16 Fragen an Claus Meyer
Mastermind der Foodrevolution
Wer den Namen Claus Meyer hört, denkt sofort an das mehrfach als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnete noma und die Foodrevolution, die er als Mastermind der nordischen Küche Anfang der 2000er-Jahre losgetreten hat. Nur wenige wissen, wie groß sein Unternehmensimperium mit einem Umsatz von 160 Millionen Euro und 1450 Mitarbeitern wirklich ist. Am noma hält der 53-Jährige heute 20 Prozent, seine erfolgreichste Firma, allein in Zahlen, ist Meyers Contract Catering als Betreiber von 70 Kantinen mit 20.000 Gästen am Tag.
Die Meyers Group, die 2015 mit Løgismose fusionierte, gehört zu den größten Food-Companys Dänemarks. Restaurants wie das Studio mit einem Stern, die Bäckerei Meyers Bageri mit Filialen in Kopenhagen und New York sowie eine Bio-Obstplantage sind nur einige Beispiele der visionären Energie Claus Meyers. Diese geht über die bloße Nutzenmaximierung hinaus.
Mit seinen sozialen Projekten in Dänemark, Bolivien und New York – unter dem Dach seiner Non-Profit-Organisation Melting Pot Foundation – hebt er seine Philosophie von einer besseren Welt durch Esskultur auf eine neue Ebene. 2015 zog Claus Meyer mit seiner Frau und den drei Töchtern nach New York City, um wieder einmal Neues zu wagen: Er will ein kulinarisches Imperium im Big Apple aufbauen. Die Great Northern Food Hall im Grand Central Terminal ist nur der Anfang.
1. Sie stehen für Kopenhagen und die New Nordic Cuisine wie kein Zweiter. Warum der Schritt in die USA?
Die New Yorker Foodszene ist extrem pulsierend. Aber eigentlich waren es meine Frau und meine älteste Tochter, die mich von dem Projekt überzeugt haben. Mir ging es in Dänemark sehr gut und Kopenhagen ist aktuell ein großartiges Kulinarik-Pflaster. Ich hatte mir davor keine Gedanken darüber gemacht, aus Dänemark wegzuziehen, aber spektakuläre Projekte ziehen mich einfach magisch an. Ich liebe es, mich in neue Herausforderungen außerhalb meiner Komfortzone zu stürzen. Ich bin jetzt 53 – wenn es darum geht, einen Berg zu erklimmen: wenn nicht jetzt, wann dann?
Mastermind der Foodrevolution
Wer den Namen Claus Meyer hört, denkt sofort an das mehrfach als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnete noma und die Foodrevolution, die er als Mastermind der nordischen Küche Anfang der 2000er-Jahre losgetreten hat. Nur wenige wissen, wie groß sein Unternehmensimperium mit einem Umsatz von 160 Millionen Euro und 1450 Mitarbeitern wirklich ist. Am noma hält der 53-Jährige heute 20 Prozent, seine erfolgreichste Firma, allein in Zahlen, ist Meyers Contract Catering als Betreiber von 70 Kantinen mit 20.000 Gästen am Tag.
Die Meyers Group, die 2015 mit Løgismose fusionierte, gehört zu den größten Food-Companys Dänemarks. Restaurants wie das Studio mit einem Stern, die Bäckerei Meyers Bageri mit Filialen in Kopenhagen und New York sowie eine Bio-Obstplantage sind nur einige Beispiele der visionären Energie Claus Meyers. Diese geht über die bloße Nutzenmaximierung hinaus.
Mit seinen sozialen Projekten in Dänemark, Bolivien und New York – unter dem Dach seiner Non-Profit-Organisation Melting Pot Foundation – hebt er seine Philosophie von einer besseren Welt durch Esskultur auf eine neue Ebene. 2015 zog Claus Meyer mit seiner Frau und den drei Töchtern nach New York City, um wieder einmal Neues zu wagen: Er will ein kulinarisches Imperium im Big Apple aufbauen. Die Great Northern Food Hall im Grand Central Terminal ist nur der Anfang.
1. Sie stehen für Kopenhagen und die New Nordic Cuisine wie kein Zweiter. Warum der Schritt in die USA?
Die New Yorker Foodszene ist extrem pulsierend. Aber eigentlich waren es meine Frau und meine älteste Tochter, die mich von dem Projekt überzeugt haben. Mir ging es in Dänemark sehr gut und Kopenhagen ist aktuell ein großartiges Kulinarik-Pflaster. Ich hatte mir davor keine Gedanken darüber gemacht, aus Dänemark wegzuziehen, aber spektakuläre Projekte ziehen mich einfach magisch an. Ich liebe es, mich in neue Herausforderungen außerhalb meiner Komfortzone zu stürzen. Ich bin jetzt 53 – wenn es darum geht, einen Berg zu erklimmen: wenn nicht jetzt, wann dann?
2. Aber gerade der New Yorker Gastronomiemarkt hat nicht zu Unrecht den Ruf, einer der toughesten der Welt zu sein. Warum so ein großes Risiko?
Das frage ich mich manchmal auch. Und das Risiko ist wirklich hoch, denn es steckt auch viel eigenes Geld von mir und natürlich auch von meinen Partnern in der Great Northern Food Hall. Mehr als in den Projekten davor.
Ich hoffe, dass ich von Amerika schnell genug lerne, erfolgreich zu sein – bevor ich bankrottgehe.
Claus Meyer ist sich des Risikos bewusst, das er mit der Great Northern Food Hall eingeht
3. Das Thema Brot ist für Sie eine Herzensangelegenheit. Welche Rolle spielt es in der Northern Food Hall?
Brot ist das Urprodukt und der Urgedanke, auf dem alles beruht. Das, was sich jeder leisten kann, ist eine Scheibe Brot. Im Mittelpunkt der Markthalle steht ein sehr breites Brot- und Gebäck-Programm von Meyer’s Bageri. Das Problem ist, dass wir alle zu viel Fleisch essen. Es wäre besser, wenn wir mehr Getreide zu uns nehmen würden, besonders Bio-Vollkorn-Produkte. Raffiniertes Weißmehl ist eine der drei entscheidenden Ursachen von Diabetes und Fettleibigkeit in der westlichen Welt. In New York gibt es nur zehn oder zwölf Bäckereien, die nach demselben Prinzip wie wir arbeiten. Das meiste Brot, das du hier bekommst, ist leer, low carb und hat keinen Gehalt.
Wer Claus Meyers heißblütigen Appell für qualitativ hochwertiges Brot und seinen damit verbundenen Protest gegen die globale Fast-Food-Industrie auf dem Roskilde-Festival 2010 gesehen hat, weiß, wie sehr der dänische Food-Revolutionär für das brennt, was er tut (Youtube: Meyers Bakery at Roskilde Festival).
4. Wie haben sich Ihre Essgewohnheiten in New York verändert?
Die haben sich nicht so sehr verändert. Wir essen viel Ethno-Food, da sind die Amerikaner Vorreiter. Und wir kochen viel gemeinsam. Ich selbst koche kaum noch zu Hause, das übernehmen vielmehr meine Frau und meine Töchter. Sie interessieren sich inzwischen sehr für Essen und teilen unsere Werte für hochwertige Lebensmittel.
5. Wie fällt Ihr Fazit seit der Eröffnung der Northern Food Hall im Juni 2016 aus?
Ich habe noch nie etwas wie das in Angriff genommen. Wir haben täglich eine Frequenz von 750.000 Leuten in der Grand Central Station und schon sehr gute Kritiken in der New York Times bekommen. Es ist aber noch viel zu früh, um etwas über den Erfolg zu sagen. Wenn ich das nicht schaffe, werde ich mir das nicht verzeihen. Ich hoffe, dass ich von Amerika lerne – und zwar schnell genug. Mein Ziel ist es, erfolgreich zu sein, bevor ich bankrott bin.
6. Nur sieben Monate nach der Eröffnung Ihres nordischen Restaurants Agern, ebenfalls in der Grand Central Station, fiel direkt der erste Stern. Was macht Sie zufriedener: solche Auszeichnungen oder Ihre sozialen Projekte?
Natürlich sind Michelin-Sterne etwas Schönes und ich habe sie noch nicht satt. Ich möchte auch drei Sterne in der New York Times haben. Aber soziale Projekte geben schon ein anderes Gefühl von Zufriedenheit. Wir wissen doch alle, dass Nahrung immer an erster Stelle vor dem Vergnügen steht. Ich wollte nicht hierherkommen und mein berufliches Leben nur dem geschäftlichen Part von Essen widmen.
7. Was spornt Sie dabei an?
Ich genieße mein Leben besonders, wenn ich weiß, dass das, was ich tue, wirklich eine Veränderung bringt. Ich habe ein wundervolles Leben, eine wundervolle Familie, genug Geld. Ich werde also nicht glücklicher durch noch mehr Vermögen. Ich bin ständig auf der Suche nach Problemen, die niemand lösen möchte und die ich mit einem Sinn für Essen, kulinarischem Handwerk und Unternehmertum verbinden kann. Statt diese Gabe und mein Wissen nur dafür zu nützen, mehr Geld für mich selbst und mein Unternehmen anzuhäufen, ist es für mich viel interessanter, mit diesem Wissen andere Menschen zu inspirieren und ihr Leben zu verbessern.
Nach dem Erfolg des noma gründete Claus Meyer 2010 in Dänemark die gemeinnützige Non-Profit-Organisation Melting Pot Foundation. Was mit Bildungsprogrammen für Kinder rund um Ernährung wie dem Kid’s Table begann, umfasst heute unter anderem ein Ausbildungsprojekt in Form von Kochschulen in dänischen Gefängnissen (250 Häftlinge mit Abschluss) sowie ein Programm in Bolivien mit dem Gourmetrestaurant Gustu, Cafeterias und Kochschulen sowie dem Gustu Training Center (bisher 3000 ausgebildete Jugendliche).
8. Welches Erlebnis hat sich in Ihrem Engagement für Melting Pot am meisten bei Ihnen eingebrannt?
Unsere Arbeit in den dänischen Gefängnissen. Wir haben dort ganz einfache Arbeitsküchen geschaffen und kamen mit unserer Leidenschaft fürs Kochen rein. Die Häftlinge haben noch nie Leute wie uns kennengelernt, die haben sich immer als gescheiterte Persönlichkeiten gesehen. Und plötzlich haben wir angefangen, mit ihnen großartiges Essen zu machen, und ihnen nach zwei Monaten beigebracht, wie man ein 1-Sterne-Menü kocht. Als dann ein Häftling seiner Mutter das erste Mal ein Gericht serviert hat, war das schon ein ganz besonderer Moment.
9. Wie viel haben Sie bisher in die Melting-Pot-Projekte investiert?
Für Bolivien und das dänische Gefängnisprogramm hat Melting Pot eine Million Euro aufgewendet, die ich gespendet habe. In den USA habe ich das Brownsville-Projekt gemeinsam mit meinen Geschäftspartnern mit einer Spende in Höhe von 1,5 Millionen Euro unterstützt. Zusätzliche Förderung kommt von Privatleuten, anderen NGOs und öffentlichen Einrichtungen, die unsere Finanzierung um das Drei- bis Fünffache übersteigt. Beim Gefängnisprojekt liegt sie noch weitaus höher.
Bei Brownsville hat man das Gefühl, dass es von der Gesellschaft komplett im Stich gelassen wurde.
Claus Meyer baut in dem New Yorker Viertel Brownsville gerade das Brownsville Community Culinary Center auf
10. In Brooklyns Stadtteil Brownsville bauen Sie gerade das Brownsville Community Culinary Center mit einem Café-Restaurant und einer Kochschule auf. Warum haben Sie sich dafür gerade eines der schwierigsten Viertel New Yorks ausgesucht?
Weil es dieses Stadtviertel am dringendsten braucht. Es ist einer der ärmsten Teile New Yorks, eine Foodwüste mit 75.000 überwiegend Afroamerikanern, von denen 55.000 unter der Armutsgrenze leben. Bei Brownsville hat man das Gefühl, dass es von der Gesellschaft komplett im Stich gelassen wurde. Im April 2017 wollen wir eröffnen.
11. Bei solchen Rahmenbedingungen, was sind da Ihre Ziele?
Ich will bewusst etwas Schwieriges machen, was nicht jeder kann. Etwas, was den Menschen etwas bedeutet. Ich hoffe, dass wir es schaffen, jedes Jahr 50 bis 60 junge Menschen auszubilden, und ihnen zum Start in eine wunderbare Karriere verhelfen zu können, um ihre Familie aus der Armut rauszuholen.
12. Stimmt es, dass Sie den Leiter Ihres Projekts, Lucas Denton, zufällig auf der Straße kennengelernt haben?
Oh ja, das war 2013. Ich stand in der Schlange vor der Scratchbread bakery in Bedford-Stuyvesant und dieser Fremde kam auf mich zu und sagte: „Willkommen in unserem Viertel!“ Ich fragte ihn, was jemand mit meinem Hintergrund hier wirklich Bedeutsames tun kann. Der Zufall wollte es, dass dieser junge Mann ein Soziologe ist, der für das New City Council arbeitet und Gentrifikation studiert. Er hatte einige clevere Ideen. Ich musste dann aber weiter und versprach ihm, mich bei ihm zu melden, woran er natürlich nicht glaubte. Aber ich tat es tatsächlich. Später stellte ich Lucas ein, um das Projekt zu leiten.
13. Mit dem New-Nordic-Food-Manifest von 2004 wollten Sie auch eine Waffe gegen die Macht des Fast Food schaffen. Was haben Sie bisher erreicht?
Wenn wir uns umschauen, sehen wir definitiv eine Demokratisierung der Restaurantindustrie, die wundervolles Essen für die Masse zugänglich macht – durch legere Lokale, Street-Food-Konzepte oder moderne Selbstbedienungsrestaurants. Aber auch die großen Ketten müssen sich neu erfinden. In Bolivien wurde McDonald’s komplett aus dem Land geschmissen und dadurch werden das Interesse und die Geschichte des bolivianischen Essens ganz klar wiederbelebt – und vor allem die Zukunft.
14. Die Masse an Restaurants, die sich auf das Manifest berufen, ist explodiert. Wie verwässert wurde die ursprüngliche Vision?
Jenseits meiner kühnsten Vorstellungskraft.
15. Wäre das noma ohne René Redzepi möglich gewesen?
Das wäre es, aber ich weiß nicht, wie viele Küchenchefs das noma so weit gebracht hätten, wie es René bis heute getan hat. Und das hätte einen Einfluss auf die Verbreitung der Werte gehabt, die der Bewegung und dem Restaurant zugrunde liegen.
16. Würden Sie sich nach wie vor mit Redzepi zum Essen treffen? Wenn ja, wo wäre das?
Natürlich! Er ist ein Freund und ein Held. Wir würden in einen völlig unspektakulären Laden gehen, wo uns keiner erwartet. Wenn wir uns nicht irgendwo bei jemandem privat treffen würden. Vielleicht auch gemeinsam mit unseren Familien.