24 Stunden mit Johann Lafer

Nonstop auf Achse: Bei TV-Kochguru Johann Lafer bleibt wenig Zeit zum Atemholen. Ein Tag im Schnelldurchlauf.
November 13, 2015

Horst Lichter und Johann Lafer Ruecken an Ruecken Was sich liebt, das neckt sich. Ohne Unterlass. Im Medienzentrum an der Hamburger Rothenbaumchaussee ist komödiantische Leichtigkeit und im gleichen Atemzug höchste Konzentration gefragt, heute wird wieder im Akkord vor laufenden Kameras gekocht: ­Johann Lafer und sein kongenialer Kochpartner Horst Lichter drehen seit Stunden für die ZDF-Kochshow „Lafer!Lichter!Lecker!“, jetzt steht die letzte Aufzeichnung des Tages an. Die Stimmung ist entspannt, aber durch und durch professionell, alles ist minutiös und generalstabsmäßig vorbereitet.

Als „Qualitätsfanatiker und Ästhet“ (Lafer über Lafer) überlässt Deutschlands berühmtester Fernsehkoch nichts dem Zufall. Bei Lichter darf es auch ein wenig kreatives Chaos sein. Kocht die Milch über, erklärt er voller Überzeugung: „Das ist gut. Dann schmeckt das Püree umso besser.“ Es ist heiß im

Horst Lichter und Johann Lafer Ruecken an Ruecken Was sich liebt, das neckt sich. Ohne Unterlass. Im Medienzentrum an der Hamburger Rothenbaumchaussee ist komödiantische Leichtigkeit und im gleichen Atemzug höchste Konzentration gefragt, heute wird wieder im Akkord vor laufenden Kameras gekocht: ­Johann Lafer und sein kongenialer Kochpartner Horst Lichter drehen seit Stunden für die ZDF-Kochshow „Lafer!Lichter!Lecker!“, jetzt steht die letzte Aufzeichnung des Tages an. Die Stimmung ist entspannt, aber durch und durch professionell, alles ist minutiös und generalstabsmäßig vorbereitet.

Als „Qualitätsfanatiker und Ästhet“ (Lafer über Lafer) überlässt Deutschlands berühmtester Fernsehkoch nichts dem Zufall. Bei Lichter darf es auch ein wenig kreatives Chaos sein. Kocht die Milch über, erklärt er voller Überzeugung: „Das ist gut. Dann schmeckt das Püree umso besser.“ Es ist heiß im Studio … die Scheinwerfer, die zwei Herde … Die Zeit drängt, die Sendung muss bald im Kasten sein, zudem gilt es, den letzten Flieger zurück nach Frankfurt zu erwischen, denn der nächste Tag ist – wie jeder andere auch – längst ausgebucht mit einer ganzen Reihe von Terminen. Es sollte sich knapp ausgehen, wir düsen aber nicht ohne herzliche Verabschiedung los: „Manchmal glaube ich, dass uns das Schicksal zusammengeführt hat“, schmunzelt Lafer über Lichter.

Auf dem heimatlichen Airport empfängt uns Chauffeur Sigfried Krumberger. Ich versinke ein wenig müde in die Sitze des dunklen Mercedes. Und Johann Lafer? Zückt sein Mobiltelefon und beantwortet einige der niemals enden wollenden Anrufe und Nachrichten. „Nichts irritiert mich mehr als erzwungenes, nutzloses Nichtstun“, sagt der „Gourmet-Manager“, auf dessen Konto jährlich über 200.000 Meilen gehen. Arbeitstage mit 16 Stunden gehören für den Sternekoch zum Standard. Auf der dreiviertelstündigen Fahrt nach Stromberg plant er im Geiste wohl schon den nächs­ten Coup. Mehrere Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet der gebürtige Steirer mit seiner Burg, Kochshows, Gourmetprodukten und Edelpicknicks.
Johann Lafer inmitten seines Kuechenteams

Auf der Stromburg angekommen, gehe ich schnurstracks ins Bett und er schnurstracks in die Küche. Neben TV-Drehs, Meetings mit Kochbuchverlagen und Haushaltsgeräteherstellern, Kochkursen im Table d’Or, Helikopterausflügen, Fotosessions und Megaevents will ja auch die Küche im Le Val d’Or auf Kurs gehalten werden. Ein aufmunterndes, amikales Wort für die Brigade hier, punktgenaue Hinweise, was zu unterlassen ist, dort, die feine Klinge eben. Lafers Detailverliebtheit ist omnipräsent. Dann gesellt sich der 50-Jährige zu den Gästen, ein Gläschen Wein, ein launiges Gespräch an der Bar inklusive. Ich wandle längst durch das Traumland, als Lafer seinen Fixpunkt nach getaner Arbeit – einen nächtlichen Spaziergang mit Hündin Debbie – in Angriff nimmt und sich dann eine Tasse Kräutertee genehmigt. Aus eigener Kollektion, versteht sich.

Knochenjob

Halb acht Uhr morgens am nächsten Tag, wenige Stunden Schlaf in den Knochen, trotzdem topfit (er, nicht ich). Freilich gibt es auch heute keinen weißen Fleck im Terminkalender. Frühstück? Fehlanzeige. Die Handwerker warten, es geht um den Einbau einer neuen Heizung in seiner Kochschule Table d’Or in Guldental, danach um neue Gartenmöbel, gefolgt von einem Gespräch mit einem großen deutschen Unternehmen über eine etwaige Kooperation.

Dazwischen: Bücher signieren, Besprechung mit Direktionsassistentin Stephanie Förster, Planung der Kochkurse (die stets ein halbes Jahr im Vorhinein ausgebucht sind). Wann bleibt da Zeit fürs Atemholen? Mir wird allein beim Zuhören schwindlig, Lafer labt sich indes genießerisch mit seiner Mannschaft an der mittäglichen Hähnchenbrust in Chilikruste. Nachmittags werden die Osterdesserts für das Lindt-Magazin in der Kochschule zubereitet und abgelichtet. Dolce far niente? Nichts da. Zwei Assistenten legen zusätzlich Hand an Strudelteigblüten mit Schoko-Rhabarber-Füllung, Schoko-Eierlikör-Muffins in Eierschale gebacken, Karamellpfirsich mit Schokoladeneiscreme und Fleur de Sel.

Abends warten die Gäste und die 70-köpfige Crew im Le Val d’Or und der Turmstube. Der neue Patissier bekommt einige Tipps vom Dessertkönig himself, bevor es um 23 Uhr zum Food Tasting für die Herbstmenükarte mit Küchenchef Thomas Kahl und der Brigade geht. Da wird eifrig gekostet, diskutiert, gekostet, diskutiert. Der Spagat zwischen Genussmensch und absolutem Workaholic ist kein einfacher. Lafer kann’s. Aber was kann der nicht?

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