Die neuen Eisheiligen
Vanille, Schoko und Erdbeer waren gestern
Blutwurst, Sardelle und Spinat heißt die Zukunft. Wer seine Gäste in neue Geschmackssphären eintauchen lassen will, kann mit den Klassikern der Eisdielen einpacken. Besonders wenn sie dann auch noch gekauft sind.
Auch wenn oder gerade weil Blutwurst-, Oliven- oder Käferbohnen-Eis verrückt klingen, hat sich Alexander Leicht, der SOULKITCHEN-Küchenchef in den heiligen Eishallen von ROLLING PIN, zwei absolute Profis eingeladen, um die Eiswelt neu und herzhaft zu definieren:
Top-Pâtissier Dominik Fitz, ehemaliger Chef-Pâtissier im Salzburger Hangar-7, und Eismacherin Petra Großschädl, Geschäftsführerin der Eisdielenkette Sax-Eis in Graz, haben mit Leicht und Leichtigkeit sieben außergewöhnliche Eissorten unter Einsatz ihrer geschulten Geschmacksknospen entwickelt. Herausgekommen sind unzählige Wow- und Aha-Momente.
Vanille, Schoko und Erdbeer waren gestern
Blutwurst, Sardelle und Spinat heißt die Zukunft. Wer seine Gäste in neue Geschmackssphären eintauchen lassen will, kann mit den Klassikern der Eisdielen einpacken. Besonders wenn sie dann auch noch gekauft sind.
Auch wenn oder gerade weil Blutwurst-, Oliven- oder Käferbohnen-Eis verrückt klingen, hat sich Alexander Leicht, der SOULKITCHEN-Küchenchef in den heiligen Eishallen von ROLLING PIN, zwei absolute Profis eingeladen, um die Eiswelt neu und herzhaft zu definieren.
Top-Pâtissier Dominik Fitz, ehemaliger Chef-Pâtissier im Salzburger Hangar-7, und Eismacherin Petra Großschädl, Geschäftsführerin der Eisdielenkette Sax-Eis in Graz, haben mit Leicht und Leichtigkeit sieben außergewöhnliche Eissorten unter Einsatz ihrer geschulten Geschmacksknospen entwickelt. Herausgekommen sind unzählige Wow- und Aha-Momente.
Eismaschine vs. Küchenallstars
Das Motto der SOULKITCHEN am Tag des Eises: Außergewöhnlich und eismaschinenlos Grenzen überschreiten. Mit Eismaschinen für kleine Mengen ist das nämlich so eine Sache. Einfach drauf-los-kaufen ist wie bei den meisten Sachen keine gute Idee.
Grundsätzlich lässt sich sagen: Mit etwas Übung und Geduld lassen sich alle Eissorten ohne Eismaschine nachmachen. Dafür lassen sich nämlich Pacojet, Kitchenaid, Thermomix und Co. hervorragend ausnutzen. Dauert eben ein bisschen länger, da das Kühlen das Gefrierfach übernimmt.
In der SOULKITCHEN sah es wie folgt aus: Milch-Ei-Grundmasse im Kochtopf herstellen, passieren, mit Geschmacksträgern abschmecken, im Tiefkühler einfrieren, am nächsten Tag mit dem Pacojet aufschlagen, fertig.
Die Grundmasse ohne Ei, wie sie beim Sardellen-Oliven- beziehungsweise beim Blutwurst-Eis genutzt wurde, haben Fitz, Leicht und Großschädl im Thermomix vermischt. Das macht Sinn, da die groben Stückchen aus Olive beziehungsweise Blutwurst dem Eis ein volleres Mundgefühl geben. Würde man hier den Pacojet nutzen, wären die Stückchen dahin.
Wer keine Nacht warten will, kann es machen wie die Italiener der 50er-Jahre, die nach Deutschland kamen: in eine große Schüssel Eiswürfel und Salz füllen. Die Eiswürfel fangen an zu schmelzen und kühlen in einer kleineren Edelstahlschüssel darüber die Eismasse. Unter ständigem Rühren entsteht so ein cremiges gefrorenes Eis – allerdings unter hohem Kalorienverbrauch des Kochs.
Ein bisschen einfacher sind Eismaschinen schon. Es gibt zwei verschiedene Systeme: die Maschinen mit Kühlakku und jene mit Kompressor. Erstere sind wesentlich günstiger mit teilweise nicht einmal 20 Euro Neupreis. Dabei wird der Kühlakku, der auch die Rührschüssel ist, ungefähr zwölf Stunden im Eisfach eingekühlt.
Die Zutaten des Eises kommen dann hinein und werden unter ständigem Rühren innerhalb von rund 30 Minuten gefroren. Die Masse ist relativ weich und nicht vollends durchgefroren, aber für den sofortigen Verzehr bestens geeignet. Schnell werden schlaue Eisfüchse merken: Nach einer Eissorte muss man erneut zwölf Stunden warten, bis die Kühlakku-Rührschüssel kalt ist.
Schneller, aber auch teurer geht’s mit Kompressormaschinen. Gute Maschinen sind ab 200 Euro zu haben und bringen einige Vorteile mit: Ein doppelwandiger Behälter mit einem Kühlmittel wird von einem Kompressor heruntergekühlt, während die Eismasse stetig gerührt und so ausgefroren wird.
Weil der Kompressor mehr Power hat, kann er den Behälter deutlich tiefer gefrieren, als es eine Tiefkühltruhe schafft. Das ganze Herunterfrieren und Rühren dauert ebenfalls rund 30 Minuten und danach kann man sofort eine weitere Eissorte herstellen. Es ist also eine Frage der Zeit, der Menge und des Geldes, die es zu beantworten gilt, bevor sich eine Eismaschine in die Küche verirrt.
Wer sich erst einmal herantasten will, ist mit den Küchenallstars absolut ausreichend ausgestattet. Aber was soll nun rein ins Eis?
Eiszeit in der SOULKITCHEN
Die Idee, sich von eingefahrenen Sorten nicht die Kreativität rauben zu lassen, hat die drei SOULKITCHEN-Eismacher Leicht, Fitz und Großschädl gepackt. Trotzdem kamen unzählige Fragen auf:
Schmeckt eiskalte Wurst überhaupt? Kann Zucker die Basis für herzhafte Eissorten sein? Wie viel Salz soll rein? Womit kann man außergewöhnliches Eis kombinieren? Welcher Gang soll’s denn sein? Muss ein Eis als Dessert süß sein? Welche Konsistenz haben die österreichischen Lieblingsleguminosen, die Käferbohnen, im gefrorenen Zustand? Wie verändern die Zutaten ihren Geschmack durch die Kälte?
Aber all die Fragen führten nur zu noch mehr Experimentierlust unter den Profis. Petra Großschädl lieferte besonders zu den steirischen Käferbohnen wichtigen Input: „Die Käfer- oder Feuerbohne hat eine cremige Konsistenz, wenn man sie vor dem Einfrieren püriert. In Kombination mit einer Milch-Sahne-Ei-Zucker-Masse bekommt das Eis die perfekte Textur. Dazu noch etwas Kürbiskernöl nach dem Einfrieren untergerührt und der steirische Käferbohnensalat kommt auf völlig neue Art daher“, erklärt Großschädl, die für ihr Buch „Rund ums Eis“ einige ausgefallene Eissorten ausprobierte.
In Kombination mit einer Milch-Sahne-Ei-Zucker-Masse bekommt das Eis die perfekte Textur.
Petra Großschädl über die steirische Käferbohne in gefrorener Form
Bei Gemüse im Eis kommt es darauf an, dass man es in die richtige Textur bringt, bevor man es unter die Grundmasse rührt. Spinat beispielsweise im Pacojet zerhäckselt gibt seine grüne Farbe sehr gut an die Milchmasse ab. Kombiniert mit einem Stundenei, Trüffel und gewürzt mit Muskat ist der Klassiker ein absoluter Hingucker und bestens als ausgefallene Vorspeise geeignet.
Oder wie wäre es mal mit einem Thunfisch-Carpaccio mit Meeresalgen und Mohn-Wasabi-Eis? Das hat es bei Alexander Leicht definitiv auf die Bestenliste geschafft: „Die Masse war vor dem Einfrieren nicht gut. Der Mohn war zu dominant, bitter, zu auffällig. Das Wasabi konnte auch seine Wirkung noch nicht richtig entfalten. Wir haben überlegt, wie die Masse, in der übrigens neben Milch, Sahne und Eigelb auch Zucker und Pectagel enthalten ist, einen runderen Geschmack bekommt. Was immer hilft, ist Rum!“, schmunzelt der SOULKITCHEN-Chef.
Die noch nicht gefrorene Grundmasse darf ruhig ein bisschen zu geschmacksintensiv sein, da die Kälte die Geschmacksstärke minimiert.
Alexander Leicht über die Geschmacksintensität
Die leichte Süße des Alkohols hat die Bitterkeit des Mohns kompensiert und macht so das Eis in Kombination mit dem frischen Fisch zu einem scharf-süß-sauer-kaltem Geschmacks-erlebnis. Ein guter Tipp von SOULKITCHEN-Chef Alexander Leicht: „Die noch nicht gefrorene Grundmasse darf ruhig ein bisschen zu geschmacksintensiv sein, da die Kälte die Geschmacksstärke minimiert.“ Kaltes Bier hat eben auch einen geringeren Eigengeschmack als warmes.
Hier darf man also locker im Handgelenk würzen. Allerdings Vorsicht mit dem Salz, denn das führt neben Geschmacksverstärkung auch dazu, dass das Eis schneller und härter gefriert.
Genauso wie eine Prise Salz und Zitronensaft gehört ein Schuss Alkohol zu den Geheimtipps der drei Eismacher. Wenn der Geschmack nicht passt, probier’s mal mit den Wundermitteln. Sollte das Eis nach dem Einfrieren zu hart sein, reicht es manchmal schon, etwas zu warten, bevor man es portioniert. Aber immer im Kühlschrank antauen lassen, damit kein gesundheitliches Risiko entsteht. Bei – 11 bis – 5 Grad ist das Eis vor dem Verzehr perfekt gekühlt und trotzdem cremig.
Ein anderer Tipp bei hartem Eis: Die Menge Zucker war zu gering. Rund 15 bis 20 Prozent der Gesamtmasse sollten aus Zucker bestehen. Ansonsten gefriert das Wasser, ohne sich an den Zucker zu binden. Je mehr Zucker drin ist, desto cremiger ist das Eis. Übrigens ist das Fehlen von Zucker der Grund, weshalb Eiskristalle entstehen.
Rund 15 bis 20 Prozent der Gesamtmasse sollten aus Zucker bestehen.
Ist das Unglück mit dem harten Eis einmal geschehen, muss es aber nicht gleich weggeworfen werden. Mit dem Pacojet einmal aufgemixt und mit einem Schuss hochprozentigem Alkohol versehen, hat das Eis den richtigen Kick. Der Alkohol hat einen niedrigeren Gefrierpunkt und sorgt so für die bessere Cremigkeit.
Damit die Masse schon im Vorhinein beste Voraussetzungen für die gelungene Textur hat, sind schon einige Tipps zu beachten. Dominik Fitz erklärt das richtige Simmern: Beim Simmern, das auch als zur Rose abziehen bekannt ist, wird die Eigelb-Milch-Masse kontrolliert im Topf bis auf maximal 85 Grad erhitzt, sodass das Eis eine lockere, cremige Konsistenz erhält. Temperaturen darüber lassen das Ei allerdings gerinnen. Ich orientiere mich daher immer an der 82-Grad-Grenze, so habe ich noch etwas Luft nach oben.“
Außerdem ist das stetige Rühren der Masse entscheidend. Das kann ohne Probleme der Pacojet übernehmen, wenn die Eismasse im Tiefkühler auf bis zu – 22 Grad heruntergekühlt ist. Mit seinen 1000 Watt und 2000 Umdrehungen schafft es das Gerät, jeden Eiskristall zu zerhäckseln. Aber wie schon erwähnt ist das der Tod für Stückchen im Eis.
Die haben es Leicht, Fitz und Großschädl besonders beim Sardellen-Oliven-Eis angetan. Großschädl: „In Kombination mit dem schweren Gin und dem feinen Öl bringen die Oliven- und Sardellenstücke ein geniales Mundgefühl zusammen.“ Aber auch das geräucherte Milchreis-Eis mit Sojasauce lebt von den Stückchen.
Die drei Eismacher sind sich einig: So skeptisch, wie auch sie am Anfang gegenüber den außergewöhnlichen Eissorten waren, so überrascht sind sie vom Endergebnis. Fitz: „Auch wenn ich als Pâtissier ein Fan von süßem Eis bin, bin ich von jeder einzelnen Sorte überrascht.“ Und das ist es doch, was außergewöhnliche Köche erreichen wollen: Gäste überraschen.
So geht’s:
Einfach, aber Oho! Wenn ihr das könnt, habt ihr die perfekte Grundlage. Dann geht’s ans Ausprobieren!
- Mischen: Als Grundzutaten gelten drei Bausteine: Flüssigkeit, Geschmack und Emulgator. Wasser, Milch, Milchprodukte sind die Basis, in der du Früchte, Gemüse, Fleisch und Fisch als Geschmack mixen kannst. Dazu noch Ei oder Johannisbrotkernmehl als Bindemittel und fertig ist alles für deine Zutaten-Ideen!
- Erhitzen: Im Topf oder im Thermomix lässt sich die Masse perfekt auf 82 bis 85 Grad erhitzen. Das ist bei der Verwendung von Ei- und Milchprodukten sehr wichtig, um die Masse haltbar zu machen und Krankheitserregern keine Chance zu geben.
- Kühlen: Die pasteurisierte Eismasse muss nun im Tiefkühler für bis zu 24 Stunden tiefgefroren werden. Am besten gelingt es bei – 24 bis – 18 Grad. Wenn ihr Stückchen im Eis wollt, dann erst nach dem Einfrieren hinzufügen.
- Aufmixen: Mit dem Pacojet lässt sich die tiefgekühlte Masse im Handumdrehen aufmixen. Mit 1000 Watt schafft es das Küchengerät durch jeden Eisblock.
- Abschmecken: Mit Stückchen wie Obst, Schokolade, Oliven oder worauf auch immer du Lust hast, und mit Ölen aus Oliven und Kürbiskernen oder mit Alkohol lässt sich das Eis perfekt abschmecken.
Rezepte
Alle Rezepte, die in der SOULKITCHEN-Eismacherei entstanden sind, gibt’s hier: