Legende: Deutschlands erster Fernsehkoch, Clemens Wilmenrod
Ein Mann mit Schnurrbart setzt theatralisch ein glänzendes Küchenmesser an seine eigene Brust. Ernst blickt er in die Kamera, die Szene wird live und schwarzweiß in Deutschlands Wohnzimmer übertragen – das öffentliche Fernsehen ist zu dieser Zeit ein Novum, Menschen verfolgen es gebannt.
Ein Mann mit Schnurrbart setzt theatralisch ein glänzendes Küchenmesser an seine eigene Brust. Ernst blickt er in die Kamera, die Szene wird live und schwarzweiß in Deutschlands Wohnzimmer übertragen – das öffentliche Fernsehen ist zu dieser Zeit ein Novum, Menschen verfolgen es gebannt.
„Ich behaupte, die gefüllte Erdbeere ist eine Erfindung von mir“, ertönt die glasklare Stimme. „Sollte jemand sonst auf der Kruste dieses Planeten schon mal eine gefüllte Erdbeere gesehen oder gar gegessen haben, melde er sich sofort. In diesem Augenblick wird dieses blitzende Ding in mein armes Herz hineinfahren“, verkündet er, der erste Fernsehkoch Deutschlands, Clemens Wilmenrod, der eigentlich Hahn heißt, und gar kein gelernter Koch, sondern Schauspieler ist.
Und seine große Innovation, die gefüllte Erdbeere? Ein nahezu lächerlich einfaches Rezept: Man nehme eine Erdbeere und stecke eine Mandel hinein – et voilà. Wilmenrod war bekannt für simple Zubereitungen wie diese, die er mit beeindruckender Wortgewandtheit auszuschmücken wusste. Zu seinen weiteren Erfindungen soll der Toast Hawaii gehören, der das Land wie im Sturm erobert hat.
„Stell dir vor, dieses Biest wäre ein Omelett gewesen!“
Jahre zuvor wusste der Schauspieler, dessen Karriere nach dem Krieg ins Stocken geraten war, noch nichts vom Kochen. Auf Jobsuche landete er beim NWDR. Als er im Fernsehen einen Forscher sah, der mit einer Schlange hantierte, sprühte Wilmenrod vor Begeisterung und sagte zu seiner Frau: „Stell dir vor, dieses Biest wäre ein Omelett gewesen“ – die Idee für eine Kochsendung war geboren. Und schlug ein.
Hätte es damals Influencer gegeben, er wäre einer gewesen: Kocht Wilmenrod Kabeljau, ist der Fisch am nächsten Tag im ganzen Land ausverkauft, hieß es.
„Don Clemente“, so später sein Spitzname, musste nach 185 Folgen aufhören – ihm wurden Schleichwerbung, Hochstaplerei und Rezepteklau vorgeworfen, auch an der Genese des Schinkentoasts mit Ananas gibt es seither Zweifel.
Schließlich erkrankte er und nahm sich das Leben. Dass ihm Jahrzehnte später TV-Starköche wie Lafer, Henssler oder Mälzer, denen er in gewisser Weise den Weg bereitet hat, Tribut zollen, indem sie vor Millionenpublikum ihren eigenen Toast Hawaii machen würden, wird er nie erfahren. Und umgekehrt wir nicht, ob seine Geschichte über die gefüllte Erdbeere wirklich stimmt. Trotz allem: Sein TV-Vermächtnis kann ihm niemand absprechen.