Primitiv ist nur der Name

Bei der dritten Auflage der Flemish Primitives ging es heuer weniger um High-Tech in der Küche, sondern mehr um Produkte und traditionelle Techniken wie Einlegen und Grillen.
November 13, 2015

Fotos: Modernist Cuisine, Peter Monbailleu
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Viel Aufmerksamkeit wurde bei den diesjährigen „Flemish Primitives“ in Oostende einem scheinbar simplen Thema gewidmet: Wie gelingt das perfekte Steak? „Das beste Fleisch für Steaks gibt es genauso wenig, wie es den besten Wein gibt. Optimal schmeckt man auch die Herkunft und Rasse des Tieres“, so der irische Star-Fleischer Jack O’Shea, der nicht nur seine eigenen Rinder in Irland züchtet, sondern auch mit Filialen in Brüssel und London zu den Top-Gastronomie-Adressen zählt.

O’Shea hatte Rindfleisch aus Deutschland (Simmenthal aus Bayern) und Frankreich (Limousin), Irland, Italien (Chianina aus der Toskana), Wagyu aus Spanien, Rotvieh aus Flandern und Corn-fed-Beef aus den USA (Oregon) dabei. Die Rolle des Fleischers ist mindestens genauso wichtig wie die des Küchenchefs…

Fotos: Modernist Cuisine, Peter Monbailleu
Flemish Primitives

Viel Aufmerksamkeit wurde bei den diesjährigen „Flemish Primitives“ in Oostende einem scheinbar simplen Thema gewidmet: Wie gelingt das perfekte Steak? „Das beste Fleisch für Steaks gibt es genauso wenig, wie es den besten Wein gibt. Optimal schmeckt man auch die Herkunft und Rasse des Tieres“, so der irische Star-Fleischer Jack O’Shea, der nicht nur seine eigenen Rinder in Irland züchtet, sondern auch mit Filialen in Brüssel und London zu den Top-Gastronomie-Adressen zählt.

O’Shea hatte Rindfleisch aus Deutschland (Simmenthal aus Bayern) und Frankreich (Limousin), Irland, Italien (Chianina aus der Toskana), Wagyu aus Spanien, Rotvieh aus Flandern und Corn-fed-Beef aus den USA (Oregon) dabei. Die Rolle des Fleischers ist mindestens genauso wichtig wie die des Küchenchefs.

Flemish Primitives

Perfekter Zuschnitt und richtige Reifung sind entscheidend. „Drei Wochen Reifung sind Minimum, wobei die Frage Dry-Aging oder Wet-Aging eine des Geschmacks und nicht der Qualität ist. Die Mode, dass sich Küchenchefs profilieren wollen, indem sie Fleisch immer noch länger reifen lassen, bringt nichts“, so O’Shea. David Martin („La Paix“ in Brüssel) und Giorgio Nava („95 Keerom“, Südafrika) brachten die unterschiedlichen Fleischqualitäten einerseits klassisch in der Pfanne, andererseits im spanischen Hightech-Grillofen „Josper“ perfekt auf den Punkt.

„Das beste Fleisch für Steak gibt es genauso wenig wie den besten Wein.“

Ein weiteres „Low-Tech“-Thema war das Einlegen hochwertiger Lebensmittel, um auch im Winter regionale Produkte in höchster Qualität bieten zu können. Sang Hoon Degeimbre („L’Air du Temps“) und Magnus Nilsson („Faviken“, Schweden) widmeten sich in ihrer „Masterclass“ diesem Thema, Sergio Herman und Rene Redzepi vertieften die Methode: „Wenn man sein Restaurant das ganze Jahr mit regionalen Produkten bespielen will, kommt man daran nicht vorbei. Richtig gemacht, kann man den Eigengeschmack der Produkte nicht nur konservieren, sondern noch verstärken“, so Redzepi. Der dänische Starkoch verwendet dafür mehr als 40 selbst hergestellte Essigsorten. Auch die Methode des Trocknens spielt in der winterlichen Noma-Küche eine große Rolle. Redzepi trocknet nicht nur Pilze und Kräuter, sondern auch Fleisch und Meeresfrüchte sowie Jakobsmuscheln.

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Sang Hoon Degeimbre
Sang Hoon Degeimbre
Küchenchef im Brüsseler Top-Restaurant „L‘Air du Temps“

Spirit of Asia
Sang Hoon Degeimbre spielt sich gekonnt mit Aromen seiner asiatischen Heimat und setzt sie in der modernen Küchenlinie des „L‘Air du Temps“ gekonnt ein. Vor allem das Einlegen von Gemüse und das Fermentieren von Fisch und Meeresfrüchten verleiht seinem Stil einen unverwechselbaren Touch, der auch von seinen Kollegen hoch geschätzt wird.

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Faszinierend auch, was Nilsson und der Pariser 3-Sternekoch Pascal Barbot aus einem simplen Produkt wie Weißkohl zaubern. „Alle Produkte sind Edelprodukte und prinzipiell gleichwertig. Allerdings ist es bei billigeren Produkten wie Champignons oder Weißkohl viel schwieriger, perfekte Qualität zu bekommen“, sagt Barbot, der das Weißkraut in Weißwein dünstet und mit schwarzem Knoblauch und Chorizo kombiniert.

Sein Freund Nilsson erwies dem Kohl mit einer rustikaleren Zubereitungsart seine Referenz: Unbehandelt in (nicht auf) den Grill geworfen, verbrennt er außen, bleibt aber innen saftig und entwickelt ein unvergleichliches Aroma. Spannend auch, wie der italienische 3-Sternekoch Massimo Bottura geräucherten „Caviale“ einsetzt. Was Konsistenz und Biss betrifft, kann dieser Rogen des Störs aus einer Zucht südlich des Gardasees nicht ganz mit dem des wilden Störs mithalten, ist aber deutlich günstiger.

Konservieren und trocknen spielen in Redzepis winterlicher Küche eine große Rolle.

Ein Abschluß-Highlight war die gemeinsame Präsentation des belgischen Schokolade-Papstes Dominique Persoone mit Alex Atala. Sie zeigten, wie man verschiedene Aromen des Amazonas sowohl pikant wie auch gemeinsam mit Schokolade in Szene setzt. Der Erfolg eines Kongresses wie „The Flemish Primitives“ wird natürlich zu einem Gutteil vom Engagement der jungen Küchenchefs vor Ort getragen. So ließen es sich die besten Chefs aus Flandern nicht nehmen, gemeinsam ein 14-gängiges Dinner auszurichten, zu dem jeder einen Gang beisteuerte.

Köstlich waren alle Gerichte, das von Küchenchef Filip Claeys hinterließ jedoch einen bleibenden Eindruck: Er servierte „Nordseeshrimp mit Taubenei auf jungen Hopfensprossen“ und präsentierte alles in einer aufgeschnitten Bierflasche. Dazu wurde belgisches „Leffe“-Bier gereicht.

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Alex Atala

Alex Atala
Das „D.O.M.“ zählt zu den 50 besten Restaurants der Welt

Dschungelaromen
Gelernt hat Alex Atala sein Metier vor knapp 30 Jahren in Belgien. Heute führt er mehrere Restaurants in Sao Paolo. Seine Leidenschaft gilt den verborgenen Aroma-Schätzen des Amazonas, die er in die Küche seines Luxusrestaurants „D.O.M.“ gekonnt einbaut. Er gilt als Wegbereiter der neuen brasilianischen Küche.

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Die 5 Must-Knows 2011
Das Wichtigste zum Kongress.

1 Steaks aus dem „Josper“-Grill: Das rundum perfekte Steak kommt vom Holzkohlengrill, doch das stellt viele Luxusrestaurants vor unlösbare Probleme. Mit dem spanischen „Josper“-Ofen, der auch in einem geschlossenen Raum (mit einem eigenen Abzug) eingesetzt werden kann, gehört dieses Problem jedoch der Vergangenheit an.

2 Buchband „Modernist Cuisine“:
Ein Buch, das die Art, wie wir über das Kochen denken, nachhaltig verändern wird. So beschreiben Spitzenköche wie Ferran Adriá und Heston Blumenthal das monumentale Werk des amerikanischen Autorentrios Chris Youg, Nathan Myhrvold und Maxime Bilet.

3 Aromen-Explosionen:
Der katalanische Aromenpionier Quico Sosa ist ein Großmeister, wenn es darum geht, natürliche Aromen zu konzentrieren. Zahlreiche Spitzenköche aus ganz Europa greifen auf seine genialen Aroma-Konzentrate zurück.

4 Konservieren:
Rene Redzepi, Magnus Nilsson und Sang Hoon Degeimbre zeigten vor, dass sich große Küchenchefs auch mit den traditionellen „Großmutter-Techniken“ wie etwa dem Einlegen von Gemüse und Pilzen auseinandersetzen.

5 Geschmack des Dschungels:
Der belgische Schokoladepapst Dominique Persoone hat ein Monat in Südamerika verbracht und gemeinsam mit Alex Atala die Geschmäcker des Amazonas erforscht. Bald sind die köstlichen raren Schokoladen mit Pripioca-Geschmack auch hier erhältlich.

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Dominique Persoone

Dominique Persoone
Der Starchocolatier hat mit Atala den Dschungel erforscht

Schoko-Gott
Dominique Persoone ist immer auf der Suche nach neuen Variationen zum Thema Schokolade. Mit seinen exklusiven Kreationen verzaubert er etwa die Gäste der berühmten 3-Sterne-Köche Sergio Hermann und Peter Goosens. Vor Kurzem eröffnete er nach seinem Stammhaus in Brügge ein zweites Geschäft im Zentrum von Antwerpen.

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