Unfassbarer Schildbürgerstreich auf Kosten der Mitarbeiter:innen und Arbeitgeber:innen der Gastronomie und Hotellerie
Was jetzt, nach über zweieinhalb Jahren Pandemie, in Kraft treten soll, ist ein Schildbürgerstreich der Sonderklasse! Und zwar auf Kosten der Mitarbeiter:innen und Arbeitgeber:innen der Gastronomie und Hotellerie.
Warum ich das so sehe? Deshalb: Bis 30. Juli 2022 erhalten alle österreichischen Unternehmen das Gehalt ihrer durch Covid „abgesonderten“ Mitarbeiter:innen vom Staat rückerstattet. Auch wenn es monatelang dauert, so bekommt man es irgendwann doch. Ab 1. August 2022 aber gelten für CoV-Infizierte neue Regeln. So sollen alle positiv getesteten Mitarbeiter:innen, welche keine Symptome haben, weiterhin arbeiten gehen.
Einmal muliges Gefühl, bitte!
Abgesehen davon, dass trotz aller Liebe zu unseren Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen immer ein sehr komisches Gefühl mitschweben würde, sich vielleicht doch anzustecken und selbst mit schweren Symptomen auszufallen, ist die Situation auch für die positiv Getesteten keineswegs lustig. Es ist weder unterhaltsam, als einziger mit Maske zu arbeiten, noch als Covid-Positive/r von den Kolleg:innen und Gästen als „gebrandmarkt“ angesehen und gemieden zu werden.
Und, ehrlich gesagt, wenn mir ein/e – durch die Maske gut zu identifizierende/r – Covid-positive/r Mitarbeiter:in etwas serviert, würde ich zwar wissen, dass mir jetzt nicht sofort einzelne Gliedmaßen abfallen werden, dennoch hätte ich ein mulmiges Gefühl dabei und würde den inneren Zwang verspüren, Gläser und Besteck nochmals gründlich zu desinfizieren. So oder so ähnlich würde es wohl den allermeisten Gästen gehen.
Reif für den Kabarettpreis
Darüber hinaus plant die Regierung, dass der/die Unternehmer:in den Gast darauf hinweisen muss, dass im Betrieb Covid-Positive anwesend sind, hier arbeiten.
Wer auch immer sich das einfallen hat lassen, sollte einen Kabarettpreis erhalten.
Stellen Sie sich mal folgende Situation vor: „Hallo! Ich bin Jürgen, Covid-positiv, und werden Sie heute bedienen. Und ganz liebe Grüße von unserer Souschefin Maria. Die ist auch positiv. Haben Sie noch einen schönen Abend!“
Selbst wenn dieser Schwachsinn hoffentlich wieder ganz schnell fallen möge – so genügt der Anblick einer Maske, um als Gast besorgt nachzufragen und wahrscheinlich ganz schnell das Weite zu suchen.
Also: Was würde man als Unternehmer:in nun machen, sofern man die Mitarbeiter:innen nicht dorthin versetzen kann, wo sie keinen Gästekontakt haben? Richtig, man würde sagen: „Bleib bitte zu Hause.“ Mit dem Ergebnis, dass die Arbeitgeber:innen im Gegensatz zur aktuellen Situation keine teilweise Gehaltsrückvergütung der in Quarantäne befindlichen Mitarbeiter:innen mehr erhalten.
Geht es gar eher um Geld als um Lösungen?
Jetzt muss man aber wissen, dass diese Unterstützung bis dato über 170 Mio. Euro betragen hat. Ein Schelm, wer nun denkt, dass sich der Staat damit auf dem Rücken der Betriebe jede Menge Geld sparen möchte. Denn letztendlich müssen die Arbeitgeber:innen entweder händeringend nach Aushilfen suchen und diese bezahlen, oder die anderen Mitarbeiter:innen bieten an, die Dienste der „Keine-Symptome-aber-positiv-Getesteten“ zu übernehmen. In beiden Fällen fallen erhebliche Mehrkosten für die Arbeitgeber:innen an. Und gleichzeitig entfällt die für die „Keine-Symptome-aber-positiv-Getesteten“ Gehaltsrückvergütung seitens des Staates vollkommen.
Weil das nicht reicht, hat die Regierung sich aber auch für die Gäste etwas wirklich Kreatives ausgedacht – und das auch gleich beschlossen: So dürfen „Positiv-Getestete ohne Symptome“ zwar Gastronomiebetriebe besuchen, sie dürfen dort jedoch nicht konsumieren.
Ganz viel Kopfschütteln
Stellen Sie sich einen Tisch mit „Keine-Symptome-aber-positiv-Getesteten“ vor, der vorschriftsmäßig ihre Maske tragen, aber nichts konsumieren dürfen. Abgesehen davon, dass ihnen diese Gäste keinen Umsatz bringt, welche Freude haben die Mitarbeiter:innen und die anderen Gästen? Welche Stimmung herrscht im Betrieb? Werden andere Gäste das Lokal verlassen? Vermutlich ja.
Ich frage mich heute wirklich: Wer war bei diesen Verhandlungen dabei?
Eine Abordnung der österreichischen Kabarettszene? Dann wäre es vollkommen in Ordnung, weil: Der Auftrag wurde bestens erfüllt. Ich befürchte aber eher, es waren doch Politiker:innen. Wenn ich etwas in meinen vielen Jahren als Unternehmer gelernt habe, dann, dass Politik vor allem heißt, unter Berücksichtigung aller Interessen und politischen Überzeugungen Mögliches möglich zu machen. Aber was jetzt mit 1. August umgesetzt werden soll, löst bei mir nur verständnisloses Kopfschütteln aus. Und kostet die Mitarbeiter:innen und Arbeitgeber:innen der Gastronomie und Hotellerie ein Vermögen.
Daher, lieber Herr Bundeskanzler!
Liebe Bundesregierung!
Ich verstehe, dass Sie aktuell versuchen, es allen recht zu machen.
Bitte reparieren Sie diesen Wahnsinn. Und zwar ganz schnell!
Beste Grüße
Jürgen Pichler