Ode an die Sauce
Eine Ode! An mich? Wirklich? Dass es so was gibt. Damit habe ich echt nicht mehr gerechnet. Immerhin ist es schon Tausende Jahre her, seit ich als umami-vollgepumptes Garum über Fisch und Fleisch der Römer geronnen bin und Apicius davon so angetan war, dass er gleich ein Buch darüber verfasst hat. Das erste Kochbuch der Welt.
Das hatte zwar viele Oden an Apicius zur Folge, aber auf mich ganz alleine, so ganz ohne feste Konsistenzen am Teller, wird echt selten ein Loblied angestimmt. Dabei … will ich gar nicht prahlen, aber ich spreche 160 Sprachen fließend. Na gut, zugegeben – in einigen Gebieten etwas bröckeliger, in anderen flüssiger.
Aber dabei bin ich immer. Und ich habe auch tatsächlich etwas beizutragen. Mancher würde sagen, ich bin der Sidekick, der in Wirklichkeit den Ton angibt. Daher fühle ich mich jetzt hier auch etwas aufgedeckt. Ich mag meine Rolle des glitschigen und daher schwer greifbaren Underdogs nämlich. Ich bestimme Aroma, Optik und Geschmack des Gerichts.
Ich weiß das, und einige meiner treuesten Verfechter wissen das. Der Rest schaufelt mich mit Steinbutt, Wiener Schnitzel (in Deutschland) und Co. auf die Gabel und das ist auch gut so. Dazu bin ich schließlich auch da. Die Souffleuse des Gerichts. Dass ihr mich da jetzt so ins Rampenlicht stellt, da fehlen mir doch glatt die Worte. Aber gut.
Dann borge ich mir eben die einiger meiner Freunde aus. So wie die von Ricard Camarena, Sternekoch aus seinem gleichnamigen Restaurant in Valencia, Spanien: „Die Sauce ist die Essenz des Produkts“, sagt er über mich und hat dazu gleich wie Apicius, mein alter Freund, ein Buch verfasst.
Eine Ode! An mich? Wirklich? Dass es so was gibt. Damit habe ich echt nicht mehr gerechnet. Immerhin ist es schon Tausende Jahre her, seit ich als umami-vollgepumptes Garum über Fisch und Fleisch der Römer geronnen bin und Apicius davon so angetan war, dass er gleich ein Buch darüber verfasst hat. Das erste Kochbuch der Welt.
Das hatte zwar viele Oden an Apicius zur Folge, aber auf mich ganz alleine, so ganz ohne feste Konsistenzen am Teller, wird echt selten ein Loblied angestimmt. Dabei … will ich gar nicht prahlen, aber ich spreche 160 Sprachen fließend. Na gut, zugegeben – in einigen Gebieten etwas bröckeliger, in anderen flüssiger.
Aber dabei bin ich immer. Und ich habe auch tatsächlich etwas beizutragen. Mancher würde sagen, ich bin der Sidekick, der in Wirklichkeit den Ton angibt. Daher fühle ich mich jetzt hier auch etwas aufgedeckt. Ich mag meine Rolle des glitschigen und daher schwer greifbaren Underdogs nämlich. Ich bestimme Aroma, Optik und Geschmack des Gerichts.
Ich weiß das, und einige meiner treuesten Verfechter wissen das. Der Rest schaufelt mich mit Steinbutt, Wiener Schnitzel (in Deutschland) und Co. auf die Gabel und das ist auch gut so. Dazu bin ich schließlich auch da. Die Souffleuse des Gerichts. Dass ihr mich da jetzt so ins Rampenlicht stellt, da fehlen mir doch glatt die Worte. Aber gut.
Dann borge ich mir eben die einiger meiner Freunde aus. So wie die von Ricard Camarena, Sternekoch aus seinem gleichnamigen Restaurant in Valencia, Spanien: „Die Sauce ist die Essenz des Produkts“, sagt er über mich und hat dazu gleich wie Apicius, mein alter Freund, ein Buch verfasst.
Camarena: „Als ich 2004 als Autodidakt mit meiner Küche begonnen habe, war die Sauce der Weg zu meiner eigenen Art zu kochen.“ Muse bin ich also auch noch. Na gut, vielleicht kann ich mir darauf ja doch etwas einbilden. Trotzdem, ich brodle lieber leise vor mich hin und warte, bis mein Einsatz kommt.
Wobei mich Ricard nie lange hat blubbern lassen. Er findet es schade, dass ich, wenn ich so lange vor mich hin brodle, natürlich auch Dampf ablassen muss. Da gehen nun einmal einige Aromen flöten. Das möchte mein Kumpel Ricard nicht und daher kocht er mich immer nur ganz kurz und mit den eigenen Fetten aus den Produkten.
Kein Ei zum Klären oder Sonstiges, was mich in meiner puren Schönheit einschränkt. Nach Jahren des Angefüttert- Werdens mit Butter und Mehl in der Zeit der Nouvelle Cuisine muss ich sagen, ist es schon auch einmal angenehm, hier etwas abzuspecken. Schlank ist modern. Und ich gehe immer mit der Zeit.
Die Sauce, der Weltbürger
Und mit der Region. Wenn mein Buddy aus Berlin, Sternekoch Tim Raue in Deutschland, nämlich von Jus spricht, dann meint er ganz richtig, dass ich in diesem Fall aus dem Französischen übersetzt ein Fleischsaft bin. Und bitte auch derart zubereitet werden möchte.
Raue: „Vor inzwischen 15 Jahren oder mehr gab es ja diesen BSE-Skandal und man konnte nicht mehr mit Rinderknochen kochen. Da habe ich mir das erste Mal Gedanken darüber gemacht, dass Jus übersetzt ja eigentlich Fleischsaft heißt und warum man einen Fleischsaft mit Knochen kocht.“
Die Sauce ist die Essenz meiner Küche.
Josean Alija
Hinzu kam der Blick gen Osten. Raue: „In Asien setzt man einen fertigen Fond aus Gemüse an und gibt das Fleisch erst später dazu. Alle meine Saucen basieren auf drei Jus, die wir wie asiatische Brühen zubereiten. Kalb, Rind und Hühnerfleisch gekocht – dabei kommen auf 20 Liter Wasser schon einmal 10 Kilogramm Fleisch – und dann reduziert und weiterverarbeitet.“
Grün angehaucht, also aus Kräutern und Gemüse zubereitet, und das 30-fach und täglich stecke ich mir den Musenorden für Josean Alija aus dem Sternerestaurant nerua in Bilbao aufs Revers. „Die Sauce ist die Essenz meiner Küche. Ohne Saucen würde ich mir schwertun, die Küche zu verstehen“, sprichts und rührt in Curry-Fond und Knoblauch-Sud um.
„Eine gute Sauce hält die perfekte Balance zwischen Textur, Geschmack und Aromen. Und sie ist emotional. Es geht immer darum, was eine Sauce versteht einem zu erzählen“, sagt Josean Alija. Und das ist so einiges, wie ihr seht.
Moody Sauce
Dabei habe ich manchmal auch schlechte Tage. Ich gebe es offen zu. Ehrlich. Wer kann auch immer gut drauf sein? Wenn wer die Zwiebel anbrennt und mich dann weiterköcheln lässt, da kann man ja nur stinkig werden, oder etwa nicht? Das verarbeite ich dann in meinem Tagebuch. Das hilft. Aggressive Saucen stehen schließlich auch konträr zu einem guten Bauchgefühl.
Auf die Idee gebracht hat mich mein Kumpel Enrique Olvera in Mexiko-Stadt. Hier stülpe ich mir die Rolle der Mole über, der traditionellsten Sauce Mexikos. Mit unzähligen Kräutern und Gewürzen, Schokolade und Chili. Da kann ich erst so richtig zeigen, wie polyglott ich bin.
Begonnen hat also Enrique mit meinem Tagebuch. Er hat aufgeschrieben, was er meiner Basis alles hinzugefügt hat und wie das mit unserem Zutaten-Teambuilding weiter verlaufen ist. Wobei ich ja prinzipiell ein sehr verträglicher Zeitgenosse bin. Ja, und eines Tages spaziert mein Kollege Andoni Luis Aduriz aus dem 2-Sterne-Restaurant Mugaritz im Baskenland bei Olvera zur Tür herein. Zum Töpfe-Gucken …
Die Sauce ist Ausdruck einer Kultur. Die baskische Küche würde man ohne unsere Grundsaucen nicht verstehen.
Andoni Aduriz
Und da muss ich ihn natürlich herzlich aus meinem Topf heraus grüßen, meinen Freund, mit dem ich als eine der vier baskischen Grundsaucen schon so einige Experimente durchgemacht habe. Aduriz: „Die Sauce ist Ausdruck einer Kultur. Die baskische Küche würde man ohne unsere Grundsaucen nicht verstehen. Sie spiegelt die Persönlichkeit eines Volkes wider.“
Schön gesagt, nicht? Ich bin nämlich sehr gerne die samtig cremige, intensive und scharfe Stimme eines Landes. Na ja, und so bin ich als mexikanische Sauce eben auch nach Europa gekommen. Dass ich da den einen oder anderen baskischen oder auch katalanischen Akzent bei meiner Weiterreise nach Barcelona aufgeschnappt habe, müsst ihr mir verzeihen.
Manchmal verstehen mich die Leute auch besser, wenn ich in ihrer Sprache spreche. Beziehungsweise bin ich das Sprachrohr für denjenigen, der am Herd den Kochlöffel schwingt. Ihr müsst mir also ebenso verzeihen, wenn ich das eine oder andere Mal als geschmackloser Papp daherkomme.
„Die Sauce ist nicht mit der Intention geboren zu betrügen. Es geht immer um denjenigen, der sich der Ausdrucksmöglichkeit bedient“, sagt Andoni Aduriz. Da kann ich ihm nur recht geben. Ich versuche immer, den Produkten, aus denen ich entstehe, als bestmögliches Sprachrohr zu dienen.
Die Sauce ist das Rückgrat eines jeden Gerichts.
Tim Raue
Aduriz: „Meiner Ansicht nach ist die Sauce der Aggregatzustand, in dem sich etwas präsentiert. Und manchmal in der Sauce sogar noch intensiver als im eigentlichen Produkt.“ Was soll ich sagen, ich mag es einfach, wenn alles fließt. An mich können sich Tim Raues Zander (hier mime ich den Sojasud) und Andoni Aduriz’ Bacalao (da haben sich die Guten aufs Kollagen gestürzt) getrost anlehnen.
Ich bin das Rückgrat eines jeden Gerichts, sagt mein Freund Tim. Ob als Velouté nach Ricard Camarena ganz ohne Mehl oder eben im klassischen Sinn nach Auguste Escoffier. Er war es, der mich um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert mit einem Buch, das heute eine Bibel ist, das letzte Mal ins Rampenlicht geholt hat.
Davor war es Carême, der ebenfalls von nur fünf Saucen sprach, auf denen sämtliche weitere basieren. Wobei die Guten dabei vergessen haben, mich von meiner Umami-Seite zu betrachten. Meine Rolle als Sojasauce möchte ich nämlich bitte schön nicht missen. Aber gut, es kann eben nicht jeder so perfekt sein wie ich.