Kultur ist in Frankreich!“

Bewertungsportale als Gratis-Umfragetool

Dass die digitale Revolution auch in der Gastronomie längst angekommen ist, ist unbestritten. Ganz gleich, ob es nun um Fluch und Segen von Social-Media-Auftritten oder auch um Restaurantbewertungen geht. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich Bewertungen von Kennern auf Punkte und Sterne in altehrwürdiger Buchform beschränken. Von TripAdvisor, Yelp, OpenTable, Facebook, Instagram – die Aufzählung ließe sich beliebig weiterführen – bis hin zu Food- und Gastroblogs hat das Internet die Kampfzone um das perfekte Image um ein Vielfaches erweitert. Wie geht man als Gastronom damit um? Wie als Koch, über dessen Kreativität tagtäglich im Netz, je nach Lust und Laune, abgeurteilt werden kann? Markus Eckartz, Strategic Planner und Founder bei der Social-Media-Agentur The Rocket Scientists, hält zu Beginn gleich einmal fest, dass es für jeden neuen Gastrobetrieb heutzutage ohne Internet nicht mehr geht.

Für 1000 Liter muss er 150.000 Liter Birkensaft abzapfen!

Foodhunter Michael Vetter über das einmalige Produkt seines litauischen Birkensaft-Produzenten 

„Natürlich kennt jeder in seinem Viertel eine Bude, die weder Homepage noch sonst etwas hat. Aber es ist mittlerweile einfach so, dass Bilder und Bewertungen im Internet die letzte Entscheidung herbeiführen, in dieses oder jenes Restaurant zu gehen. Deswegen ist es so fatal, wenn man das heutzutage als Koch oder Gastronom ignoriert.“ So ganz stimmt damit Sebastian Frank, Küchenchef und Inhaber des Berliner Zweisterners Horváth, nicht überein. Denn die Bewertungen seines Restaurants, in welchem Onlinemedium auch immer, liest er so gut wie gar nicht.

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Tohru Nakamura und Sebastian Frank waren sich nicht in allen Punkten über den Umgang mit Restaurantbewertungen einig. 

„Das Einzige, was ich lese, sind die Feedbacks, die als E-Mail zugeschickt werden. Natürlich spricht man immer von konstruktiver Kritik – aber es ist einem einfach nicht wurst. Mein Restaurant, das ist mein Laden, das ist mein Leben. Da darf ich gewisse Bewertungen einfach so wenig wie möglich an mich ranlassen.“ Tohru Nakamura, als Küchenchef des Münchner Zweisterners Geisels Werneckhof der Dritte im Bunde dieser augenöffnenden Diskussionsrunde, geht diese hochkomplexe Thematik spielerischer an: „Eigentlich ist ja jeder Gast, der etwas postet, wie eine kostenlose Umfrage. Die Industrie gibt Unmengen an Geld aus für Umfragen, wir kriegen das eigentlich durch all die Bewertungsportale gratis. Dennoch“, gibt Nakamura zu bedenken, „sollte es darum gehen, dass man die Plattform des Kritikäußerns bereits im Restaurant selbst schafft. Ich verabschiede ja auch meine Gäste persönlich, und in dem Moment, wo du eine Beziehung zwischen Gast und Restaurant hast, sind die Gäste rückblickend viel eher bereit, auch einmal eine positive Bewertung zu verfassen.“ 

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V. l. n. R.: Marc Uebelherr, Torsten Petersen und Tim Koch sprachen über das perfekte Mitarbeiterrecruiting. 

Nicht nur in Bewertungsportalen, auch in beruflichen Karrieren läuft bekanntlich nicht immer alles positiv. Doch auch für die Gastronomie gilt: Wer auf die Schnauze fällt, macht trotzdem einen Schritt vorwärts. Im großen Fuck-up-Talk gaben erprobte Branchengrößen wie Marc Uebelherr, Patrick Rüther, Onur Elci, Tim Koch oder auch Friederike Exter ihre größten Flops zum Besten. Friederike Exter von Freddy’s food concepts beispielsweise erinnerte sich an die Gründung einer ihrer ersten Pommesbuden: „Eigentlich wollten wir unseren Stand Freddy’s fresh fries nennen und hatten schon eine super Brand aufgebaut. Irgendwie hatte ich dann die Eingebung, das sicherheitshalber mit einem Markenrechtler abzuklären. Der sagte mir: Es gibt schon die Freddy’s Pizza AG, die deutschlandweit tätig ist. Also mussten wir alles neu machen, wirklich alles von vorne anfangen. Das war, wenn man so will, mein Major-Fuck-up.“ Die Business Talks auf der NUTS Stage entfalteten sich also auch dieses Jahr einmal mehr zu einem unternehmerischen Wirtschaftsforum für die Gastronomie – mit allen Ecken und Kanten, die unsere Branche letztlich so einmalig und magisch machen. 

Food for Future

Doch wie wir wissen: Das Gastro-Business wäre nichts ohne seine Ursprungsmaterie: die Produkte. Zwar zieht der Regionalismus-Trend unbeirrt immer weitere Kreise, doch gleichzeitig kennt die Innovationslust der Gastronomie – vor allem der Spitzengastronomie – glücklicherweise einfach keine Grenzen. Dieses Phänomen kristallisiert sich in der Figur von Foodhuntern – Delikatessenjäger, die weltweit unterwegs sind, um in ihren Heimat- oder Tätigkeitsländern mit ihren Entdeckungen neue Trends zu setzen. Doch kann man heute, in einer so eng zusammengerückten und hypervernetzten Welt, überhaupt noch etwas entdecken? Dieser Frage widmeten sich die beiden Foodhunter Michael Vetter, Gründer und Geschäftsführer des Feinkosthändlers Gourmantis, und Juan Solé, der ehemalige Geschäftspartner der spanischen Kulinariklegende Ferran Adrià, der für das sagenumwobene elBulli die komplette Produktlinie an Texturgebern entwickelte.

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Foodtrend-Forscherin Hanni Rützler erklärte, wie Foodtrends entstehen.

Dass Foodhunter nicht immer nur in den entlegensten Winkeln der Erde nach vielversprechenden Produkten suchen müssen, erklärte Michael Vetter anhand einer seiner letzten Entdeckungen: Birkensaft aus Litauen. „Ich war dort, weil ein großer Airline-Caterer, mit dem ich arbeite, seine Service-Abteilung in Litauen hat. Ein Bekannter stellt dort Birkensaft her, das ist in den baltischen Ländern und in Russland ein bekanntes Produkt. Dafür schlitzt man die Birkenbäume an, hängt große Plastikbeutel daran und wartet, bis der Saft aus den Bäumen läuft. Bei meinem Bekannten waren die Beutel aber nach einer Woche voller Ameisen, weil der Saft ja süß ist. Zuerst dachte er, sein Projekt sei gestorben, bis er die Beutel mit den Ameisen dann doch einfach geholt und angefangen hat, das über dem Feuer im Wald mit Pfannen zu reduzieren. Heraus kam ein balsamicoähnlicher, dickflüssiger schwarzer Saft – für 1000 Liter muss er 150.000 Liter puren Birkensaft abzapfen!

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Marc Honold, CEO von Nestlé Waters Deutschland, sprach mit Sternekoch Tim Raue über die Vor- und Nachteile von Leitungswasser gegenüber Mineralwasser. 

Doch bekanntlich fängt das Kopfzerbrechen über das perfekte Produkt nicht erst bei ausgefallenen Produkten an – sondern bereits bei vermeintlichen Basics. Wasser, beispielsweise. Im Talk „Wasser: lokal, international oder aus der Leitung?“ diskutierten der Berliner Sternekoch und TV-Star Tim Raue und der CEO von Nestlé Waters Deutschland, Marc Honold, darüber, was Fine-Dine-Wasser von Leitungswasser unterscheidet – und was letzteres überhaupt genau ist. „Wasser“, so Raue, „spielt in Deutschland seit etwa zehn Jahren eine elementare Rolle im Restaurant. Klar, früher gab es zwar Wasser zum Essen, aber es hat einfach niemanden interessiert, was für Wasser das ist. Ich war dann in Frankreich, in Italien und Spanien und habe festgestellt, dass die Wasserkultur dort extrem ausgeprägt ist.

Man setzt sich hin und das Erste, wonach man gefragt wird, ist, welches Wasser man trinken möchte. Es gab dann, auch in Deutschland, diese Entwicklung, dass Wassermarken populär wurden. Dann kamen auch schon Wassersommeliers, Trinkkarten mit 80 Wassersorten.“ Wie die Berliner Schnauze, die mit ihrem Hauptrestaurant Tim Raue als einzigem Gourmettempel auf der prestigeträchtigen World’s-50-Best-Restaurants-Liste steht, erklärt, ist ihr Sternetempel nicht mehr nur ein Berliner Restaurant, sondern eine Marke auf der ganzen Welt. „Hochqualitatives Wasser ist daher mittlerweile eine weltweite Währung“, so Raue.

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Foodtrend-Forscher Andrew Fordyce und Zirp-Insects-Gründer Christoph Thomann gaben exklusive Einblicke in die gastronomische und kulinarische Zukunft. 

„Wir haben intern alles ausprobiert: San-Pellegrino-Wasser hat uns einfach am meisten überzeugt“, so Raue. Marc Honold, der in seiner Funktion für Nestlé Waters bekanntlich das deutsche Geschehen um das Fine-Wasser steuert, erinnert sich im Zuge der Diskussion an die Besichtigung des Wasserwerks in Frankfurt. „Dort besteht das Wasser zu 75 Prozent aus Grundwasser – das wiederum meist gechlort ist. Ich sage nichts gegen Trinkwasser prinzipiell, ich trinke es ja selbst. Aber was ist Mineralwasser? Wir beispielsweise dürfen San Pellegrino nur in San Pellegrino selbst abfüllen, da handelt es sich um hochwertiges Wasser, das eine 30 Jahre lange Reise durch das Gestein hinter sich hat!“ Allein der Fakt, dass über eine halbe Stunde ausschließlich über Wasser debattiert wurde, beweist: Die NUTS Stage war auch dieses Jahr ein kleines Epizentrum kulinarischer Auseinandersetzungen aus erster Hand.

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