Perlentaucher
Fotos: Werner Krug
Ein Fischzüchter, der nur ungern seine Tiere schlachtet und der Kaviar nicht produziert, um reich zu werden? Gibt es so was? Ja, und auch noch erfolgreich als einzigen Störkaviarproduzenten Österreichs. Mit seinem familiengeführten Fischhandel in Grödig, 20 Kilometer südlich von Salzburg, trifft der bald 51-jährige Walter Grüll den Puls der Zeit. Der Profi weiß: Kaviarpreise steigen, während die Qualität der luxuriösen Delikatesse – häufig aus Russland und dem Iran stammend – immer mehr den sprichwörtlichen Bach hinuntergeht. Diesen Trend erkannte Grüll, selbst ernannter Fischflüsterer und erfolgreicher Unternehmer, rechtzeitig, als er…
Fotos: Werner Krug
Ein Fischzüchter, der nur ungern seine Tiere schlachtet und der Kaviar nicht produziert, um reich zu werden? Gibt es so was? Ja, und auch noch erfolgreich als einzigen Störkaviarproduzenten Österreichs. Mit seinem familiengeführten Fischhandel in Grödig, 20 Kilometer südlich von Salzburg, trifft der bald 51-jährige Walter Grüll den Puls der Zeit. Der Profi weiß: Kaviarpreise steigen, während die Qualität der luxuriösen Delikatesse – häufig aus Russland und dem Iran stammend – immer mehr den sprichwörtlichen Bach hinuntergeht. Diesen Trend erkannte Grüll, selbst ernannter Fischflüsterer und erfolgreicher Unternehmer, rechtzeitig, als er vor etwa 20 Jahren ins Kaviargeschäft einstieg.
am Weltmarkt bis zu 65.000 Euro.
Dabei züchtete er auch von Anfang an die besonderen Albino-Störe, deren Kaviar einen Kilopreis von bis zu 65.000 Euro am Weltmarkt erzielt. Aber Profit war es nicht, der ihn ins Kaviargeschäft trieb. Vielmehr reichte die einfache Frage eines Kunden, warum man zwar Fische verkauft, aber keinen Kaviar, um sich näher mit dem Luxusprodukt zu beschäftigen. Und nicht nur zu beschäftigen, sondern auch seine Leidenschaft zu einem heute guten Geschäft zu machen. Der Profit ist zweitrangig. Vielmehr zählen bei ihm die Leidenschaft, Hingabe und Liebe zu den Tieren. Alles hat in der heimischen Badewanne im zarten Alter von 14 Jahren angefangen, als er Forellen in der Waschküche züchtete. Zwar hatte die Frau Mama keine Freude damit, aber das war dem fischliebenden Walter damals herzlich egal. Seitdem hat er sich ein umfassendes Know-how im Bereich Fischzucht und in späterer Folge Kaviarherstellung angeeignet.
Viele Fische im Teich
Bei Grülls, in der Zucht Hellbrunner Allee, tummeln sich in zahlreichen Teichen über zehn Arten von Stören, darunter auch die exklusiven Albino-Störe, Forellen, Saiblinge und Lachsforellen, die zu hochwertigen Produkten verarbeitet werden. Hier fokussiert sich der charismatische Züchter nicht nur auf die Fischeier und Filets. Bei Grülls wird alles verarbeitet. Von Fischpesto über Störverhacktes bis zu Handtaschen – seine Produktpalette kennt keine Grenzen. Doch nicht nur die Vielfalt sorgt für den großen Erfolg des Salzburger Unternehmens.
Das Geheimnis seiner Produkte: Sie sind immer frisch und da Walter Grüll keinen Wert auf Profitmaximierung legt, wie manche seiner Konkurrenten, gibt er den Tieren Zeit und hält das Stresslevel seiner Tiere gering. Schließlich kommt „bei einem schlechten Umgang mit den Fischen kein exzellentes Produkt“ heraus. Das liegt dem Züchter am Herzen und das spiegelt sich auch in der Qualität seiner Produkte wider. Allerdings war aller Anfang schwer, und „wer plant, mit Kaviarproduktion reich zu werden, der muss in den ersten paar Jahren ordentlich einstecken“, sagt Grüll. Denn die erste Zeit musste er sich das Wissen selbst aneignen. Da nutzt es nichts, wenn man versucht, andere Kaviarproduzenten aus dem Iran oder Russland zu kontaktieren. „Viele halten ihr Wissen unter Verschluss, so musste ich mir das Know-how selbst anlernen.“ Wichtig ist zu wissen, dass ein Stör erst im Alter von circa 14 Jahren die erste Ovulation hat und unbedingt der zweite Eisprung abgewartet werden muss. „Dabei laicht der Stör in Gefangenschaft nicht ab, sondern resorbiert die gallertartige Flüssigkeit im Körper. Weitere zwei bis vier Jahre später kann man dann Kaviar in höchster Qualität ernten.“ Dabei schlachtet Walter Grüll seine Tiere nicht nach Gefühl, sondern stellt vorher mithilfe eines Tierarztes per Ultraschall fest, ob ein Weibchen genug Eier im Bauch hat.
Und das nur von Mitarbeitern, die gut drauf sind.
Weiters entnimmt er eine kleine Gewebeprobe mittels eines minimalen Schnittes auf der Bauchdecke. Wenn der Kaviar dann reif ist, kommt der Fisch für weitere acht Wochen „zum Auswassern“ in ein Extrabecken mit glasklarem Wasser, damit er sich von dem Stress der Prozedur erholen kann. Erst dann, wenn der Chef das O. K. gibt, wird er geschlachtet und innerhalb kürzester Zeit weiterverarbeitet. Kaviar sollte innerhalb von 20 Minuten verpackt werden, da er, wenn er zu lange an der freien Luft liegt, pampig und zu einer ungenießbaren, gallertartigen Masse wird. Dabei ist darauf zu achten, dass der Kaviar während der gesamten Zeit kühler als Zimmertemperatur bleibt. Deshalb wird der Kaviar während der Verarbeitung auf Eis gelegt. Nachdem der Kaviar gründlich gewaschen wurde, wird er gesalzen. Die Gesamtmenge an Salz beträgt am Ende 3,5 Prozent der gesamten Menge Kaviar. Das ist die Mindestmenge, die man braucht, um Kaviar haltbar zu machen. Nach dem Wiegen kommt das kostbare Gut in Döschen. Die Produktion erfolgt zu einhundert Prozent händisch. Etwas, worauf Grüll besonderen Wert legt: Wenn ein Mitarbeiter mal einen schlechten Tag hat, „wird er nicht zur Kaviarproduktion eingesetzt. Ich bin zwar nicht esoterisch veranlagt, glaube aber, dass diese negative Energie auch das Produkt beeinflussen kann.“ Anscheinend hilft’s, denn Kunden reisen aus ganz Österreich an, um die Delikatesse in Döschen mit nach Hause zu nehmen. Dabei war das Teuerste, was er jemals in seinem Geschäft verkauft hat, ein Kilo des cremigen, aromatischen weißen Kaviars, den er für 15.000 Euro pro Kilogramm verkauft. Bezüglich des Geschmacks, sagt Walter Grüll, „muss man dieses hervorragende Produkt selbst einmal gekostet haben, denn für jeden ergeben sich andere Nuancen, da Geschmäcker eben verschieden sind.“
Kundenbindung à la Grüll
Nicht nur werden die frischen Produkte in dem familiengeführten Geschäft vor Ort verkauft. Grüll achtet besonders darauf, dass potenzielle Kunden die Produktionsabläufe selbst erfahren. Auch für Gastronomen und Köche von wertvollem Interesse, denn der Trend geht zu regionalen und frischen Produkten. Deshalb bietet er die Möglichkeit, selbst das eigene Döschen Kaviar zu produzieren, mit fachmännischer Hilfe vom Meister persönlich. „So erleben Kaviarfans nicht nur unsere Philosophie hautnah, sondern wissen um die Bedeutung des Produktes.“ Doch nicht nur den weißen Kaviar verkauft Grüll. Man bekommt eine 10-Gramm-Dose Störkaviar schon um 20 Euro oder 100 Gramm Forellenkaviar um unter zehn Euro. Grüll liegt mit dieser Philosophie voll im Trend, da Gastronomen und Köche zunehmend wissen wollen, wo ihre Produkte herkommen. Weiteres Plus: Grüll sorgt auch für den nachhaltigen Bestand des wertvollen Störs.