#proudtokellner – Mit Leidenschaft abservieren
Der Beruf der Kellner:innen wird oftmals unterschätzt – entweder von Servicekräften selbst, den Gästen oder anderen Gastronomie-Mitarbeiter:innen. Und das wollen die Initiator:innen der Bewegung #proudtokellner ändern. Wir haben mit zwei Berliner Kellnerinnen gesprochen und sind uns einig: Kellner machen mehr als nur die Teller!
Der Beruf der Kellner:innen wird oftmals unterschätzt – entweder von Servicekräften selbst, den Gästen oder anderen Gastronomie-Mitarbeiter:innen. Und das wollen die Initiator:innen der Bewegung #proudtokellner ändern. Wir haben mit zwei Berliner Kellnerinnen gesprochen und sind uns einig: Kellner machen mehr als nur die Teller!
Juliane Winkler, seit 2018 Restaurantleiterin im beliebten Nobelhart und Schmutzig, gehört zu den Gründungsmitgliedern der Aktionsgruppe #proudtokellner. 2021 hat sie im Gespräch mit Angelina Jagsch, ehemals im Wild und Wiese, festgestellt, dass der Personalmangel im Service immer größer und der Ruf unbegründet immer schlechter wird.
So sind sie auf die Idee gekommen, Branchen-Kontakte zu sammeln und zu benachrichtigen. Als sie bei ihrem ersten Zoom-Meeting viel Unterstützung und Zuspruch erhielten, wurde #proudtokellner von 10 Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen. Seit Anfang 2023 sind sie sogar ein eingetragener Verein.
Die ersten Meilensteine
Die erste große Errungenschaft der Bewegung war die Exposition ihres Imago-Camera-Portraits. Im Zuge einer Ausstellung, bei der Köche vorgestellt wurden, die die Berliner Gastronomie nach der Wende verändert haben, durften sie ihr Portrait ebenfalls präsentieren und konnten so ihren Bekanntheitsgrad steigern. #Proudtokellner hat sich hier gefragt, was denn mit den Kellner:innen in der Geschichte sei und hat in der Ausstellung die Gesichter der Servicekräfte repräsentiert.
Die aufwendigen Bilder wurden aus eigener Tasche bezahlt und schnell stellte sich heraus: Ohne Förderung wird das Ganze sehr teuer. Darum finanziert sich #proudtokellner mit Spendengeldern und Mitgliedsbeiträgen, die je nach Ausbildungsstand und Alter variieren (zwischen 24 Euro für Azubis unter 18 und ab 250 Euro für Unternehmen).
Sabine Panzer, seit der Eröffnung 2020 Restaurantleiterin des BRIKZ in Berlin, zeigt sich stolz über die bisherigen Errungenschaften. Bereits einige Medien sind auf #proudtokellner zugekommen, wodurch sie bereits eine Menge Interessenten finden konnten – jedes neue Mitglied ist ein Meilenstein der Bewegung.
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Warum ein Azubi Schutz braucht
Beim Berufsschultag in Frankfurt konnten sich einige der #proudtokellner Mitglieder mit Auszubildenden über den Status Quo der aktuellen Ausbildung zur / zum Restaurantfachfrau/-mann austauschen. Das Fazit: Im Laufe der Zeit hat sich wenig getan, es wurden dieselben Gruselgeschichten erzählt, die die beiden Kellnerinnen in ihrer Ausbildung erlebt haben. In vielen Betrieben wird ein Azubi noch immer als minderwertige, billige Arbeitskraft gesehen, aber zum Glück sei das nicht mehr die Norm. Einige Betriebe fördern und schützen ihre jungen Mitarbeiter:innen – was laut Winkler besonders wichtig ist: “Man muss sich bewusst werden, dass ein Azubi teilweise 16 und somit extrem jung ist und einen gewissen Schutz braucht.”
Auf die Frage, wie die Ausbildung zur Servicekraft optimiert werden kann, meint die Restaurantleiterin: “Die Einführung eines Fachs namens “Sozialkompetenz” mit einem erfahrenen Lehrer, der aus der Branche kommt, wäre wichtig. Junge Menschen sollten einen genauen Einblick ins Arbeitsfeld bekommen, damit man ein gutes Fundament bekommt. Wer, wenn nicht wir, kann den Azubis die Angst vor dem Unbekannten nehmen? Wir kommen gerne zu Vorträgen und klären die Jungen über unseren Arbeitsalltag auf.”
Aber nicht nur die Azubis brauchen mehr Wertschätzung, allgemein der Beruf der Servicekraft muss von Gästen und Kolleg:innen der Branche respektiert werden. Panzer appelliert darum: “Wir wünschen uns, mehr gesehen zu werden. Wird von der Gastro gesprochen, sehen viele nur die Köche und Sommeliers, vergessen aber die Servicekräfte. Jeder aus dem Team sollte gehuldigt werden, weil ein Betrieb nur als Ganzes funktioniert. Der Tellerwäscher ist genauso wichtig wie die Köchin. Vor allem innerhalb der Branche wäre es schön, mehr Wertschätzung zu bekommen.”
Und warum sollte man nun Kellner:in werden?
“Wir haben in unserem Beruf so viele Möglichkeiten. Du musst dich nicht für eine Sparte oder einen Ort festlegen und kannst dich treiben lassen. Der Beruf ist so vielschichtig, es wird einem hier nie langweilig. Außerdem lernst du super viele interessante Menschen kennen, arbeitest mit ihnen und wirst empathischer. Man lernt so nicht nur für den Beruf, sondern auch fürs Privatleben, weil man ein viel besseres Menschenverständnis bekommt und – so wie ich – die Schüchternheit ablegt. Wenn du dich jeden Tag beruflich mit Menschen unterhältst und auf sie zugehen musst, nimmst du das mit ins Private, das bringt einem in allen Lebensbereichen etwas. Und außerdem hast du auf jeder Party immer eine geile Story, weil in deinem Leben so viel passiert,” schwärmt Panzer mit einem Lächeln im Gesicht.
Winkler fügt hinzu: “Ich finde es total schön, wenn Gäste wiederkommen. Natürlich kommen sie wieder, weil das Essen geschmeckt hat, aber sie kommen auch wieder, weil sie dich treffen möchten, weil sie sich bei dir wohlfühlen. Man hat das Gefühl, ein kleiner Superheld gewesen zu sein, wenn man nach einem anstrengenden, am Anfang unschaffbar wirkenden Tag heimgeht und alles hinbekommen hat.“
“Schätzte dich und deine Arbeit!”
Trotz der schönen Momente gibt es aber auch Schattenseiten im Beruf. Panzer rät Azubis vor allem: “Lass dir nicht alles gefallen, bitte um Rat, wenn du einen brauchst. Schätze andere für alles, was sie machen, dann wirst auch du geschätzt. Schätze vor allem dich selbst und sei stolz auf deine Leistungen!”
“Der Kunde ist nicht König. Nur weil er 400 Euro an einem Abend im Restaurant lässt, bedeutet es nicht, dass du ihm deine Seele verkauft hast. Bei uns sind die Leute vier Stunden vor Ort und zahlen ungefähr 100 Euro pro Stunde. Andere Dienstleistungen verlangen da noch viel mehr. Und so manch einer denkt sich – meist unter Alkoholeinfluss – ‘Jetzt habe ich dir so viel bezahlt, jetzt kann ich alles von dir haben’. Dem ist aber nicht so,” sagt Winkler.
Die Ziele der beiden und ihren Vereinsmitgliedern ist es, dass Menschen ein besseres Bewusstsein dafür bekommen, dass Qualität etwas kostet – das inkludiert neben hochwertigen Lebensmitteln auch erstklassigen Service. Es sollte jeder aus dem Restaurant-Team auf gleiche Weise wertgeschätzt werden. Von der Sterneköchin bis zum Gläser-Polierer. Denn nur zusammen als Team läuft der Betrieb.
Werde Mitglied unter: www.proudtokellner.org