Anbaumethoden der Zukunft
Status quo
„Iss deinen Teller auf – in Afrika hungern Kinder“, klingt der Spruch der Mamas und Omas noch jahrzehntelang in den Ohren satter Kinder. Problematisch sind die Zahlen der hungernden Menschen bis heute. Bis 2050 soll es noch schlimmer werden. Das liegt an der wachsenden Weltbevölkerung, an der Urbanisierung und der Verteilungsproblematik.
Armut ist nach wie vor der Hauptgrund des Hungers: kein Geld, um Nahrungsmittel zu kaufen, keine landwirtschaftliche Bildung wie das Wissen um die ertragreiche Bewirtschaftung der Flächen oder die Lagerung von Lebensmitteln. Es wird in den Krisenregionen Afrika und Asien also nicht nur weniger angebaut, es schimmelt auch noch weg oder ist von Schädlingen befallen. Lösungsansätze gibt’s viele, Sinn machen nur wenige.
Wer hat nicht aus Trotz der Mama geantwortet, sie könne das Essen ja an die Kinder schicken. Auf die Idee ist auch schon die Politik gekommen: Leider wird eine Zusendung von Lebensmitteln bei zehn Milliarden Menschen, die laut Schätzungen 2050 auf der Erde leben werden, nicht ausreichen. Es zertstört noch dazu die inländischen Märkte, weil die Lebensmittel aus dem Ausland billiger verkauft werden.
Dann schicken wir eben Wasser und Düngemittel? Das bringt nur kurzfristigen Erfolg, weil die Ackerböden vom Dünger angegriffen und dann unbrauchbar werden. Auch die Erweiterung der Ackerflächen macht wenig Sinn, da dafür Wälder abgeholzt werden müssen. Die gerodeten Flächen verringern die Artenvielfalt und verändern die Ökosysteme.
Aber in Industriestaaten sieht es ähnlich verzwickt aus: Immer mehr Menschen ziehen in die Städte, weniger Landwirte bewirtschaften größere Flächen, die irgendwann durch Dünger und Monokulturen unbrauchbar werden. Quintessenz der Schwarzmalerei: Mehr Menschen in Städten, zu wenige Lebensmittel überall. Wissenschaftler, Architekten und Landwirte versuchen zu helfen: auf teilweise futuristische Art und Weise. Manche Zukunftsaussichten haben aber durchaus Potenzial. Welche das sind und woher das Gemüse der Zukunft kommt, im Überblick.
Status quo
„Iss deinen Teller auf – in Afrika hungern Kinder“, klingt der Spruch der Mamas und Omas noch jahrzehntelang in den Ohren satter Kinder. Problematisch sind die Zahlen der hungernden Menschen bis heute. Bis 2050 soll es noch schlimmer werden. Das liegt an der wachsenden Weltbevölkerung, an der Urbanisierung und der Verteilungsproblematik.
Armut ist nach wie vor der Hauptgrund des Hungers: kein Geld, um Nahrungsmittel zu kaufen, keine landwirtschaftliche Bildung wie das Wissen um die ertragreiche Bewirtschaftung der Flächen oder die Lagerung von Lebensmitteln. Es wird in den Krisenregionen Afrika und Asien also nicht nur weniger angebaut, es schimmelt auch noch weg oder ist von Schädlingen befallen. Lösungsansätze gibt’s viele, Sinn machen nur wenige.
Wer hat nicht aus Trotz der Mama geantwortet, sie könne das Essen ja an die Kinder schicken. Auf die Idee ist auch schon die Politik gekommen: Leider wird eine Zusendung von Lebensmitteln bei zehn Milliarden Menschen, die laut Schätzungen 2050 auf der Erde leben werden, nicht ausreichen. Es zertstört noch dazu die inländischen Märkte, weil die Lebensmittel aus dem Ausland billiger verkauft werden.
Dann schicken wir eben Wasser und Düngemittel? Das bringt nur kurzfristigen Erfolg, weil die Ackerböden vom Dünger angegriffen und dann unbrauchbar werden. Auch die Erweiterung der Ackerflächen macht wenig Sinn, da dafür Wälder abgeholzt werden müssen. Die gerodeten Flächen verringern die Artenvielfalt und verändern die Ökosysteme.
Aber in Industriestaaten sieht es ähnlich verzwickt aus: Immer mehr Menschen ziehen in die Städte, weniger Landwirte bewirtschaften größere Flächen, die irgendwann durch Dünger und Monokulturen unbrauchbar werden. Quintessenz der Schwarzmalerei: Mehr Menschen in Städten, zu wenige Lebensmittel überall. Wissenschaftler, Architekten und Landwirte versuchen zu helfen: auf teilweise futuristische Art und Weise. Manche Zukunftsaussichten haben aber durchaus Potenzial. Welche das sind und woher das Gemüse der Zukunft kommt, im Überblick.
Salziges Hindernis
Der Boden salzig, das Süßwasser knapp: Das sind die Probleme, die es in Zukunft zu überwinden gilt. Also haben sich Wissenschaftler überlegt, wie salzige Böden oder Meerwasser in der Landwirtschaft genutzt werden können. Das Projekt Zilt Proefbedrijf wurde von den Landbau-Experten Mark van Rijsselberghe und Dr. Arjen de Vos initiiert und auf der westfriesischen Nordseeinsel Texel umgesetzt. 35 Jahre Erfahrung in der Bio-Landwirtschaft bilden den Grundstein der Experimente mit Gemüse auf salzigen Böden.
„Gemäß der wissenschaftlichen Literatur war es unmöglich, Erdbeeren, Salat und Tomaten auf salzigem Boden zum Wachsen zu bringen. Wir haben bewiesen, dass es doch geht. Und zwar nicht im Labor, sondern draußen auf dem Feld“, so van Rijsselberghe.
Das Ergebnis: Auf salzigem Boden gezogen, entwickeln Pflanzen überdurchschnittlich hohe gesundheitsfördernde Eigenschaften. So enthält die auf Salzboden gezüchtete Kartoffel mehr Antioxidantien als jede andere Kartoffelsorte der Welt. Gut zu wissen, dass salzige Böden nicht das Aus für die Landwirtschaft bedeuten.
Aber was ist, wenn das Wasser ausgeht? Nur mit Sonnenenergie und Meerwasser können die Wissenschaftler rund um Charlie Paton das Seawater Greenhouse zum Laufen bringen. Das ist gut, denn weltweit werden 70 Prozent des Frischwassers für den Landbau genutzt. In Afrika sind es sogar 90 Prozent. Wasser gibt es eigentlich genug, nur das Salz stört – aber dank Paton nicht mehr.
www.texel.net | www.seawatergreenhouse.com
Stadtfarm All-Inclusive
Wenn die Luft in Großstädten schlechter wird und die Schadstoffbelastung steigt, scheint es sinnvoller zu sein, ein Gewächshaus in die Stadt zu setzen. Wie das geht und was es zu beachten gibt, ist dabei aber gar nicht so einfach. Ein schier unüberwindbarer Bürokratiehaufen.
Um Menschen bei der Planung zu unterstützen, haben sich Nicolas Leschke und Christian Echternacht in Berlin zusammengetan. Der Beweis ihrer Farmkünste ist der erste Farmer’s Market in der deutschen Hauptstadt, der mit dem ECF Farmsystems aufgebaut wurde und um den sich Chefgärtner Robert Dietrich mit seinem grünen Daumen kümmert.
Soll in der eigenen Stadt ein fix und fertiges ECF Farmsystem stehen, bieten die Initiatoren ein Rundum-Paket an, das die Wirtschaftlichkeit, Kostenanalyse und eine Standortbegutachtung berücksichtigt. Das Ergebnis dieser Berechnung besteht darin, eine Entscheidungsgrundlage für die Finanzierung und Umsetzung des Projektes zu geben.
Kommt es dann zur Umsetzung, kümmert sich das Team um Bürokratie und den Bau. Ein Sorglos-Angebot mit grünem Daumen. Das Grünzeug aus dem Vorzeige-Projekt in Berlin wird interessierten Bio-Verbrauchern per ECF Farmbox nach Hause geliefert – saisonal, ohne Transportstrecke oder Schadstoffe. Für 300 Menschen aus der Region stehen frische Lebensmittel des Farmer’s Market Berlin zur Verfügung. Gutes Gewissen inklusive.
Ocean’s Club
Unter Wassermangel leiden, obwohl ein Großteil der Erdoberfläche aus Wasser besteht? Eine komische Vorstellung. Warum dann nicht die Fläche nutzen und das Wasser aufbereiten? Das haben sich auch die Architekten um Nicolas Souchko aus Frankreich gedacht. Sie haben für einen Architekturwettbewerb die schwimmende Farm auf dem Ozean entworfen.
Das Wasser soll wie in einer Destille vom Salz befreit werden. Innerhalb der Kugel entsteht dann ein eigenes Ökosystem mit Wolkenbildung, Regenschauern und der Sonne, die von außen durch die durchsichtige Hülle hineinscheint. Durch Löcher in der durchlässigen Außenmembran kann Luft entweichen und eindringen.
Das dem Wasser entzogene Salz wird in den Ozean zurückgegeben. Die zwei verbundenen Systeme der Salzwasserbenutzung sowie des Gewächshausanbaus werden in diesem Projekt kombiniert. Ein Vorteil gegenüber Gewächshäusern an Land ist die optimale Wasserversorgung.
In der Mitte wächst dann auf mehreren Etagen Obst und Gemüse, das die Menschen in Küstenregionen versorgen kann. In der 80 Meter langen und 50 Meter hohen Farm sollen Lebensmittel für mehrere Hundert Menschen produziert werden.
Die Idee ist sicher nicht die ultimative Lösung zur Bekämpfung des Hungers auf der ganzen Welt, weil das Konstrukt zu klein und zu teuer ist. Aber in küstennahen Wüsten ist die Nutzung sicherlich eine Überlegung wert. Bis dahin sieht es erst einmal einfach genial aus.
Im richtigen Licht
Was wie ein außerirdisches Gewächshaus mit Alien-Pflanzen aussieht, ist die wissenschaftliche Antwort auf das Sonnenlicht. Die leistungsstarke tiefrote Leuchtdiode mit einer Wellenlänge von 660 Nanometern ist genau auf die Fotosynthese der Pflanzen abgestimmt.
Damit spart man richtig viel Energie: Der Stromverbrauch in dem Gewächshaus kann um 40 Prozent gesenkt werden. Die Pflanzen brauchen nämlich keine anderen Wellenlängen. Diese werden mit den LED eingespart.
Wie funktioniert das System? Pflanzen verwerten bei ihrem Wachstum nur einen Teil des sichtbaren Lichtspektrums. Die Moleküle in den Pflanzenblättern, die das Licht für die Fotosynthese einfangen, brauchen hauptsächlich tiefrotes und blaues Licht. Diese Moleküle – das Chlorophyll – können rotes und blaues Licht besonders gut in chemische Energie umsetzen.
Und jetzt wird es richtig spannend: Unter Rotlicht wachsen Pflanzen eher in die Länge. Bei blauer Strahlung wird die Bildung von Knospen gefördert. Der Clou: So können Dünger und andere Chemikalien bei der Bewirtschaftung eingespart werden. Neben den Japanern haben bereits deutsche Firmen spezielle Lampen für Gewächshäuser entwickelt, die genau auf diesem Effekt beruhen.
Ob genau das tiefrote Licht der Pflanze das gibt, was sie braucht, ist noch nicht in Langzeitstudien belegt. Schließlich wachsen sie in der Natur auch unter vollem Sonnenlicht. Allerdings kann man mit LED-Lampen Strom sparen – so viel ist schon einmal sicher.
Drumherum und hoch hinaus
Grünzeug an den Wänden der Häuser: Wenn es nicht gerade putzfressender Efeu sein soll, ist das Unterfangen doch etwas aufwendiger. Was dahintersteckt und welche Vorteile es bringt, im Check. Zurzeit leben laut einer Studie der UNO rund 54 Prozent der Bevölkerung in Städten.
Weit über dem Durchschnitt liegen die Bürger Nordamerikas: 82 Prozent von ihnen wohnen nicht mehr in Dorfgemeinschaften, sondern in der Stadt. In Europa sind es noch 73 Prozent. In Afrika sind es hingegen 40 und in Asien nur 48 Prozent. Durchschnittlich also 54 Prozent. 1950 waren es nur durchschnittlich 30 Prozent und im Jahr 2050 werden es wohl über zwei Drittel der Erdenbewohner sein, die sich Tür an Tür, Haus an Haus einen kleinen Platz in der Stadt sichern.
Wenn in 35 Jahren dann alle Menschen in die Stadt wollen, wird die Natur eben auch dazugeholt, um die grauen Hauswände der Wolkenkratzer, die es dann zu Genüge geben wird, zu verschönern, die Luft zu reinigen und vielleicht eben auch noch ein paar Lebensmittel zu produzieren. Denn um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu gewährleisten, ist eine zusätzliche landwirtschaftliche Nutzfläche nötig, die etwa so groß ist wie Brasilien.
Durch die vertikale Landwirtschaft könnte die Nutzfläche erreicht werden. Aber nicht alle Pflanzen mögen es in der Vertikalen: In Mitteleuropa können Pflanzen, die an Spalieren oder Stangen und Seilen wachsen, genutzt werden. An Spalieren wachsen beispielsweise Kiwis und Brombeeren; an Stangen und Seilen fühlen sich Bohnen, Paprika oder Hopfen wohl.
Hochgewachsene Energiepflanzen wie Mais oder Bambus sind auch für Fassadenanbau geeignet. Greift man bei der vorherigen Planung auf Gefäß- und modulare Systeme zurück, können auch niedriger wüchsige Küchenkräuter, Salate und Blattgemüse an der Wand kultiviert werden.
Die Planung umfasst die verschiedenen Standortansprüche und Gerüstlasten wie auch die Organisationen von Pflege und Ernte. Wie viele Schadstoffe belasten die Pflanzen oder welche Technik soll bei der Bewässerung oder Ernte genutzt werden, sind nur einige Fragen, die zu beachten sind, bevor die Außenfassaden bepflanzt werden können.
Durch die Blume gefragt: Was bringt das eigentlich außer schönere Fassaden? Aus wirtschaftlichen Gründen macht es – zumindest zurzeit – keinen Sinn: Der Anbau an Fassaden ist teurer als ein vergleichbarer Anbau auf dem Land. Werden positive Effekte hinzugezogen, die nicht mit Geld aufzuwiegen sind, haben die Pflanzen an den Hauswänden doch einiges zu bieten.
Denn in den Städten wird es zur Flächenverknappung kommen und durch die hohen Häuser zu Hitzestaus sowie einer hohen Staub- und Schadstoffbelastung. Mehr Menschen, mehr Autos und mehr Verkehr werden zu mehr Lärm führen.
Wenn Pflanzen das Leben in Städten verbessern können, sollte der wirtschaftliche Aspekt keinen großen Stellenwert einnehmen. Die Luftverbesserung und die Steigerung der Biodiversität, wenn alte Sorten angebaut werden, stehen dann definitiv auch auf der Pro-Liste.
Durch- und überdacht
Urban Farming ist sicher eine der ersten Ideen, die einem in den Kopf kommen, wenn man an die Landwirtschaft der Zukunft denkt. Von Einzelkämpfern, die Bienen auf dem Dach von Hochhäusern züchten oder kleine Gemeinschaftsgärten innerhalb von Millionenmetropolen anlegen, hört man immer wieder.
Das Projekt Pasona Urban Farming geht aber noch einen Schritt weiter: In Tokio integrierte das Personalunternehmen Pasona HQ in ein Bürogebäude Farmen. Die Firma nutzt dafür ein altes Gebäude, in dem beim Umbau rund 4000 Quadratmeter Grünfläche mit rund 200 verschiedenen Obst- und Gemüsesorten zusätzlich zu den Büroräumen angelegt wurden.
An den Außenfassaden und auf den Balkonen wachsen saisonale Blumen und Orangenbäume. Auf Erde wird innen wie außen verzichtet. Stattdessen dient ein Nährsubstrat, eine Hydrokultur-Lösung mit Düngemitteln und Wasser, als Lebensgrundlage der Pflänzchen. Das macht weniger Dreck und die Pflanzen werden mit den optimalen Nährstoffen versorgt.
Die biologische Ernte wird dann in der firmeneigenen Kantine verarbeitet. Der Inbegriff der Farm-to-table-Philosophie. Die Ziele des überdachten Grünzeugs sind ehrenhaft wie sauerstoffbringend und nicht alleine hungerstillend: Die Farmen auf dem Dach sowie im Inneren des Gebäudes schaffen zusätzliche Arbeitsplätze. Besseres Arbeitsklima – menschlich wie auch metereologisch – inklusive.
Wie Studien belegen, befinden sich Stadtmenschen meist für bis zu 80 Prozent des Tages innerhalb von Gebäuden. Die grünen Mitbewohner bringen die Natur nahe, sorgen für mentale Wohlfühlatmosphäre und sollen die Produktivität ankurbeln, weil die Luft mehr Sauerstoff enthält.
Um das Indoor-Wetter kümmert sich ein Computer: Ein intelligentes Klimasystem kontrolliert die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur rund um Brokkoli- und Reisfelder im Eingangsbereich, die Tomatenranken-Tisch-Deko und Zitrusbäumchen-Raumteiler. Das Licht für die Pflanzen ist in der Decke eingelassen, was für indirekte Beleuchtung sorgt.
Durch spezielle Lampen werden bis zu 30 Prozent Strom gespart. In Japan wird die Landwirtschaft stark reglementiert. Pasona HQ unterstützt Landwirte und die, die diesen Beruf ausüben möchten, mit Seminaren und Praktika. Bilden statt ausbremsen. Innerhalb der angebotenen Schulungen werden neben landwirtschaftlichem Wissen auch Managementthemen und Finanzwesen gelehrt. Nachhaltige Lebensmittel von professionellen Bauern sollen die nächsten Generationen versorgen.
In Japan wird lediglich ein Drittel der Nahrungsmittel im eigenen Land produziert. Rund 50 Millionen Tonnen Lebensmittel legen durchschnittlich 9000 Kilometer zurück, bevor sie Japans Mägen füllen. Das liegt hauptsächlich an der Größe der Insel und am schwierigen Boden: Nur zwölf Prozent der Landesfläche sind geeignet für die Kultivierung von Nutzpflanzen. Die Null-Kilometer-Strategie der Personalfirma erfüllt damit den Wunsch nach mehr Regionalität. Ein Projekt, das gute Luft und Stimmung verbreitet!