Mit Ruhepuls und Risiko
Fotos: Monika Reiter
Ibiza Sounds, Blitzlichter, rasselnde Eiswürfel im Cocktailshaker, die Elite der europäischen Barkultur auf einem Fleck und mittendrin Andi Trattner. Ein Steirer, von seinem Arbeitsplatz auf den Cayman Islands eingeflogen, um in Klagenfurt den IWCC (International Wörthersee Cocktail Cup) zu rocken. Mit der Ruhe eines Zen-Mönchs und der Behändigkeit eines jonglierenden Feuerschluckers richtet er seinen „Treasure of San Juan“. Bacardi Reserva Applewood smoked, Cointreau, Limettensaft und gehackter Koriander, die sich im funkelnden Kristallbecher auf einer eigens konstruierten Drehscheibe in einer Schatzkiste drehen. Der Fluch der Karibik lässt grüßen. Mit Nachdruck. Denn die Jury beeindruckt nicht nur die raffinierte Aromenabstimmung des Karibikgrußes, sondern insbesondere Trattners Professionalität. Jede Bewegung sitzt, jede Erklärung hat Hand und Fuß. Am Ende der Präsentation weiß jeder, worum es bei Andreas Trattners Cocktail geht und was genau die Jury vor sich im Glas hat. Und das mit einer Ruhe demonstriert, die ansteckt. Das Gewusel der übrigen Competition-Teilnehmer, die Presse, die strengen Blicke der Jury: All das lässt den gebürtigen Grazer Andreas Trattner kalt. Kein Wunder. Denn der 36-Jährige hat bereits viel gesehen. So schnell bringt den Elite-Barmann nichts aus der Ruhe.
Austria goes America
Obwohl, erlernt hat Andreas Trattner eigentlich den Installateurberuf. Zum Glück für alle Cocktail- und Barfreunde hat sich Trattner davon aber nicht abhalten lassen, in seiner wahren Berufung tätig zu werden. Trattner: „Mein Stiefvater wollte unbedingt, dass ich einen Handwerksberuf erlerne.“ Das hat der Grazer auch getan. „Allerdings habe ich immer schon nebenbei hinter der Bar gejobbt.“ Nach Abschluss der Lehre kam dann der schicksalhafte Anruf seines damaligen Mentors Silvester, des Geschäftsführers der kultigen Grazer Innenstadtbar Poco Loco, was übersetzt so viel bedeutet wie „ein bisschen verrückt“.
„Im Poco Loco habe ich mich zum ersten Mal mit Flavour Barkeeping beschäftigt und schließlich beschlossen,…
Fotos: Monika Reiter
Ibiza Sounds, Blitzlichter, rasselnde Eiswürfel im Cocktailshaker, die Elite der europäischen Barkultur auf einem Fleck und mittendrin Andi Trattner. Ein Steirer, von seinem Arbeitsplatz auf den Cayman Islands eingeflogen, um in Klagenfurt den IWCC (International Wörthersee Cocktail Cup) zu rocken. Mit der Ruhe eines Zen-Mönchs und der Behändigkeit eines jonglierenden Feuerschluckers richtet er seinen „Treasure of San Juan“. Bacardi Reserva Applewood smoked, Cointreau, Limettensaft und gehackter Koriander, die sich im funkelnden Kristallbecher auf einer eigens konstruierten Drehscheibe in einer Schatzkiste drehen. Der Fluch der Karibik lässt grüßen. Mit Nachdruck. Denn die Jury beeindruckt nicht nur die raffinierte Aromenabstimmung des Karibikgrußes, sondern insbesondere Trattners Professionalität. Jede Bewegung sitzt, jede Erklärung hat Hand und Fuß. Am Ende der Präsentation weiß jeder, worum es bei Andreas Trattners Cocktail geht und was genau die Jury vor sich im Glas hat. Und das mit einer Ruhe demonstriert, die ansteckt. Das Gewusel der übrigen Competition-Teilnehmer, die Presse, die strengen Blicke der Jury: All das lässt den gebürtigen Grazer Andreas Trattner kalt. Kein Wunder. Denn der 36-Jährige hat bereits viel gesehen. So schnell bringt den Elite-Barmann nichts aus der Ruhe.
Austria goes America
Obwohl, erlernt hat Andreas Trattner eigentlich den Installateurberuf. Zum Glück für alle Cocktail- und Barfreunde hat sich Trattner davon aber nicht abhalten lassen, in seiner wahren Berufung tätig zu werden. Trattner: „Mein Stiefvater wollte unbedingt, dass ich einen Handwerksberuf erlerne.“ Das hat der Grazer auch getan. „Allerdings habe ich immer schon nebenbei hinter der Bar gejobbt.“ Nach Abschluss der Lehre kam dann der schicksalhafte Anruf seines damaligen Mentors Silvester, des Geschäftsführers der kultigen Grazer Innenstadtbar Poco Loco, was übersetzt so viel bedeutet wie „ein bisschen verrückt“.
„Im Poco Loco habe ich mich zum ersten Mal mit Flavour Barkeeping beschäftigt und schließlich beschlossen, beruflich komplett ins Bargeschäft zu wechseln.“ Es folgten Stationen in Wien und Graz, bis Andreas Trattner eines Tages selbst Geschäftsführer der Poco Loco Bar werden sollte. „Das waren grandiose und lehrreiche Jahre, die ich niemals missen möchte.“ Trotzdem zog es den Steirer Ende 2006 doch in die Ferne. Über den großen Teich. Trattner: „Ich wusste, wenn ich jetzt nicht gehe, dann war’s das.“ Und so begann Trattners Tour d’America. Startpunkt: Cayman Islands. Nach zwei Jahren Karibik folgten zwei Jahre im winterlichen Beaver Creek sowie in Aspen. Miami, San Diego und schließlich wieder für einige Zeit die Cayman Islands finden sich ebenso auf der beruflichen Reiseroute Trattners. „Aus jedem Job habe ich viel mitgenommen. Auch ist die Cocktailkultur in Amerika ganz anders. Generell haben es mir die Mentalität und das Ambiente in Kalifornien angetan.“ Trotzdem: Seit November 2014 ist Trattner wieder in die Heimat zurückgekehrt. Mit einer ganz neuen Mission, an der Seite des amtierenden Cocktail World Champions Mario Hofferer. Kennengelernt haben sich die beiden schon zu Trattners Poco-Loco-Zeiten.
Die Zeit der Nachtclubs ist vorbei.
„Gerade befinden wir uns mitten im Umzug ins neue Headquarter von Mario-Hofferer-Cocktail-Entertainment in Klagenfurt.“ Kurse und Schulungen für Profis wie auch für Privatpersonen wird es geben. Natürlich nicht ohne die obligatorische Bar, in der das neu Erlernte in die Praxis umgesetzt wird, sowie das Labor, in dem an neuen Techniken und Kreationen getüftelt wird. Im Team von Mario Hofferer ist Andreas Trattner für die Qualitätssicherung, interne Schulungen der Mitarbeiter sowie für den Aufbau der Ausbildungskomponente verantwortlich. „Wir wollen eng mit Hotelfachschulen zusammenarbeiten und so Talenten einen echten Karrierepfad im Barsegment bieten.“ Denn bis dato gibt es keine dezidierte Ausbildung zum professionellen Bartender in Österreich. „Wenn du heutzutage als Bartender arbeiten willst, kannst du dich nur als Commis in einer berühmten Bar bewerben und hoffen, dass dir dort auch etwas gezeigt wird“, so der Top-Bartender, der noch besagten althergebrachten Weg gehen musste.
Das soll mit dem Kursangebot des MH-Cocktail-Entertainments in Klagenfurt ab Ende März dieses Jahres anders werden. Auf höchstem Niveau. Trattner: „Ich freue mich besonders darauf, im Labor neue Dinge auszuprobieren. Küche und Bar müssen viel enger zusammenarbeiten. Hier bleibt bis dato unglaublich viel Potenzial liegen.“ Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass das neueste Schmuckstück im MH-Labor ein Rotationsverdampfer ist. In der High-End-Gastronomie bereits etabliert, fasst er nun auch in der modernen Barkunst Fuß. „Von der Avantgarde-Küche schauen wir uns viel ab. Sous-vide, Texturgeber und auch Rotationsverdampfer sollen zur gelebten Praxis, auch hinter der Bar, werden.“ Im Labor werden also in Kürze Aromen extrahiert, destilliert und auf neue Art und Weise kombiniert. „Mit dem Rotationsverdampfer kann eine Garniturorange plötzlich nach Thymian schmecken. Und Eis verändert mithilfe avantgardistischer Techniken mit dem Schmelzungsgrad seinen Geschmack.“ Abgesehen davon sind es aber auch ganz klassische Werte, die Andreas Trattner und sein Team in Zukunft vermitteln werden. „Wer als Bartender Erfolg haben will, muss vor allem genau sein. Bei der Reinlichkeit angefangen über die Organisation bis hin zur Warenkunde.“ Nur wenn man wisse, mit welchen Produkten und Spirituosen man es zu tun habe, könne man diese auch richtig kombinieren und verkaufen, erklärt der Steirer weiter. „Und Stress macht man sich sowieso immer selbst. Wenn du richtig organisiert bist, dann kommt es erst gar nicht dazu“, so der Routinier. Organisation, Warenkunde und natürlich Spaß an der Arbeit: ein Mix, der überzeugt. Unter anderem auch die Jury des International Wörthersee Cocktail Cups 2014. Denn hier holte Andreas Trattner, damals noch Barchef im Ritz Carlton Cayman Islands, den Titel. Wie schön, dass der Heimkehrer seine Erfolgsgeheimnisse nun bald an engagierte Bartalente in Österreich weitergeben wird.
Bittersüße Harmonie:
Orange, Vodka und Ascorbin-Säure: Viel mehr braucht Andreas Trattner nicht, um daraus eine aromatische Sinfonie aus bitteren und süßen Noten zu komponieren. Ein trinkbarer Ohrwurm, Part 1.