Juan Amador erteilt Gourmet-Kritiker Hausverbot
Das war zu viel Kritik für Juan Amador. Der deutsche 3-Sternekoch liefert sich einen heftigen, öffentlichen Schlagabtausch mit dem Gastrokritiker Christoph Teuner. Der hatte in einem Kommentar in der Frankfurter Rundschau wenig Gutes über das Amador zu berichten. Juan Amador würde handwerkliche Mängel hinter seiner Schaum-Show verstecken. Kritik, die der Koch mit spanischen Wurzeln nicht auf sich sitzen lassen wollte. Er spricht dem Journalisten jegliche Kompetenz ab und erteilte ihm Hausverbot.
Die Kritik von Christoph Teuner in der Frankfurter Rundschau:
Alete reloaded
Ich bin doch kein kleines Kind! Ich will nicht nur Süßes! Wenn noch so ein klebriger Gang kommt, gehe ich! Innerer Monolog, an einem Abend im Mai. Nach vielen Tapas, vier Fischgängen und dem zweiten von drei Fleischgängen bei Juan Amador. Ich bin tatsächlich gegangen, vor dem Dessert. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Dreisterne-Menu nicht bis zum letzten Krümel gegessen. Ich konnte nicht mehr. Zappenduster. Zu viel Zucker. Und das soll aggressiv machen. Wäre ich geblieben, hätte ich randaliert.
Weil ich ein ehrlicher Mensch bin, gebe ich zu, dass ich mit hässlichen Vorurteilen zu Amador gekommen bin. Mit diesen: Molekularküche ist etwas für konzentrationsgestörte Pseudo-Feinschmecker. Die Alchimisten selbst sitzen in ihrer molekularen Marktlücke, verstecken handwerkliche Mängel hinter ihrer Schaum-Show und bekommen zu viel Aufmerksamkeit.
Das Restaurant ist in einem schönen Fachwerkhaus. Niedrige Decken, einige wenige moderne Akzente. Freundlicher Empfang durch Frau Amador, eine resolute Dame mit Mireille Mathieu-Haarschnitt, einem großen Gesicht und großen, roten Händen. Gut ein Dutzend anderer Gäste ist schon bei den Tapas.
Der Zeitgeist hat dieses Haus besetzt, aber das stört mich nicht. Vielleicht, weil diese Art zu essen inzwischen so gängig ist wie der Dativ nach dem Wort wegen. Auch die ständigen Belehrungen («Saugen Sie erst die Flüssigkeit aus dem Röhrchen….») sind nicht schlimm, sondern lustig. Drei Tische dicht nebeneinander, drei Kellnerinnen, drei Mal der selbe Text, minimal zeitversetzt und auf Schwäbisch(!). Das erinnert an Gerhard Polts Kantinen-Sketch, in dem am Ende Dutzende Stimmen wild durcheinander «Mahlzeit!» rufen. Die Gäste tragen es mit Fassung. Sie sind keine konzentrationsgestörten Junkies, sondern ganz normale Sterne-Restaurant-Besucher. Meine Pauschalverunglimpfung war falsch. Verzeihung.
Ärgerlich ist der Alete-Approach! Die allgegenwärtige Süße erschlägt die Bitterkeit der Blüte im «Sechuan Button Reset», die Säure im Limonen- und im Senf-Essig-Gelee, und sie erdrückt die einzige salzige Tapa, das Wachtelei mit flüssigem Dotter und Schinkenaroma, den «Strammen Max in Textur». Ich esse süße Gänselebercreme aus der weißen Amador-Tube, süßes Rote Beete-Süppchen, süßes Traubengelee mit süßem Verjus-Schaum, süße Zuckerwatte, süßes Tomateneis und süßen Gurkenschaum, dessen Geschmack den des Schweinebauchs mit Sardellenkaviar und Kapern völlig beherrscht.
Der Albtraum geht weiter. Den Geschmack der saftigen Seezunge kann ich nur erahnen – die Foie Gras, die süßen Selleriewürfel und das süße Apfelgelee schmecken vor. Die perfekt gegarte Taubenbrust fühlt sich im Mund so an, als könnte sie toll schmecken. Der Geschmack wird getötet durch zu viel «Purple Curry», durch eine süße Sauce, süßes Mangopuree und süßes Kokosgelee. Dann blitzgeräucherter Lammnacken. Das Fleisch ist gut, die triefenden Rhabarberstangen sind … süß!
Als ich die Sommelière sagen höre, sie werde dazu Süßwein servieren, «um die Süße zu unterstützen», bin ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Vom Lammrücken mit leuchtend grüner und süßer Petersiliensauce kann mein zuckervernebeltes Hirn kaum mehr Eindrücke speichern.
Amador kann besser kochen. Das beweisen drei Fischgänge, die höchstes Niveau haben: Gambas mit Nougat, Blumenkohl und Krustentiersauce. Sehr frische Rotbarbe mit Kaffeeschaum, Spinat und Passionsfruchtcreme. Und Saint Jacques mit schwarzem Trüffel in Hühnerbouillon mit Sardellen, falschen Parmesannudeln und Parmesanschaum. Das ganze Maul voll Geschmack!
Warum kocht Amador unter seinen Möglichkeiten? Warum die Show? Warum der Süße-Terror? Warum gibt es keine À la carte-Gerichte? Warum haben sich zwischen Februar und Mai nur zweieinhalb der 22 Positionen auf der Menukarte verändert? Warum essen die Gäste fast das Gleiche? Und fast gleichzeitig? Warum hat Amador weniger Leute in der Küche als seine Dreisternekollegen? Und warum ist er so teuer? Ich würde gerne herausfinden, ob mein Verdacht richtig ist. Dafür müsste ich noch einmal zu Amador fahren. Das will ich nicht. So viel Babykost vertrage ich nicht. Außerdem sind Wutanfälle ungesund.
Mit diesen schlagkräftigen Argumenten antwortete Juan Amador:
Sehr geehrter Herr Teuner!
Es ist mir ein großes Bedürfnis im Zeitalter der Pressefreiheit Ihre Kritik an unserem Hause zu kommentieren.
Ich bin mir im klaren darüber, das wir mit unserer Arbeit (die Sie mit Füßen getreten haben) -per se- polarisieren und nicht den Geschmack eines jeden Gastes treffen können und wollen! Um nicht vorweg den falschen Eindruck zu erwecken, möchte ich unterstreichen das ich weder verbittert bin und sehr wohl in der Lage bin mit mir entgegengebrachter Kritik umzugehen.
Wenn Sie unseren Weg aufmerksam verfolgt haben, was ich einem guten Journalisten unterstellen darf, wissen Sie sicherlich das wir hier über eine ausgeprägte Erfahrung verfügen und außergewöhnlich Leidensfähig sind.
Um es vorweg zu nehmen……….haben Sie sich in meinen Augen und in den Augen vieler Leser (was die erhebliche Resonanz noch untermauert) mit Ihrer Kritik an unserem Haus um Kopf und Kragen geschrieben und meine Theorie des Phänomens des «Hobby-Kritikers» bestätigt. Vielen Dank hierfür!
Wofür ich mich in keinster Weise bedanken kann und ich Ihnen hiermit auch jegliche Kompetenz und Verantwortung eines Journalisten abspreche, ist die Art und Weise wie Sie unter anderem meine Frau beleidigt haben.
Sicher, auch ich habe recherchiert und Bilder von Ihnen gemeinsam mit Ihrer Frau im Netz gefunden. Im Gegensatz zu Ihnen, würde ich mir es nie anmaßen persönlich zu werden und Sie oder Ihre Frau gar zu beleidigen. Was hat dies mit seriöser Restaurant-Kritik zu tun? Dies ist schlicht und ergreifend unverschämt und zeugt von dezimiertem Stil! Was ich außerordentlich bedauere.
Ich habe hier eine sehr gute Erziehung genossen und weiß was Respekt und Menschenwürde bedeutet! Ich wundere und frage mich, wie Sie als Coach und Medientrainer im täglichen Leben ethisch damit umgehen?
Das Sie natürlich mit Ihrer unsachlichen Kritik alle die am Projekt Amador beteiligt sind, eine Ohrfeige erteilt haben, ist Ihnen in Ihrer «Schreibwut» sicherlich ebenfalls entgangen. Weshalb ich hier hauptsächlich im Sinne unserer Mitarbeiter und allen Menschen, die den ganzen Tag dafür arbeiten etwas Besonderes zu schaffen, Flagge zeigen muss.
Aber nun zum Fachlichen. Unser Menü als Alete-Kost und durchgehend als zu süß zu beschreiben ist definitiv falsch. Sollten Sie ein Freund der Säure sein und Süße hassen, schreiben Sie bitte in Zukunft über Kriege und abstürzende Aktienkurse oder vielleicht über Essige! Dieses ist nämlich sehr viel einfacher und verlangt weniger Erfahrung und Feingefühl, als über Gastronomie und Genuss zu schreiben. Sie haben sich in der Tat selbst disqualifiziert, indem Sie auch noch zugegeben haben mit «hässlichen Vorurteilen» nach Langen gefahren zu sein. Sicherlich wäre ein Fernbleiben in diesem Fall besser gewesen und Sie hätten die wenigen Gerichte, die Sie dann doch gelobt haben, selbst besser gekocht. Nun gut, vielleicht war es in der Tat nicht Ihr Geschmack und in Ihrem Sinne übersüßt. Rechtfertigt allein Ihr persönlicher Geschmack eine solche journalistische Entgleisung? Ich glaube nicht, und würde Ihnen in Zukunft empfehlen sich bei seriösen Gastro-Journalisten den nötigen Feinschliff und Rat einzuholen!
Ich werde den Eindruck nicht los, das Sie die Kritik eines «bestimmten Guides» zum Thema «Kindergeburtstag» übernommen haben und hier eine direkte oder indirekte Bewerbung schreiben wollten? Ich kann nur hoffen das Sie in diesem Falle keine Anstellung finden!
Nur weil ich hier und da eine Rede halte, mich vielleicht im Schreiben versuche, würde ich nie auf den Gedanken kommen mich als Moderator oder gar als Journalist zu sehen, geschweige denn Kritik an diese mir fremde Zunft zu üben. Betonung auf «üben»!
Dieses spreche ich hier bewusst an, da mir Ihre Historie als passionierter Hobbykoch / Kritiker sehr wohl bekannt ist. Erlauben Sie mir hier ein Zitat von Paul Bocuse in Bezug auf unseriöse Kritiker zu erwähnen:
«Sie sind wie Eunuchen – wissen alles, können aber nichts!» Meine ganzer Dank gilt hier an dieser Stelle, Monsieur Bocuse für seine ehrliche Äußerung……………… merci Paul!
Ich will Sie mit diesem Zitat nicht persönlich angreifen, hoffe aber dennoch das Sie darüber nachdenken und vielleicht ein wenig so fühlen, wie meine Frau und das komplette Amador-Team sich gefühlt haben, als sie Ihre Zeilen lesen durften / mussten. Was Sie mit Ihren sehr unsachlichen, fachlich falschen und beleidigenden Zeilen wirtschaftlich bewirken können, scheint Ihnen ja ebenfalls gleichgültig zu erscheinen. Sie tragen ja schließlich nicht die Verantwortung für 30 Mitarbeiter, etc.! Zu guter Letzt und um Ihre abschließenden Fragen zu beantworten, folgendes:
Warum kocht Amador unter seinen Möglichkeiten? Warum die Show? Warum der Süße-Terror?
Dieses lasse ich besser unkommentiert.
Warum gibt es keine a la carte-Gerichte?
Verehrter Herr Teuner! Weil wir, wie Sie sicherlich beobachtet haben nur ein Menü anbieten!
Warum haben sich zwischen Februar und Mai nur zweieinhalb der 22 Positionen auf der Menukarte verändert?
Ist nicht ganz richtig. Außerdem müssen Sie doch als passionierter Hobbykoch wissen, das man das Rad nicht jeden Tag neu erfinden kann! Wie oft waren Sie denn im selbigem Zeitraum bei uns? Einmal! Haben Sie hier also etwas vermisst? Ich denke nicht!
Warum essen die Gäste fast das Gleiche?
Mit Verlaub Herr Teuner, weil es nur ein Menü gibt!
Warum hat Amador weniger Leute in der Küche als seine Dreisternekollegen?
Haben Sie bei mir gearbeitet oder gar einen «Maulwurf» eingeschleust? Gerne sende ich Ihnen unsere Personalkosten zu, an denen Sie sehen werden, dass für maximal 36 Gäste, 12 Köche und 8 Servicemitarbeiter tätig sind. Ist das weniger wie in anderen Häusern? Ich bin mir sicher, nicht!
Und warum ist er so teuer?
Ist diese Frage nicht in einem Ihrer Anfangsberichten, von Ihnen selbst bereits beantwortet worden? Entre nous, Ihre Gagen sind auch nicht ohne 😉 Und das mit minimalem Personal- und Wareneinsatz!
Ich würde gerne herausfinden, ob mein Verdacht richtig ist. Dafür müsste ich noch einmal zu Amador fahren. Das will ich nicht. So viel Babykost vertrage ich nicht. Außerdem sind Wutanfälle ungesund.
Herr Teuner, müssen tun Sie gar nichts! Ihr Verdacht spielt keine Rolle! Und außerdem erteile Ich Ihnen hiermit «hochoffiziell» und in aller Öffentlichkeit Hausverbot! Wobei ich gerne bereit bin Ihre Entschuldigung bezüglich Ihrer Entgleisung anzunehmen und Sie in Ihrem sensorischen Geschmack zu schulen und letztendlich zu überzeugen!
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass mir diese Zeilen sehr wichtig sind, da ich denke das man sich auch erlauben darf Kritiker zu kritisieren.
Denn wer austeilt sollte auch einstecken können!