Wie Bertus Basson Südafrikas Geheimnisse auf die Teller bringt

Bertus Basson ist ein besessener Botschafter der modernen südafrikanischen Küche – und lockt mit seinem Gastro-Imperium Foodies aus aller Welt in seine Heimat. Das Geheimnis seines Erfolges? Einzigartige Terroir-Produkte, die man in Europa noch nicht einmal ansatzweise kennt!
September 14, 2023 | Text: Lucas Palm | Fotos: Raphael Gabauer, Shutterstock, AdobeStock, Rolling Pin

Es gibt Länder, in denen die Geschichte spürbarer ist als in anderen. Als bräuchte dort die Vergangenheit noch ein bisschen, bis sie wirklich hinter einem liegt. Als wäre zu viel passiert. So viel, dass der Lauf der Zeit bisher nicht ausgereicht hat, um alles zu verarbeiten.

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Die Natur Südafrikas ist seine Bühne – und ihre Produkte rückt er international ins Rampenlicht: Produkt-Nerd und Multigastronom Bertus Basson

Südafrika ist so ein Land. Die letzten Jahrhunderte dort waren geprägt von Kolonialismus, von Unabhängigkeitskämpfen, von Unterdrückung, von Rassismus und Befreiungsschlägen. Und so sehr das heutige Südafrika noch mit den Nachwirkungen seiner Geschichte zu kämpfen hat: Dieses Land blickt ohne Zweifel in eine verheißungsvolle Zukunft. Unter kulinarischen Gesichtspunkten ist das einem ganz bestimmten Kochtalent zu verdanken: Bertus Basson.

Es gibt Länder, in denen die Geschichte spürbarer ist als in anderen. Als bräuchte dort die Vergangenheit noch ein bisschen, bis sie wirklich hinter einem liegt. Als wäre zu viel passiert. So viel, dass der Lauf der Zeit bisher nicht ausgereicht hat, um alles zu verarbeiten.

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Die Natur Südafrikas ist seine Bühne – und ihre Produkte rückt er international ins Rampenlicht: Produkt-Nerd und Multigastronom Bertus Basson

Südafrika ist so ein Land. Die letzten Jahrhunderte dort waren geprägt von Kolonialismus, von Unabhängigkeitskämpfen, von Unterdrückung, von Rassismus und Befreiungsschlägen. Und so sehr das heutige Südafrika noch mit den Nachwirkungen seiner Geschichte zu kämpfen hat: Dieses Land blickt ohne Zweifel in eine verheißungsvolle Zukunft. Unter kulinarischen Gesichtspunkten ist das einem ganz bestimmten Kochtalent zu verdanken: Bertus Basson.

Diese Muscheln sind sehr rar. Aber wenn wir sie auf der Karte haben, lieben es die Gäste einfach!
Bertus Basson über die südafrikanischen Seeohren namens Perlemoen

Wie kein anderer hat der gebürtige Kapstädter in den vergangenen 15 Jahren Südafrikas Kulinarik auf die Landkarte der internationalen Spitzengastronomie gesetzt. Und das nicht nur, indem er sich auf die Wurzeln südafrikanischer Kulinariktraditionen zurückbesann. Sondern auch, indem er Produkte wiederauferstehen ließ, die außerhalb Südafrikas noch (fast) niemand kennt.

Der Jäger als Entdecker

Bassons Vorfahren kamen Ende des 17. Jahrhunderts aus Europa in das heutige Südafrika. Als wichtiger Stützpunkt der niederländischen Kolonialmacht zog dieses Fleckchen Erde Europäer aus aller Herren Länder an. Es galt, der kriegsgebeutelten Heimat zu entkommen. Sich ein neues Leben in Frieden und Wohlstand aufzubauen. Basson ist also das, was man heute einen „Buren“ nennt. Früher hieß das auch „Weißafrikaner“. Damit machen die Bassons einen vergleichsweise kleinen Teil der Bevölkerung Südafrikas aus. Denn Südafrika gehört in jeglicher Hinsicht zu den diversesten Ländern der Welt: Es gibt allein elf Amtssprachen und eine schier unüberschaubare Anzahl an Ethnien und Volksgruppen. „Was uns Südafrikaner alle verbindet, ist das Essen. Klingt banal, ist aber in unserem Land von enormer Wichtigkeit“, sagt Basson.

Der junge Bertus wuchs im Landesinneren Südafrikas auf, in Polokwane, Nelspruit und Witbank, allesamt Städte im Nordosten des Landes. „Mein Vater nahm mich öfters auf Jagdausflüge mit“, erinnert sich der Erfolgsgastronom. „Das erlegte Wild hat mich schon damals gelehrt, das Lebensmittel Fleisch mit so viel Respekt wie möglich zu behandeln. Und überhaupt habe ich durch diese ersten Erfahrungen verstanden, wie viele Lebensmittel uns die Natur gibt, was in unserem großartigen Land alles wächst! Pilze, Küstengräser, Getreide, und, und, und!

„Wir fermentieren draußen, nicht wie die Europäer im Keller.“

Das Verrückte ist, dass viele bis heute nicht wissen, was für Schätze Südafrika bereithält!“ Gefördert wurde Bassons Faszination für alles Essbare aus der südafrikanischen Natur von seiner Mutter, einer leidenschaftlichen Köchin, der er von Kindesbeinen an in der Küche half. Das war auch der Grund, warum sich der heranwachsende Bertus dazu entschloss, Koch zu werden. Und da selbst ein so stolzer Südafrikaner wie er sich in seiner Jugend nach neuen Ufern sehnte, verließ er eine Zeit lang seine Heimat. Er ging nach London – und lernte dort unter dem Sternekoch Bruce Poole, was es hieß, Produkte auf ihre Qualität hin zu prüfen und sie so frisch wie möglich zu verarbeiten.

Overture als Ouvertüre

Doch die Heimat rief ihn bald wieder zu sich. Hört man Bertus Basson zu, wundert das einen ganz und gar nicht. „Wenn ich über Südafrika spreche, bin ich voreingenommen: Ich liebe mein Land!“, sagt der offenherzige 44-Jährige. 2007 eröffnete Basson das Overture in Stellenbosch, einem idyllischen Vorort Kapstadts inmitten der Weinberge. Dort verschrieb er sich voll und ganz der südafrikanischen Küche – und zwar in all ihren Facetten.

Damit machte er innerhalb kürzester Zeit weltweit von sich reden. So sehr, dass er heute ganze sieben Restaurants – vorwiegend im Kapstädter Umland – besitzt. Vom Burgerkonzept über die hippe Weinbar bis hin zu seinem Gourmet-Flagship Eike lässt Basson als Konzeptkünstler die südafrikanische Küche in die Welt strahlen. 2019 wurde er von der prestigeträchtigen World’s 50 Best Restaurants-Liste dafür als Chef of The Year ausgezeichnet. „Ich sehe das als Ansporn, die Einzigartigkeit südafrikanischer Produkte weiter ins Rampenlicht zu rücken“, sagt er. Und gibt dafür auch gleich ein paar beeindruckende Beispiele.

„Biltong-Fleisch gibt es bei uns auch vom Wild, nicht bloß vom Rind!“

Von Eingeweiden und Kudus

Da wären etwa die typisch südafrikanischen Seeohren, auch Abalonen genannt. „In Südafrika heißt sie Perlemoen, und diese Art von Seeohren gibt es nur an unseren Küsten“, sagt Basson. „Da es sich dabei um eine geschützte Tierart handelt, bekommen auch wir nur geringe Mengen, und das völlig zurecht. Aber Perlemoen sind vielfältig einsetzbar – und wenn wir es auf der Karte haben, lieben es die Leute einfach!“

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Ist in seiner Heimat ein Rockstar: Das Aushängeschild der südafrikanischen Spitzenküche, Bertus Basson

Tatsächlich lässt sich mit dieser Delikatesse so manches anstellen: Ceviches, Carpaccios, Risotti – und auch ganz einfach angebraten entfalten Perlemoen ihre milde Jodigkeit auf einzigartige Art und Weise. Und wenn wir schon beim Meeresgetier sind: Basson schwärmt für Bokkoms.

Was das ist? Kurz gesagt: fermentierte Meeräschen. Basson erklärt das so: „Nach uralter kapstädtischer Tradition werden die Meeräschen direkt nach dem Fang in Salz eingelegt und anschließend in der Sonne getrocknet. Natürlich mit den Eingeweiden, die geben den letzten Umami-Kick!“ Das feste, gehärtete Fischfleisch reibt Basson gerne über seine Gerichte, für die Extraportion „vielschichtige Salzigkeit“, wie er sagt.

Bokkoms sind im Grunde mithilfe der Sonne fermentierte Meeräschen.
Keiner kennt sich mit Südafrikas Besonderheiten so gut aus wie Bertus Basson

Überhaupt: Mit Salz fermentierte Produkte gibt es in Südafrika so einige. Darunter zählt auch Biltong. Dabei handelt es sich um abgehangenes, getrocknetes Fleisch. „Im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern findet unsere Fermentationskultur nicht in Kellern, sondern draußen in der Sonne statt“, sagt Basson.

Und vergessen wir nicht: „Südafrika ist auch ein Land der Wälder. Biltong-Fleisch gibt es nicht nur vom Rind, sondern auch von unterschiedlichen Wildtieren wie dem Hirsch oder dem Kudu.“ Stundenlang könnte Basson über all das sprechen, was hier in Südafrika auf die Teller kommt. Und doch ist er überzeugt: „Es gibt noch vieles zu entdecken hier, sehr vieles. Davon bin ich überzeugt. Der Siegeszug der Küche Südafrikas hat gerade erst begonnen.“

 

Bertus Basson

1979 in Kapstadt geboren, wuchs Bertus Basson im Landesinneren Südafrikas auf. Mit 19 Jahren verließ er seine Heimat und holte sich in Bruce Pooles Londoner Sternerestaurant „Chez Bruce“ das handwerkliche Rüstzeug zum Koch. Ein paar Jahre später eröffnete er sein erstes Restaurant in der Nähe von Kapstadt, das Overture. Damit wurde er weltweit als zeitgemäßer Botschafter der südafrikanischen Küche gefeiert. Heute führt Basson sieben Restaurants in und um Kapstadt und gilt durch seine mediale Präsenz als Botschafter der südafrikanischen Kulinarik.

bertusbasson.com

 

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