Wo der beste Pfeffer wächst: Über Fledermauskot, Krabben & Tabak
Über Pfeffer spricht man nicht. Nicht einmal Köche tun es. Auch nicht die, die ansonsten dazu neigen, jedes Körnchen in ihren Gerichten mit epischen Geschichten aufzublasen. Storytelling, Regionalität, Produktfetischismus – all das ist beim Thema Pfeffer offenbar nicht so wichtig. Der ist eben einfach da.
Oder etwa nicht? Selbst ausgewiesene Gourmets achten beim detailversessenen Verkosten nur ausgesprochen selten auf ihn. Aber warum eigentlich? Gerade in Zeiten radikaler Hyperregionalität ist der Pfeffer oft das einzige Produkt, das Tausende von Kilometern zurückgelegt hat. Da sollte er doch erst recht seinen großen Auftritt haben. Oder verschweigen Köche ihn gerade deswegen so gern? Fragen über Fragen.
Über Pfeffer spricht man nicht. Nicht einmal Köche tun es. Auch nicht die, die ansonsten dazu neigen, jedes Körnchen in ihren Gerichten mit epischen Geschichten aufzublasen. Storytelling, Regionalität, Produktfetischismus – all das ist beim Thema Pfeffer offenbar nicht so wichtig. Der ist eben einfach da.
Oder etwa nicht? Selbst ausgewiesene Gourmets achten beim detailversessenen Verkosten nur ausgesprochen selten auf ihn. Aber warum eigentlich? Gerade in Zeiten radikaler Hyperregionalität ist der Pfeffer oft das einzige Produkt, das Tausende von Kilometern zurückgelegt hat. Da sollte er doch erst recht seinen großen Auftritt haben. Oder verschweigen Köche ihn gerade deswegen so gern? Fragen über Fragen.
Fest steht: Diese kleinen Körnchen haben es in sich. Und sie sind ziemlich faszinierend. Höchste Zeit also, ihnen endlich einmal etwas Aufmerksamkeit zu schenken.
Körner, die die Welt bedeuten
Wer sich dem Thema Pfeffer nähern will, muss allerdings ziemlich weit weg. Am besten nach Indien. Genauer gesagt: an die Malabarküste. Dort nämlich hat der Pfefferstrauch namens Piper nigrum seinen Ursprung. Und von dort kam er wohl auch zum ersten Mal nach Europa. Das ist lange her, rund 2500 Jahre. Was wir wissen: Bereits die alten Griechen und Römer würzten ihre Speisen mit den scharfen Körnchen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl anderer tropischer Länder, die Pfeffer anbauen und exportieren, zum Beispiel Indonesien, Vietnam, Malaysien oder auch Brasilien. Und dann wäre da noch Kambodscha.
Nach einer Nacht im Wasser kann die Haut leicht entfernt werden.
Sascha Strauer über weißen Pfeffer
„Pfeffer aus Kambodscha gehört ohne Zweifel zu den besten der Welt“, sagt Sascha Strauer. Der Marketingleiter vom Gewürzwerk Hela im norddeutschen Schleswig-Holstein kennt die unterschiedlichsten Pfeffer-Aromen Kambodschas wie nur wenige in Deutschland. Und weiß, wie viel diese Aromen den Kleinbauern auf diesem idyllischen Fleckchen Erde bedeuten. Doch dazu später mehr. Gehen wir zuerst einmal der Frage nach: Was macht den Pfeffer aus Kambodscha so besonders?
Von Fledermäusen und Reisfeldkrabben
Das Aushängeschild des kambodschanischen Pfeffers ist der Kampot-Pfeffer. Von vielen als „König der Pfeffersorten“ verehrt, unterliegt er einer geschützten Herkunftsbezeichnung. Für einen Pfeffer ist das sehr ungewöhnlich. Konkret bedeutet das: Kampot-Pfeffer darf nur in zwei Provinzen Kambodschas angebaut werden, nämlich Kampot und Kep. Beide Provinzen liegen im Süden des Landes. Ihr feuchtwarmes, tropisches Monsunklima mit den alljährlichen Trocken- und Regenzeiten bieten der Pfefferpflanze ideale Wetterbedingungen zum Gedeihen.
Doch das ist noch lange nicht alles. Denn die geschützte Herkunftsbezeichnung sieht äußerst rigide Regeln für den Anbau vor. Das fängt schon bei der Beschaffenheit des Bodens an: Dieser muss so porös sein, dass das Wasser während der starken Regenzeit ordentlich abfließen kann. Eine dichtere Bodenbeschaffenheit würde dazu führen, dass viele Pflanzen schlichtweg überwässert würden – in Zeiten des Klimawandels mit all seinen Wetterextremen ein Risiko, das niemand eingehen will. Doch wie sieht es mit den Pflanzen an sich aus?
Auch hier sind die Dinge ganz klar geregelt: Der Kampot-Pfeffer darf aus gerade einmal zwei Sorten der bereits erwähnten Pflanzengattung Piper nigrum gewonnen werden: Kamchay und Lampong. Erstere gilt als großblättrige, zweitere als kleinblättrige Kletterpflanze. Beide Kletterpflanzen, die sich, abgesehen von ihrer Blättergröße, übrigens in nichts weiter Nennenswertem unterscheiden, unterliegen strengen Haltungsvorschriften.
Einerseits, was die Düngung betrifft. Da sind chemische Düngemittel tabu. Stattdessen greifen die Pfeffer-Bauern auf traditionelle Methoden zurück, wie zum Beispiel das Ausschütten neuer Erde, Kuhdung – oder Exkrementen von Fledermäusen, die man Guano nennt. Aber auch die proteinreichen Schalen der Reisfeldkrabben, die in Kampot im Überfluss vorhanden sind, eignen sich hervorragend als biologischer Dünger.
Ähnlich streng sind die Vorgaben für die Schädlingsbekämpfung: Hier verwenden die Bauern nur natürliche Pestizide, die aus Tabakblättern oder aus Samen des Niembaums hergestellt werden. So penibel diese Anbaubedingungen auch sind – sie machen aus dem Kampot-Pfeffer ein geradezu magisches Produkt. Und zwar eines, das es in gleich vier verschiedenen Farben gibt: in Grün, Schwarz, Rot und Weiß.
Scharfes rotes Gold
Wobei diese Farben natürlich nicht nur fürs Auge sind. Im Gegenteil: Die Farbe der Pfefferkörner verrät einiges über den Erntezeitpunkt und darüber, wie sie verarbeitet wurden. Natürlich unterscheiden sich die einzelnen Farben auch stark im Geschmack. Was heißt das genau? Beginnen wir mit dem grünen Pfeffer. „Er wird gepflückt, wenn die Beeren noch nicht ausgereift, also grün sind“, beginnt Sascha Strauer. „Weil sie so jung sind, sind sie sehr fragil und müssen vorsichtig von Hand gewaschen werden. Anschließend werden sie gebrüht und bei niedriger Temperatur dehydriert. Damit wird das einzigartige, nur leicht scharfe Aroma optimal bewahrt.“ Etwas kräftiger im Geschmack, aber auch aufwendiger in der Verarbeitung, ist der fermentierte schwarze Kampot-Pfeffer.
Er wird etwas später geerntet als der grüne. „Nämlich dann, wenn die Beere bereits eine dunkelgrüne oder grün-gelbe Farbe zeigt“, so Strauer. „Auch diese Körner werden gewaschen und gebrüht. Aber dann durchlaufen sie im Gegensatz zum grünen Pfeffer einen geheimen, ziemlich komplexen Fermentationsprozess mit Kampot-Salz. Genau durch diesen Fermentationsprozess werden die Körner übrigens schwarz. Der anschließende Gärungsprozess passiert dann in Fässern – und zwar in einem eigens dafür errichteten Gebäude. Diese Fermentierung bringt einen komplexen Geschmack in die Körner. Viele Köche lieben diesen Pfeffer auch deswegen, weil seine Konsistenz im Gegensatz zum grünen weich bleibt, das gibt ihm etwas Ungewöhnliches, Überraschendes.“
Spätlese mit Wumms
Noch eine Spur aufwendiger verhält es sich mit dem weißen Kampot-Pfeffer: „Hier werden die vollreifen Pfefferbeeren geerntet, die bereits rot sind“, klärt Strauer auf. „Wie beim grünen und schwarzen Pfeffer heißt es auch hier: waschen und brühen – aber dann kommen sie in einen Bottich mit klarem Wasser und bleiben dort eine Nacht lang. Die Haut, die den Stein umgibt, ist dann sehr weich und kann so leicht geschält werden. Anschließend werden die Pfefferkörner mehrmals gewaschen und zwei bis drei Tage in der Sonne getrocknet.“
Durch den erhöhten Fructose-Anteil im Fruchtfleisch schmeckt er süsslich-fruchtig.
Sascha Strauer von Hela über den roten Kampot-Pfeffer
Jetzt sind wir gewissermaßen an der Spitze angelangt – dem roten Kampot-Pfeffer, auch als „Gold Kambodschas“ bezeichnet. „Bei ihm handelt es sich um eine Art Spätlese, ähnlich wie beim Weinbau“, sagt Strauer. Die Beeren werden erst dann geerntet, wenn sie rot gefärbt sind. Danach folgt dasselbe Prozedere wie beim schwarzen Pfeffer: waschen, brühen, trocknen an der Sonne und harken.
„Durch den erhöhten Fructose-Anteil im Fruchtfleisch bekommt der rote Pfeffer eine süßlich-fruchtige Note“, erklärt Strauer. „Doch nicht nur der Fruchtzuckergehalt steigt, auch der Gehalt an Piperin im Kern nimmt zu. Durch den höheren Piperin-Gehalt ist roter Pfeffer daher auch der schärfste der vier Pfeffersorten. Man darf diese Rarität übrigens nicht mit der ‚Rosa-Beere‘, einer Schinusfrucht, verwechseln. Diese Frucht hat rein gar nichts mit der Pfefferpflanze zu tun. Dennoch wird sie am Markt oft fälschlicherweise als ‚Roter Pfeffer‘ bezeichnet.“
Mit Pfeffer Tabus brechen
Es ist genau dieses komplexe Handwerk mit jahrhundertealter Tradition, das Hela endlich vor den Vorhang holen will. Mit der neuen Gewürzlinie namens „Chamkar“ soll der Kampot-Pfeffer nicht nur neue Maßstäbe in Sachen Geschmack setzen, sondern auch in Kampot selbst Gutes tun. „Wir verhandeln die Preise nicht, sondern kaufen den Pfeffer zu sehr überdurchschnittlichen Marktpreisen ein“, erklärt Strauer. „Das garantiert einfach gute Arbeitsbedingungen und ein sicheres Einkommen vor Ort. Außerdem arbeiten wir nur mit kleinen, eigens ausgesuchten Landwirten zusammen, damit das Geld auch wirklich bei den Leuten ankommt.“
Wir sorgen für totale Transparenz in unserer Lieferkette!
Wie der Preis für Kampot-Pfeffer entsteht, daraus macht Hela keinen Hehl
Apropos Geld: Was im globalen Gewürzbusiness oft verschwiegen wird, daraus macht Hela mit seiner Chamkar-Reihe gleich ein Vorreiterprojekt. Oder sollten wir eher sagen: Vorzeigeprojekt? „Uns war von Anfang an wichtig, dass wir volle Transparenz innerhalb der Lieferkette zeigen. Das heißt, jeder einzelne Schritt – von der Ernte über die Produktion bis hin zu Transport und Vertrieb – kann auf unserer Homepage im Detail nachgelesen werden“, sagt Strauer.
Tatsächlich gewährt eine solche Aufschlüsselung wertvolle Einblicke in ein sonst von Firmen so tabuisiertes Thema: So betragen im Falle des Schwarzen Pfeffers beispielsweise die Kosten für den Farmer pro Kilo 12,39 Euro, die händische Auswahl sowie die Trocknung und Vermahlung beträgt 2,30 Euro – und die Marketingkosten bei Hela 50 Cent pro Dose. Genau 1,17 Euro pro Dose gehen an eine NGO vor Ort. „Damit können die Kinder beispielsweise in die Schule gehen und auch andere Projekte werden dadurch in der Region unterstützt“, sagt Strauer. Und zeigt damit eindrücklich: Auch in Zeiten des gefeierten Regionalismus lohnt es sich, über den Tellerrand zu blicken. Und dem Kampot-Pfeffer aus Kambodscha die Bühne zu geben, die er verdient. Davon haben nicht nur die heimischen Köche und Feinschmecker etwas. Sondern auch die Menschen in Kambodscha.