Legenden: Marie-Antoine Carême
Gründervater der Haute Cuisine
Heute würde man Marie-Antoine Carême wahrscheinlich als Selfmademan bezeichnen, als einen Mann mit einer Bilderbuchkarriere, einem Aufstieg frei nach dem Motto „Vom Tellerwäscher zum Millionär“. Der Franzose war einer der ersten Köche, die gefeiert wurden, wie es zu seiner Zeit sonst nur Künstlern vorbehalten war. Sein Name wird heute in einem Atemzug mit Kochlegenden wie François-Pierre de la Varenne, Fernand Point oder Paul Bocuse genannt.
Geboren im Jahr 1784 in Paris, der Hochburg der Gastronomie und Feinschmecker jener Zeit, war sein Start ins Leben kein leichter. Benannt zu Ehren Marie Antoinettes, der damaligen Königin von Frankreich, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen mit mindestens 14 Geschwistern auf und lernte schon früh den sogenannten Ernst des Lebens kennen.
Bereits im zarten Alter von zehn Jahren arbeitete er als Hilfskraft in der Küche einer Gaststätte, damit sich die Familie über Wasser halten konnte. Nach einer Ausbildung zum Koch und Konditor begann er mit 15, für den renommierten Pariser Konditor Sylvain Bailly zu arbeiten. Baillys Kundschaft war genauso namhaft wie seine Pâtisserie: Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, einer der bekanntesten Staatsmänner Frankreichs, zählte zu seinen besten Kunden.
An Baillys Seite wurde Carême immer mehr in die kulinarische Szene Paris’ eingeführt und machte wichtige Bekanntschaften, die seine Zukunft prägen sollten. Im Jahr 1803 wagte Carême den großen Schritt: Er eröffnete seine eigene Konditorei in der Rue de la Paix, die er zehn Jahre lang erfolgreich führte.
In dieser Zeit war er für viele Personen mit Rang und Namen tätig, nicht nur in Paris, sondern in ganz Europa. Er heuerte auch als persönlicher Chefkonditor von Talleyrand-Périgord an, den er über seinen früheren Arbeitgeber Bailly kennengelernt hatte. Zu seinen weiteren Brötchengebern zählten keine Geringeren als Napoleon Bonaparte, der russische Zar Alexander I., der britische König George IV. oder Kaiser Franz I. von Österreich.
Speisen à la Carême
Carêmes Rezepte und Kreationen waren in aller Munde: Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Essen einen so hohen Stellenwert im Leben der Menschen in Paris eingenommen, dass es womöglich das am meisten diskutierte Thema war. Carême war es wert, ein kleines Vermögen für seine Kochkünste auszugeben.
Er richtete das Bankett für die Hochzeit Napoleons mit Marie-Louise von Österreich aus und kreierte auch deren Hochzeitstorte. Seine Dienste waren auch außerhalb der Grenzen Frankreichs heiß begehrt: Er richtete unter anderem opulente Festmähler für den russischen Zaren aus, von denen in ganz Europa die Rede war. Er gilt als Begründer der französischen Haute Cuisine und hat zahlreiche neue Gerichte und Saucen kreiert. Auch das Aussehen der klassischen Kochmützen und die bis heute gültige Ordnung des Tischgedecks gehen auf ihn zurück.
Carême hat außerdem mehrere Bücher geschrieben, in denen er Rezepte, Menüpläne und seine Küchenphilosophie teilte. Auch fast zwei Jahrhunderte nach seinem Tod – er starb im Jahr 1833 in Paris – ist sein Beitrag für die Ausprägung der klassischen französischen Küche noch immer ein wesentlicher.