Jan Hartwig: Kulinarischer Hardliner
Niemals Koch – oder doch?
Nachdem Jan Hartwig als 15-Jähriger im Schülerpraktikum 5000 Mettklößchen drehen musste, war die Motivation, Koch zu werden doch eher gering. 20 Jahre später ist er einziger Dreisterner in München und gehört zur Elite der deutschen Gastro-Szene.
Frei schnauze erzählt der ehemalige Sven-Elverfeld-Sous-Chef von seinem Tagebuch, der Konkurrenz und davon, warum regionalität überschätzt wird.
Ihre Küche kommt an. Das sieht man nicht zuletzt an dem dritten Michelin-Stern. Wie kocht Jan Hartwig?
Jan Hartwig: Für mich war es nie der Weg, nur deutsche Produkte zu verwenden. Genauso wenig interessiere ich mich dafür, was andere tun. Klar bin ich informiert, aber ich will nichts kopieren, sondern mein eigenes Ding machen. Ich koche das, was mir schmeckt. Punkt. Ob das jetzt besonders deutsch, bayerisch oder sonst etwas ist, ist mir dabei egal.
Geschmack steht also im Mittelpunkt. Was schmeckt Ihnen?
Hartwig: Gerichte, die ich serviere, schmecken mir. Mir schmecken viele andere Gerichte auch. Ich kann wohl eher beantworten, was mir nicht schmeckt: Blumenkohl. Auch ohne Blumenkohl haben Sie es in die 3-Sterne-Riege geschafft.
Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie es erfahren haben?
Hartwig: Großartig. Ich habe es einen Tag vorher erfahren, war gerade mit einem Freund etwas essen. Ein unbeschreibliches Gefühl. Es war mein Ziel, jeden Tag gute Arbeit abzuliefern. Trotzdem ist diese Art der Gastronomie eine Art Wettbewerb – nicht gegenüber Kollegen, sondern durch die Bewertung von Gästen. Ich muss wirtschaftlich arbeiten. Außerdem steht die gehobene Gastronomie unter Beobachtung der Guides. Das Maß aller Dinge ist für mich dabei der Guide Michelin. Wenn man sich diesem Wettbewerb stellt, ist es meiner Meinung nach ein ganz normales Ziel, so gut wie möglich zu sein. Wenn man dann das erste Turnier gewinnt, hier aufsteigt und da ausgezeichnet wird, dann strebt man schon die nächste Hürde oder den nächsten Stern an.
Niemals Koch – oder doch?
Nachdem Jan Hartwig als 15-Jähriger im Schülerpraktikum 5000 Mettklößchen drehen musste, war die Motivation, Koch zu werden doch eher gering. 20 Jahre später ist er einziger Dreisterner in München und gehört zur Elite der deutschen Gastro-Szene.
Frei schnauze erzählt der ehemalige Sven-Elverfeld-Sous-Chef von seinem Tagebuch, der Konkurrenz und davon, warum regionalität überschätzt wird.
Ihre Küche kommt an. Das sieht man nicht zuletzt an dem dritten Michelin-Stern. Wie kocht Jan Hartwig?
Jan Hartwig: Für mich war es nie der Weg, nur deutsche Produkte zu verwenden. Genauso wenig interessiere ich mich dafür, was andere tun. Klar bin ich informiert, aber ich will nichts kopieren, sondern mein eigenes Ding machen. Ich koche das, was mir schmeckt. Punkt. Ob das jetzt besonders deutsch, bayerisch oder sonst etwas ist, ist mir dabei egal.
Geschmack steht also im Mittelpunkt. Was schmeckt Ihnen?
Hartwig: Gerichte, die ich serviere, schmecken mir. Mir schmecken viele andere Gerichte auch. Ich kann wohl eher beantworten, was mir nicht schmeckt: Blumenkohl. Auch ohne Blumenkohl haben Sie es in die 3-Sterne-Riege geschafft.
Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie es erfahren haben?
Hartwig: Großartig. Ich habe es einen Tag vorher erfahren, war gerade mit einem Freund etwas essen. Ein unbeschreibliches Gefühl. Es war mein Ziel, jeden Tag gute Arbeit abzuliefern. Trotzdem ist diese Art der Gastronomie eine Art Wettbewerb – nicht gegenüber Kollegen, sondern durch die Bewertung von Gästen. Ich muss wirtschaftlich arbeiten. Außerdem steht die gehobene Gastronomie unter Beobachtung der Guides. Das Maß aller Dinge ist für mich dabei der Guide Michelin. Wenn man sich diesem Wettbewerb stellt, ist es meiner Meinung nach ein ganz normales Ziel, so gut wie möglich zu sein. Wenn man dann das erste Turnier gewinnt, hier aufsteigt und da ausgezeichnet wird, dann strebt man schon die nächste Hürde oder den nächsten Stern an.
Wie sieht es neben den Sternen mit anderen Auszeichnungen aus?
Hartwig: Natürlich feier ich auch alle anderen Auszeichnungen, aber für mich ist der Guide Michelin der Restaurantführer, der über alle Landesgrenzen hinaus der etablierteste Indikator für ausgezeichnete Küche ist. Auch die Nominierung unter die Top 100 der World’s 50 Best Restaurants gehört zu dieser internationalen Wahrnehmung.
Hat sich mit dem dritten Stern Ihre Gästeklientel geändert?
Hartwig: Ja, es ist noch einmal internationaler geworden. Außerdem noch ausgebuchter. Im November ist wieder etwas frei. Das ist toll, aber auch nötig. Denn wir machen das hier nicht zum Zeitvertreib, wir müssen wirtschaftlich arbeiten.
Gehören Ihrer Meinung nach Kaviar, Fois gras und Trüffel zu einem 3-Sterne-Restaurant?
Hartwig: Für mich sind Lebensmittel nicht besser oder minderwertiger als andere. Natürlich möchte ich im Winter nicht auf weißen oder später schwarzen Trüffel verzichten, aber ich kann mich auf jedes saisonale Lebensmittel freuen. Ich finde einen Steinbutt nicht besser als eine Makrele oder eine Sardine oder einen Schweinebauch schlechter als ein Rinderfilet. Es gibt keine schlechten oder guten Produkte, nur schlechte Qualität.
Legen Sie wert auf Kennzeichnungen durch beispielsweise Bio-Zertifikate?
Hartwig: Ich bin in stetigem Kontakt mit meinen Lieferanten und weiß, welche Qualität sie liefern. Es sind nicht die Zertifikate entscheidend, sondern ob beispielsweise das Tier gut gelebt hat. Das schmeckt man auch ohne Zertifizierung.
Wie kreieren Sie neue Gerichte?
Hartwig: Manchmal habe ich schon Ideen oder Grundprodukte im Kopf, um die ich etwas kreieren möchte; Manchmal lasse ich mich von neuen Produkten meiner Lieferanten inspirieren. Ich wohne nur einen Steinwurf vom Viktualienmarkt entfernt – auch wenn ich nicht der romantischen Vorstellung eines Kochs entspreche, der jeden Tag dort einkauft, laufe ich gerne über den Markt und schaue, was es gibt, kaufe eine Tüte tolle Früchte und überlege mir dann ein Gericht.
Wie läuft die tatsächliche Entwicklung eines neuen Gerichts ab?
Hartwig: Die Idee entsteht im Kopf und dann geht es ans Ausprobieren. Ich glaube schon, dass ein Koch über ein gewisses Geschmacksgedächtnis verfügt, ähnlich wie ein Musiker. Aber du musst es trotzdem noch kochen, schmecken, riechen, fühlen. Ich habe noch nie etwas im Kopf zusammengebastelt, es so auf die Karte gesetzt und geschickt. Noch nie. Manchmal sind es dann Punktlandungen, manchmal feile ich mehrere Wochen daran. Dann schreibe ich alles auf. Ich habe Dutzende Heftchen hier liegen, in die ich alle meine Ideen, Schritte und Entwicklungen schreibe.
Seit wann führen Sie Ihr kulinarisches Tagebuch?
Hartwig: Seit dem zweiten Jahr meiner Ausbildung – also seit 18 Jahren. Es ist eine richtige Dokumentation meiner Entwicklung. Ich schaue ganz oft in meine Bücher, wenn ich etwas Neues machen will, statt in fremde Kochbücher, und suche dort nach Ideen und Lösungen von früher, die ich neu aufgreife oder anders umsetze. Ich denke, das ist mein Ausdruck von Authentizität und vielleicht auch die Begründung, warum ich so schnell so erfolgreich geworden bin. Ich habe noch nie zu viel nach rechts und links geschaut. Ich kann jeden nur dazu ermutigen, die eigenen Ideen und Skizzen zu dokumentieren. Wenn ich etwas mache, verinnerliche ich es besser, und es ist eine schöne Enzyklopädie der eigenen Entwicklung. Noch ein Tipp: Datum nicht vergessen.
Trends gehen also an Ihnen vorbei?
Hartwig: Ich habe den Branchenüberblick, aber an meinen Tellern sieht man schon, dass ich mein eigenes Ding mache. Geschmacklich ist meine Handschrift durch ein ausgeprägtes Säurespiel gekennzeichnet.
Was ist Ihnen im Umgang mit Ihren Mitarbeitern wichtig?
Hartwig: Du musst die Leute machen lassen und trotzdem am Ball und präsent sein. Fine Dine ist ein Teamsport – du kannst als Chef nicht überall gleichzeitig sein. Aber – auch wenn das nach Kontrollstaat klingt – aus meiner Küche geht nichts raus, was ich nicht probiert habe. Selbst meine eigenen gelagerten Jus schmecke ich noch mal nach. Alleine schon deswegen, damit sich nicht einer bevorzugt oder benachteiligt fühlt. Ich bin sehr fokussiert auf den Geschmack und die Qualität. Ich möchte, dass das Menü und die Speisen nach Jan Hartwig aussehen und nach Jan Hartwig schmecken. Damit sich mein roter Faden durchzieht. Deshalb bin ich auch immer da. In den letzten vier Jahren gab es nur drei Abende, an denen ich nicht selbst in der Küche war.
Was zeichnet Jan Hartwigs Führungsstil aus?
Hartwig: Ich bin ein Chef, der die Leute antreibt, aber auf gute Art und Weise. Ich bin mir auch nicht zu schade für eine Entschuldigung, wenn ich über das Ziel hinausgeschossen bin. Ich gebe jeden Tag jedem Mitarbeiter meiner Mannschaft die Hand. Das ist ein Zeichen von gegenseitigem Respekt. Jeder einzelne gibt das Beste – wer das nicht tut, wird aussortiert. Dafür ist die Verantwortung zu groß dem Ganzen gegenüber. Dass Fehler passieren, ist okay und menschlich. Ich bin dafür da, dass es der Gast nicht merkt.
Sie vergleichen Kochen oft mit Sportarten. Sind Sie Sportler?
Hartwig: Ich habe mal unfassbar schlecht Fußball gespielt, daher auch viele der Vergleiche. Weil es für mich einfach immer passt. Stell dir das Reifenwechseln bei der Formel 1 vor: Jeder weiß, welche Handgriffe zu tun sind und wo seine Arbeitsutensilien liegen. Wenn das nicht so wäre, würden sie Zeit verlieren. Jetzt stell dir vor, jemand räumt den Rosmarin, das Chutney, die Butter oder die Schnittlauchhalme in der Küche jeden Tag um. Das kann nicht funktionieren. Besonders nicht in unserer kleinen Küche.
Gehen Sie selbst gerne essen und können Sie auch genießen?
Hartwig: Wer vergessen hat, wie genießen geht, der macht was falsch. Für mich ist essen gehen eine Art Entspannung und keine Arbeit. Das letzte schöne Essen hatte ich mit Kevin Fehling und seinem Sous Chef, Christian Hümbs, Nick Bril und einigen anderen in Antwerpen im Restaurant ’t Zilte. Es war nicht das beste Essen, das ich je hatte, aber es war eines der anregendsten, lustigsten und schönsten Mittagessen durch die Gesellschaft der Kollegen.
www.bayerischerhof.de
Das Rezept von Jan Hartwigs Schweinebauch findet ihr hier.