Arbeiten in Moskau

Roter Platz, Kreml und kristallklarer Vodka umhüllt von Historie.
November 13, 2015

Die Moskwa mit einem Passagierschiff und dahinter sind die goldenen Kuppeln der Christ-Erlöser-Kathedrale zu sehen Das Wort «Moskau» leitet sich von den slawischen Worten «Vollkornbrot» und «Pfütze» ab, von beidem ist in der russischen Hauptstadt genügend vorhanden. Aber ist es überhaupt erstrebenswert, sich in dieser Stadt, der man Kriminalität und niedrige Temperaturen nachsagt, um einen Job zu bemühen? Bekommt man in Moskau neben dem physischen Zittern das psychische gleich mitgeliefert?
Eines ist auf jeden Fall sicher. So eine Stadt wie Moskau gibt es kein zweites Mal. Historie liegt hier praktisch in der Luft, und die Geschichte ist teilweise so durcheinander wie die unzähligen Seitengassen Moskaus. Diese schlängeln sich ein bisschen schmuddelig und doch malerisch, aber niemals langweilig durch die 12 Millionen Einwohner Stadt. Nahezu alle in Moskau lebenden Ausländer, 130 verschiedene Nationalitäten leben hier, vertreten die Meinung, dass die «gewöhnliche Kriminalität» nicht das eigentliche Problem ist. Das Arbeiten in Moskau wird vor allem durch Behördenwillkür, Bürokratie und Korruption erschwert. Aber mit dem richtigen Know-how und Tipps, kann man diese Bedenken im Wind zerstreuen. Der Verband der deutschen Wirtschaft in Moskau und die Deutsche Botschaft beraten in Sicherheitsfragen und wirtschaftlichen Kooperationen.

Die russische Mentalität und das Leben

Die Akzeptanz von Macht und der Autoritätsglaube sind bei den Russen sehr ausgeprägt. Der Wunsch nach einer starken Führung, und der hohe Respekt gegenüber Amtspersonen zeigt die Unwilligkeit der Bevölkerung selbst zu delegieren. Beim russischen Zeitverständnis erlebt man sofort, dass gleich und bald dehnbare Begriffe sind, die bis zu Monaten alles umfassen können. Dafür ist auch die Bereitschaft sich Zeit zu nehmen größer. Die hohe Emotionalität erlebt der Westeuropäer leicht als Dramatisierung, aber diese kommt auch durch die große Hilfsbereitschaft, gerade gegenüber Ausländern, zum Ausdruck. Ist man für die Besonderheiten russischer Lebensweise offen, lernt man die Gastfreundlichkeit und Warmherzigkeit kennen. Ein Abend in russischer Gesellschaft inkludiert berstende Tische, immer gefüllte Gläser, Trinksprüche und Musik. Das Leben in Moskau ist aber eigentlich sehr abwechslungsreich. Kulturliebhaber wählen zwischen Konzerten, Opern und Ballett oder besuchen die zahlreichen Museen, Klöster und Kirchen Moskaus. Alternativ bieten die größeren Kinos alle Filme in englischer Originalfassung, und moderne, gut ausgestattete Sport- und Fitnessclubs mit Sauna und Schwimmbad garantieren aktives Freizeitvergnügen. Allerdings sind die Monatsbeiträge recht teuer. Im Winter lieben Russen das Badehaus mit Banja, da sind Dampfbad, Sauna und Massage inklusive. Was bei den Temperaturen bis zu minus 20° nur allzu verständlich ist. Für die wärmeren Monate (bis zu 30° plus) und die Schnellerholung zwischendurch eigenen sich die vielen Parks inmitten der Stadt. Wer allerdings ein ruhigeres Plätzchen in der Natur möchte, sollte entlang der westlichen A5, der Moskwa stromaufwärts folgend fahren. Hier kann man ins Naturerlebnis Moskau eintauchen. Elche in den Wäldern Moskaus, Guppies im Moskwa-Fluß und Krokodile in der Kanalisation gehören hier auch dazu.
2004 wurde mit Touristenzahlen die 3 Millionengrenze erreicht

Um die positive Entwicklung der Tourismusbranche in Moskau noch weiter zu fördern, soll die Infrastruktur verbessert, Fußgängerzonen ausgebaut und die Hotelkapazitäten auf knapp 200 000 Betten erhöht werden. Auch in Luxusklientel will man in Zukunft investieren. Auf 5 Sterne nach europäischem Standard, können seit kurzem das «National», das»Baitschug Kempinski» und das «Solotoje Kolzo» Hotel stolz sein. Ein Four Seasons 5 Sterne Luxusbunker soll am Moskawa Ufer gegenüber dem Kreml entstehen, und das Hotel Ukraina wird von Grund auf so renoviert, dass es in die 4Stern-Kategorie passt. Das gastronomische Angebot ist auch international beeinflusst, es reicht von russischen Fast Food-Ketten bis zur absoluten Luxusklasse. Legendär ist zum Beispiel das Café Petrowitsch mit Clubdekor, selbst gebranntem Wodka, Hausspeck und ukrainischer Volksmusik. Nur wenige Schritte vom roten Platz entfernt kann man in knallbuntem Ambiente mit plüschigem Interieur russische Gerichte und Sushi im Café Orange genießen. Unter anderem sorgen insgesamt 18500 Dienstleistungsbetriebe für eine geringe Arbeitslosigkeit (2%). Der durchschnittliche Verdienst liegt bei umgerechnet 400 Euro (1 russischer Rubel, RUR, entspricht 0,03) monatlich, aber einige verdienen sehr viel mehr. Das große Betätigungsfeld ausländischer Investoren verstärkt das Arm-Reich-Gefälle zusätzlich, öffnet aber den Arbeitsmarkt über die Grenzen Moskaus. Damit man sich als Gast in Moskau auch richtig sicher fühlt, steht in Notfällen ausländischen Touristen ein fließend Englisch sprechender Ansprechpartner der Polizei zur Seite.

Einreisebestimmungen

Jeder, der in die russische Föderation einreisen möchte, benötigt ein Visum und ein Versicherungskartenformular. Unter www.russische-botschaft.de kann man sich alle Formulare herunterladen. Mit dem Originalreisepass, den ausgefüllten Formularen und einem angeklebten Passbild auf dem Visaantrag, inklusive Original Einzahlungsbeleg (Visagebühr ab 40 Euro), reicht man im russischen Konsulat des jeweiligen Landes.

Interview mit Benedikt Morak

Benedikt Morak

Benedikt Morak, 53 Jahre alt und gelernter Koch, arbeitet als Küchenchef in einem österreichischen Restaurant in Moskau.

Rolling Pin: Mit welchen Berufserfahrungen sind Sie nach Moskau gekommen?

Benedikt Morak: Ich komme aus Krobathen in Kärnten, ein kleines Dorf ohne Kirche oder Geschäft, aber mit zwei Gasthäusern. Ich bin gelernter Koch, war auf der Gastgewerbeschule in Oberwolling bei Villach. Etliche meiner Verwandten waren Gastwirte, mein Bruder war auch Koch, wie ich. Mit 21 Jahren wollte ich für ein Jahr nach Südafrika, ich blieb 12. Ich ging dann weiter in die USA, nach China, Indonesien und Griechenland. In Athen war ich Kochlehrer und machte die Bekanntschaft mit einem Griechen, der in Moskau ein Passagierschiff gemietet hatte und umbaute. Er suchte für 6 Monate einen Küchenchef, Oberkellner und Hausdame, na ja und so kam ich nach Moskau.

RP: War das so einfach mit der Arbeitsgenehmigung?

BM: Da ich eigentlich immer als «Konsultant» arbeitete, gab es nie Probleme. Aber die Zeiten ändern sich und mein jetziger Arbeitgeber hat mich offiziell angemeldet. Ich musste ein Gesuch an das Arbeitsamt machen, dass die Stelle nur ein Ausländer (in meinem Fall Österreicher) machen kann. Wenn man das nachweisen kann, geht man zur Bezirksverwaltung und bekommt die Genehmigung. Danach kommt das Ansuchen für ein temporäres Arbeitsvisum, erst mit diesem darf man nach Moskau kommen. Dieses wird dann in eine Arbeitsgenehmigung umgewandelt. Das funktioniert über die Immigrationsstelle und die Stadt(bezirks)verwaltung. Das Ganze ist schon eine Prozedur, aber ich würde trotzdem niemandem empfehlen sich auf «Schwarzarbeit» einzulassen.

RP: Gab es sonst noch Erschwernisse?

BM: Wenn man etwas Schwierigkeiten nennen kann, dann war es die russische Sprache bzw. das Nicht-Verstehen. Da ich aber von Beginn an in einem fast rein russischen Milieu arbeitete, lernte ich die Sprache relativ schnell. Mit einem freundlichen Lächeln und Fragen hilft eigentlich jeder Moskauer einem weiter. Vor 15 Jahren war vielleicht noch Deutsch die einzige Fremdsprache, aber heute spricht die jüngere Generation ganz gut Englisch und ich ausgezeichnet Russisch.

RP: Hat man als Österreicher Schwierigkeiten mit den Einheimischen zusammenzuarbeiten?

BM: Harte Arbeit, Pünktlichkeit und das Können und Wissen im Job wird auf der ganzen Welt akzeptiert, auch in Russland.
Man sollte bedenken, dass Russen stolze Leute sind und dementsprechend muss man sie auch behandeln. Natürlich gibt es in der Küche oft in der Hitze des Gefechts mal ein paar scharfe Worte, aber das ist auch gleich wieder vorbei und wird nicht weiter nachgetragen.

RP: Wie gefällt Ihnen Moskau?

BM: Die Stadt mit ihren Kunstschätzen, Museen und das Leben ist schon was Eigenes. Die Menschen hier sind, wenn man sie besser kennen lernt, sehr freundlich und hilfsbereit, manchmal ist das sogar ein bisschen erdrückend.
Allerdings sind manche Dinge sehr unorganisiert. Der öffentliche Transport zum Beispiel oder die undisziplinierten Autofahrer hier. Fährt man mit Bus oder Tram steht man hoffnungslos im Stau. Wenn zum Beispiel ein kleiner Unfall passiert, steckt alles, weil die zwei Kontrahenten sich in der Mitte der Straße streiten und nicht zur Seite fahren, obwohl es oft nur um einen kleinen Kratzer geht. Ungerecht finde ich, dass in manchen Museen Ausländer viel mehr bezahlen müssen als Einheimische, aber keinen Gegenwert bekommen. So gibt es Führungen in der entsprechenden Sprache oft nur für nochmals hohe Aufzahlung.

RP: Man hört immer von Kriminalitäten in Moskau. Wurden Sie schon damit konfrontiert?

BM: Wahrscheinlich gibt es auch in Österreich Plätze, die man in der Nacht nicht alleine (vor allem als Frau) aufsuchen sollte. Ich bin jetzt seit 15 Jahren hier und wurde noch nie persönlich irgendwie mit so einem Fall konfrontiert. Man muss auch bedenken, dass Moskau ja von den Einwohnern doppelt so groß ist wie Österreich, also sieht die Statistik auch dementsprechend aus.
Als ich noch in Tiblisi, Georgien, arbeitete. war die Situation schon etwas haarig. Ich arbeitete in einem Marco Polo Hotel und es gab auch gegen mich eine Todesdrohung, und wurde nur «fast» verprügelt. Da ich aber im Hotel blieb, respektierten mich die Banditen.

RP: Wie sieht die Situation heute aus?

BM: Es gibt vereinzelt schon noch «Schießen aus dem Auto», oder «Mord auf Auftrag». Dass es schlecht fürs Geschäft ist, wenn ständig die Polizei kommen muss, hat mittlerweile auch die Mafia/Cosa Nostra kapiert. Die Mafia in Moskau hat nichts mit der italienischen zu tun. Ob «jemand» oder «jeder» oder «alle» Schutzgeld bezahlen, kann man so nicht sagen oder auslegen. Die ehrenwerte Gesellschaft «investiert» halt in ein Geschäft und bekommt mehr Dividende oder mehr Aktien. Oder in die Buchhaltung wird eine Vertrauensperson eingeschleußt und auf der Lohnliste gibt es 2-3 Direktoren, die nur einmal im Monat kommen, um ihren Lohn abzuholen. Aber wie gesagt, ich kenne diese Dinge nur vom Hörensagen und wurde damit in Russland nie persönlich konfrontiert. Ich lebe hier ein ruhiges Leben, auch unser Restaurant hat keine Probleme, ich glaube unsere Investoren (www.nickoil.ru) sind zu groß, um da noch Ärger zu bekommen.

RP: Welche Tipps geben Sie jemandem, der auch in Moskau arbeiten möchte?

BM: Lerne die Sprache, bevor du nach Russland kommst. Es muss ja nicht perfekt sein. Österreicher, Deutsche und Schweizer haben einen guten Namen und sind bekannt für ihre gute und solide Ausbildung. Allerdings darf man nicht glauben, dass nur weil man Ausländer ist mit Blenden und wenig Können viel Geld zu verdienen.

RP: Hätte das Restaurant, wo Sie arbeiten, Interesse mit Leuten aus Österreich, Deutschland oder der Schweiz zusammenzuarbeiten?

BM: Leider ist in unserem Restaurant nur eine Planstelle für einen Ausländer vorgesehen und da bin ja schon ich.

RP: Gibt es Kontaktadressen für Hotel- und Gstronomiepersonal?

BM: Ich bin selbst zwar kein professioneller Kopfgeldjäger, kann aber falls es offene Stellen gibt, die Einzelheiten per Email weiterleiten. benediktmorak@yahoo.com

Über Goodwin Staff gibt es Olga Schobin, sie spricht Deutsch.chief@goodwinstaff.com Die größte englisch-sprachige Tageszeitung in Moskau, die Moscow Times, hat jeden Mittwoch und Freitag die besten Inserate. www.themoscowtimes.com

RP: Mit welchen Qualifikationen hat man die besten Chancen in Moskau?

BM: Da die Ausbildung der russischen Fachleute immer besser wird, werden aus dem Ausland meistens nur Küchenchefs und Konditorbäcker eingestellt. Im Service haben Restaurant Manager die besten Chancen, diese müssen allerdings Russisch können und mit dem Abrechnungssystem (R-Keeper) vertraut sein. Auch an F&B Direktoren und General Managern besteht Bedarf. Für Sous Chef, Chef de Partie oder niedrige Kader-Positionen besteht kaum Nachfrage.

RP: Wie sind Ihre Zukunftspläne? Stimmen die Gerüchte, dass Sie selbst ein Restaurant eröffnen wollen?

BM: Ich arbeite jetzt im einzigen österreichischen Restaurant Moskaus und die Investoren planen schon ein zweites. Ich bin angesehen und geschätzt, meine Arbeit wird anerkannt. Der Lohn ist sehr gut, die Arbeitszeit human (5 Tage, 9 Stunden, also man sieht, es geht auch im Gastgewerbe!).
Selbst ein Restaurant zu eröffnen ist nicht vorgesehen. Dafür fehlt es mir als Einzelperson auch an dem nötigen Grundkapital. Das kann sich aber ändern, wenn ich die Permanent Residence bekomme (vergleichbar mit der Green Card der USA).

Kontakte & Informationen:

Hotel Ukraina in MoskauRussische Botschaft in Deutschland
Unter den Linden 63-65
D-10117 Berlin
Tel.: +49 (0) 302291110
Fax: +49 (0) 302299397
www.russische-botschaft.de

Russische Botschaft in Österreich
Reisnerstrasse 45-47
A-1030 Wien
Tel.: +43 (0) 17121229
Fax; +43 (0) 7121215

Russische Botschaft in der Schweiz
Brunnadernrain 37
Ch-3006 Bern
Tel.: +31 (0) 3520566
Fax: +31 (0) 3525595

Deutsche Botschaft in Moskau
Uliza Mosfilmowskaja 56
119285 Moskau
Tel.: +7 (0) 959379500
Fax: +7 (0) 959382354
Email: germanmo@aha.ru

Schweizer Botschaft Moskau
Per.ogorodnoya Sloboda (Stopani) 2/5
101000 Moskau
Email: vertretung@mos.rep.admin.ch
www.eda.aadmin.ch/moscow_emb

Österreichische Botschaft in Moskau
Starokonjuschennij Per.1
119034 Moskau
Tel.: +7 (0) 955029512
Fax: +7 (0) 959374269
Email: natascha.parchamento@
bmaa.gv.at

Hilfreiche Internetadressen:

www.russlandinfo.de (allgemeine Informationen)

www.moskau.ru (die Stadtzeitung)

www.inmoskau.de (Neuigkeiten aus Moskau)

www.transsib.com (Moskau Führer)

www.russia-hotels.de (Hotelkontakte)

www.rollingpin.at

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