«Vermeidung des zweiten Corona-Shutdowns hat oberste Priorität»: Bundesministerin Elisabeth Köstinger im Exklusivinterview
Blick in die Glaskugel
Ihre Amtszeit hat sich Elisabeth Köstinger bestimmt anders vorgestellt. In der Coronakrise beweist die Bundesministerin aber Durchhaltevermögen und ein offenes Ohr für die Branche. Nach einer durchwachsenen Sommersaison spricht Köstinger über die Risiken der bevorstehenden Wintersaison und darüber, wie wir sie gemeinsam erfolgreich gestalten können.
Gastronomie und Hotellerie durchleben gerade die schlimmste Krise ihrer Geschichte. Zwar konnte in manchen Regionen die Sommersaison noch gerettet werden, vor allem in städtischen Gebieten leiden die Betriebe aber noch immer immens an den Folgen der Corona-Pandemie. Wie lautet Ihr Fazit seit dem Restart?
Blick in die Glaskugel
Ihre Amtszeit hat sich Elisabeth Köstinger bestimmt anders vorgestellt. In der Coronakrise beweist die Bundesministerin aber Durchhaltevermögen und ein offenes Ohr für die Branche. Nach einer durchwachsenen Sommersaison spricht Köstinger über die Risiken der bevorstehenden Wintersaison und darüber, wie wir sie gemeinsam erfolgreich gestalten können.
Gastronomie und Hotellerie durchleben gerade die schlimmste Krise ihrer Geschichte. Zwar konnte in manchen Regionen die Sommersaison noch gerettet werden, vor allem in städtischen Gebieten leiden die Betriebe aber noch immer immens an den Folgen der Corona-Pandemie. Wie lautet Ihr Fazit seit dem Restart?
Elisabeth Köstinger: Corona hat zweifellos die Gastronomie und den Tourismus mit voller Wucht erwischt. So etwas hat es eigentlich davor noch nie gegeben, dass Gasthäuser und Lokale zusperren mussten. Auch die Hotellerie ist gänzlich zum Erliegen gekommen. Für ein Urlaubsland wie Österreich eigentlich etwas Denkunmögliches und trotzdem mussten wir 2020 lernen, damit umzugehen. Wir haben seitens der Bundesregierung versucht, sehr schnell zu helfen. Ich darf mich da für den Austausch gemeinsam mit Gastronomen, Hoteliers sowie dem Bundeskanzler bedanken. Wir haben alle an einen Tisch geholt und gemeinsam an Lösungskonzepten gearbeitet. Es soll immer sehr schnell und unbürokratisch funktionieren, was nicht immer ganz einfach ist.
Ich kenne keine andere Branche, die von sich aus bereit ist, so viel dafür zu tun, dass Gäste kommen, sich wohlfühlen und gesund bleiben.
Bundesministerin Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger
Aber ich denke, dass uns das speziell mit der Mehrwertsteuersenkung gelungen ist, dass den Betrieben, die Umsätze machen, etwas bleibt und sie die fehlende Zeit kompensieren können. Und jenen, denen die Geschäftsgrundlage gänzlich fehlt, mit Maßnahmen wie Fixkostenzuschuss, Kurzarbeit und vielen steuerlichen Entlastungen unter die Arme zu greifen. Die Bilanz für den Sommer ist durchwachsen. Zum Teil war es besser als erwartet. Wir haben heuer so etwas wie Gunstlagen gesehen. Wenn du deinen Betrieb irgendwo in der Nähe eines Sees hast, warst du einer der glücklichen Corona-Gewinner, weil die Urlauber genau das gesucht haben. Auch unsere Almen und Bergregionen waren ausgebucht. Das hat es in der Stadt leider so gut wie nicht gegeben. Die Städtehotellerie ist wirklich maximal betroffen. Internationale Gäste fehlen, Großveranstaltungen fehlen, Konzerte fehlen, Sportereignisse fehlen, Kongresse und Messen können im Herbst nicht im gewohnten Umfang stattfinden. Und speziell da versuchen wir, den Betrieben zu helfen.
Gibt es da schon konkrete Pläne, wie man dem Städtetourismus unter die Arme greifen könnte?
Köstinger: Wir haben vor Kurzem eine zweite Phase des Fixkostenzuschusses beschlossen. Dem sind viele Gespräche mit dem Finanzministerium, aber natürlich auch mit der Branche selbst vorausgegangen. Es betrifft ja nicht nur die Stadthotellerie, sondern auch Reisebüros, Busreiseveranstalter oder die Eventbranche. Es ist so ein breites Feld an Personen, denen jetzt die Geschäftsgrundlage fehlt – für die haben wir beschlossen, dass der Fixkostenzuschuss verlängert und ausgeweitet wird, damit sie auch wirklich 100 Prozent ihrer Fixkosten ersetzt bekommen, um sie sozusagen auch winterfest zu machen und über diese schwierige Zeit zu bringen.
Es ist ein neues Pandemiegesetz in Arbeit. Begriffe wie Gästeregistrierung und Corona-Ampel sind dabei große Themen. Worauf müssen sich Gastronomen und Hoteliers in den nächsten Wochen und Monaten einstellen?
Köstinger: Für uns, die Bundesregierungen und alle Verantwortlichen hat es oberste Priorität, dass wir keinen zweiten Shutdown erleben. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Wir müssen die Infektionszahlen so gering wie möglich halten, damit ein gesellschaftliches Leben und die damit verbundene Wirtschaft weiterhin erhalten bleiben. Und da braucht es Rahmenbedingungen. Die steigenden Infektionszahlen der letzten Wochen passierten vor allem im familiären Umfeld. Dazu kommen natürlich viele Reiserückkehrer. Wir versuchen, mit der Corona-Ampel ein maßgeschneidertes Konzept zu schaffen. Dort, wo wenig Infektionen sind, gelten die allgemeinen Regeln wie Abstandhalten, Mund-Nasen-Schutz und Händewaschen. Darüber hinaus erarbeitet das Gesundheitsministerium weitere Schritte, was passieren soll, wenn die Infektionszahlen weiterhin zunehmen. Mit diesem Weg wollen wir die Gesundheit wahren und trotzdem das Wirtschaften möglich machen.
Der Wintertourismus ist ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor für Österreich. Gibt es schon Pläne, wie ein sicherer und wirtschaftlich erfolgreicher Winter aussehen könnte?
Köstinger: An dieser Stelle möchte ich zuerst ein großes Danke an die Betriebe, an die Gastronomen, an die Hoteliers sagen, die sich tagtäglich mit eigenen Ideen und Konzepten melden, wie man sicher durch diese Zeit kommt. Ich kenne keine andere Branche, die von sich aus bereit ist, so viel dafür zu tun, dass Gäste kommen, sich wohlfühlen und gesund bleiben. Die Corona-Ampel wird natürlich entscheidend sein, der Mund-Nasen-Schutz auch, wo der Abstand nicht einzuhalten ist. Weiters haben wir mit der Initiative sichere-gastfreundschaft.at eine Plattform geschaffen, auf der sich Mitarbeiter gratis und präventiv testen lassen können. Das ist ein einmaliges Angebot, das vor allem im Herbst und Winter, wenn es darum geht, wieder mehr drinnen zu sein, extrem wichtig ist, um Sicherheit gewährleisten zu können. Dadurch wollen wir Cluster-Bildungen vermeiden, Infektionen ganz schnell finden, damit die Betriebe weiterarbeiten können und nicht schließen müssen.
Für uns hat es oberste Priorität, dass wir keinen zweiten Shutdown erleben.
Bundesministerin Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger
Es ist kein großes Geheimnis, dass es zu fortgeschrittener Stunde zunehmend schwierig wird, Gästen beispielsweise das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorzuschreiben. Wäre es auch eine Möglichkeit, Gäste mit Strafen mehr in die Pflicht zu nehmen, damit nicht die ganze Verantwortung bei den Betreibern bleibt?
Köstinger: Es kann nicht funktionieren, wenn man die gesamte Verantwortung dem Unternehmer umhängt. Wir haben von Beginn der ersten Lockerungen auf das Thema Eigenverantwortung gepocht. Der Lokalbetreiber muss natürlich dafür sorgen, dass Gäste den Abstand einhalten können und zu einem gewissen Grad auch für die Einhaltung sorgen, aber was jeder einzelne macht, liegt in seiner Eigenverantwortung.
Inwiefern wird die Coronakrise den heimischen, aber auch den globalen Tourismussektor nachhaltig verändern?
Köstinger: Ich bin stets im intensiven Austausch mit der Welt-Tourismus-Organisation sowie mit lokalen Betreibern. Die internationale Reisefreiheit bleibt eingeschränkt. Das ist vollkommen klar. Wir sehen auch, dass der Wunsch, Fernreisen zu machen, derzeit nicht da ist. Sieben Stunden mit einer Maske im Flugzeug zu sitzen, ist wenig attraktiv und jeder hat im Hinterkopf, was passiert, wenn ich mich weit weg von zu Hause infiziere. Darum versuchen wir seitens der Politik mit einem starken und klaren Bekenntnis zur heimischen Gastronomie, Hotellerie sowie der gesamten Tourismus- und Urlaubsbranche, die Betriebe durch diese schwierige Zeit zu bringen. Wir müssen aber dennoch lernen, mit dieser Situation umzugehen und das Beste daraus zu machen. Den Kopf niemals in den Sand stecken. Und es ist schön zu sehen, wie kreativ und motiviert die Branche in Österreich dafür kämpft, Sicherheit zu gewährleisten, um ihre Gäste glücklich zu machen. Und darum bin ich mir sicher, dass wir es gemeinsam durch diese schwierige Zeit schaffen werden.