Mut zur Reduktion

Tom Riederer hat sich in einem Pfarrhof seinen kulinarischen Garten Eden gebaut und setzt auf das Businessmodell „Locker vom Hocker“.
November 13, 2015

Tom Riederer Fotos: Monika Reiter

Satte 1,5 Millionen Euro hat Tom Riederer in den etwa 250 Jahre alten Pfarrhof samt Wirtschaftsgebäude investiert. Doch wer glaubt, dass der steirische Koch aufgrund dieser hohen Summe mit feuerrotem Kopf gestresst durch die Gegend flitzt, irrt. Riederer ist die Ruhe in Person und wirkt entspannt wie ein Eierschwammerl im Mischwald. „Wir sind hier angekommen und zufrieden. Unser Ziel lautet jetzt nur mehr, dass dieser Zustand auch bei unseren Gästen eintritt“, erklärt er sein relaxtes Geschäftsmodell.
Der Spitzenkoch hat sich nämlich zum Ziel gesetzt, durch Entschleunigung mehr Lebensqualität für sich und seine Frau Katharina zu schaffen. Und sieht man sich das paradiesische Refugium im südsteirischen St. An-drä im Sausal an, versteht man sofort, was sich die beiden bei ihrer Lebensplanung gedacht haben. Man erlebt in diesem Business ja viele tolle Locations, aber hierbei muss man neidlos anerkennen, dass die Riederers das derzeit wahrscheinlich imposanteste Restaurant der Steiermark besitzen. Mit kleinem Hotel, Weinkeller (720 Positionen), riesiger Holzterrasse aus einer alten Weinpresse sowie Kräuter-, Gemüse- und Weingarten. Hier rettet einen schon rein das Ambiente aus den Klauen des Alltags. Ganz zu schweigen von der mutig experimentellen Regionalküche, die Riederer seinen Gästen anscheinend so ganz nebenbei aus dem talentierten Ärmel schüttelt.
Drei Hauben, 17 Punkte. Das war die Auszeichnung, die der Gault Millau dem Autodidakten in der Ausgabe 2014 vor dem Umzug bescheinigte. Umso imposanter erscheint diese Leistung, recherchiert man die bisherige Karriere des Steirers: Nachdem er 15 Jahre lang im öffentlichen Dienst, bei der Baudirektion, tätig gewesen war, hat er eines Tages im Jahr 2005 beschlossen, Gastronom zu werden. „Ich wollte mich damals selbständig machen, quasi Wirt spielen, um reich zu werden. Reich bin ich zumindest an Erfahrungen geworden“, lacht Riederer über seine Zeit in Leutschach.
Als er sich von seinem damaligen Koch wegen Unstimmigkeiten trennte, machte er sich einfach selbst daran, Kochbücher zu studieren, um mittels Do-it-yourself-Training die kulinarische Elite des Landes zu schockieren. „Natürlich habe ich auch Stages bei tollen Köchen absolviert, aber eine der wichtigsten Grundlagen für all meine Kreationen war und ist bestimmt nach wie vor das ‚St. Martiner Kochbuch‘.“ Und genau diese Bescheidenheit charakterisiert die Linie Riederers am besten: eine Anti-Mainstream-Küche, wie er dazu sagt. Emotional, individuell, wild, verspielt, revolutionär und altmodisch.
Mittlerweile ist er für seinen polarisierenden Küchenstil bis weit über die steirischen Grenzen hinaus bekannt. Auch im historischen Pfarrhof gibt es nämlich keine Speisekarte. Das Küchenteam kreiert für maximal 26 Gäste das gleiche Menü. Bis zu vier Stunden genießen Gourmets Toms Kochkünste. Ein Abend in St. Andrä kann dann unter Umständen solch geniale Kreationen beinhalten: „Rote Rübe mit grüner Nuss und Orange zu Beef Tatar“, „Runde Zunge – Knödelchen aus faschierter Lamm- und Kalbszunge“, „Ernte von heute – geschmorte Gemüse aus dem Garten“ oder „Zartsäuerliches al dente Hühner-Beuschl mit gebackenem Hahnenkamm“.
Insgesamt vier Leute plus Abwäscherin sind in seinem Team und von Mittwoch bis Samstag ab 19 Uhr im Einsatz. Sonntags gibt es von 9 bis 13 Uhr ein serviertes Brunchfrühstück um wohlfeile 38,50 Euro. „Von Anfang an war klar, dass wir uns mit dem Umzug das Geschäft so richten wollen, dass man auch noch Lebensqualität hat. Aufgrund dieser relaxten Arbeitszeiten hetzen wir nicht am letzten Zacken in der Gegend herum und das spüren auch unsere Gäste!“ Qualität durch Reduktion heißt das im Riederer’schen Kulinarikuniversum.
Und dieses Konzept funktioniert. Tag für Tag ist das T.O.M.R im Pfarrhof nahezu restlos ausverkauft. Ob das neue Reich auch wieder an alte Gourmetführererfolge wird anschließen können, bereitet dem Querdenker noch kein Kopfzerbrechen: „Wir haben nie verbissen auf irgendwelche Bewertungen hingearbeitet. Für mich stimmt derzeit die Richtung und das bestätigen auch die ersten Rückmeldungen!“ Warum jedoch bestimmte österreichische Kulinarikinstitutionen von den Machern des gelben Gourmetratgebers nach wie vor mit Samthandschuhen angegriffen werden, will nicht so recht in den kreativen Kopf des Kochs. Vielmehr freut er sich da schon über die Erfolge seines jungen Kollegen Harald Irka, der ebenfalls mit großer Leichtigkeit Geniales vollbringt.
Und bevor er sich daran macht, seine eigenen Schafe, die neben dem großzügigen Gemüsegarten grasen, zu versorgen, macht er abschließend noch einmal unmissverständlich klar: „Ich will locker!“ Spaß an der Arbeit und Zeit zur Selbstreflexion sind laut Riederer die wichtige Basis, um auch langfristig Erfolg zu haben.

www.tomr.at

Tom Riederer Fotos: Monika Reiter

Satte 1,5 Millionen Euro hat Tom Riederer in den etwa 250 Jahre alten Pfarrhof samt Wirtschaftsgebäude investiert. Doch wer glaubt, dass der steirische Koch aufgrund dieser hohen Summe mit feuerrotem Kopf gestresst durch die Gegend flitzt, irrt. Riederer ist die Ruhe in Person und wirkt entspannt wie ein Eierschwammerl im Mischwald. „Wir sind hier angekommen und zufrieden. Unser Ziel lautet jetzt nur mehr, dass dieser Zustand auch bei unseren Gästen eintritt“, erklärt er sein relaxtes Geschäftsmodell.
Der Spitzenkoch hat sich nämlich zum Ziel gesetzt, durch Entschleunigung mehr Lebensqualität für sich und seine Frau Katharina zu schaffen. Und sieht man sich das paradiesische Refugium im südsteirischen St. An-drä im Sausal an, versteht man sofort, was sich die beiden bei ihrer Lebensplanung gedacht haben. Man erlebt in diesem Business ja viele tolle Locations, aber hierbei muss man neidlos anerkennen, dass die Riederers das derzeit wahrscheinlich imposanteste Restaurant der Steiermark besitzen. Mit kleinem Hotel, Weinkeller (720 Positionen), riesiger Holzterrasse aus einer alten Weinpresse sowie Kräuter-, Gemüse- und Weingarten. Hier rettet einen schon rein das Ambiente aus den Klauen des Alltags. Ganz zu schweigen von der mutig experimentellen Regionalküche, die Riederer seinen Gästen anscheinend so ganz nebenbei aus dem talentierten Ärmel schüttelt.
Drei Hauben, 17 Punkte. Das war die Auszeichnung, die der Gault Millau dem Autodidakten in der Ausgabe 2014 vor dem Umzug bescheinigte. Umso imposanter erscheint diese Leistung, recherchiert man die bisherige Karriere des Steirers: Nachdem er 15 Jahre lang im öffentlichen Dienst, bei der Baudirektion, tätig gewesen war, hat er eines Tages im Jahr 2005 beschlossen, Gastronom zu werden. „Ich wollte mich damals selbständig machen, quasi Wirt spielen, um reich zu werden. Reich bin ich zumindest an Erfahrungen geworden“, lacht Riederer über seine Zeit in Leutschach.
Als er sich von seinem damaligen Koch wegen Unstimmigkeiten trennte, machte er sich einfach selbst daran, Kochbücher zu studieren, um mittels Do-it-yourself-Training die kulinarische Elite des Landes zu schockieren. „Natürlich habe ich auch Stages bei tollen Köchen absolviert, aber eine der wichtigsten Grundlagen für all meine Kreationen war und ist bestimmt nach wie vor das ‚St. Martiner Kochbuch‘.“ Und genau diese Bescheidenheit charakterisiert die Linie Riederers am besten: eine Anti-Mainstream-Küche, wie er dazu sagt. Emotional, individuell, wild, verspielt, revolutionär und altmodisch.
Mittlerweile ist er für seinen polarisierenden Küchenstil bis weit über die steirischen Grenzen hinaus bekannt. Auch im historischen Pfarrhof gibt es nämlich keine Speisekarte. Das Küchenteam kreiert für maximal 26 Gäste das gleiche Menü. Bis zu vier Stunden genießen Gourmets Toms Kochkünste. Ein Abend in St. Andrä kann dann unter Umständen solch geniale Kreationen beinhalten: „Rote Rübe mit grüner Nuss und Orange zu Beef Tatar“, „Runde Zunge – Knödelchen aus faschierter Lamm- und Kalbszunge“, „Ernte von heute – geschmorte Gemüse aus dem Garten“ oder „Zartsäuerliches al dente Hühner-Beuschl mit gebackenem Hahnenkamm“.
Insgesamt vier Leute plus Abwäscherin sind in seinem Team und von Mittwoch bis Samstag ab 19 Uhr im Einsatz. Sonntags gibt es von 9 bis 13 Uhr ein serviertes Brunchfrühstück um wohlfeile 38,50 Euro. „Von Anfang an war klar, dass wir uns mit dem Umzug das Geschäft so richten wollen, dass man auch noch Lebensqualität hat. Aufgrund dieser relaxten Arbeitszeiten hetzen wir nicht am letzten Zacken in der Gegend herum und das spüren auch unsere Gäste!“ Qualität durch Reduktion heißt das im Riederer’schen Kulinarikuniversum.
Und dieses Konzept funktioniert. Tag für Tag ist das T.O.M.R im Pfarrhof nahezu restlos ausverkauft. Ob das neue Reich auch wieder an alte Gourmetführererfolge wird anschließen können, bereitet dem Querdenker noch kein Kopfzerbrechen: „Wir haben nie verbissen auf irgendwelche Bewertungen hingearbeitet. Für mich stimmt derzeit die Richtung und das bestätigen auch die ersten Rückmeldungen!“ Warum jedoch bestimmte österreichische Kulinarikinstitutionen von den Machern des gelben Gourmetratgebers nach wie vor mit Samthandschuhen angegriffen werden, will nicht so recht in den kreativen Kopf des Kochs. Vielmehr freut er sich da schon über die Erfolge seines jungen Kollegen Harald Irka, der ebenfalls mit großer Leichtigkeit Geniales vollbringt.
Und bevor er sich daran macht, seine eigenen Schafe, die neben dem großzügigen Gemüsegarten grasen, zu versorgen, macht er abschließend noch einmal unmissverständlich klar: „Ich will locker!“ Spaß an der Arbeit und Zeit zur Selbstreflexion sind laut Riederer die wichtige Basis, um auch langfristig Erfolg zu haben.

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Seeforelle aus dem Rauchöl mit Rüben und Rübeneis

Seeforelle
aus dem Rauchöl mit Rüben und Rübeneis

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