Blattgeflüster

Heiße Ware! Wie Tee sich den Weg in Kannen und Küchen bahnt - der Siegeszug der Aromenbombe.
November 13, 2015

Aromenbomben
Fotos: Werner Krug, Wolfgang Hummer, Aiya Europa

Manchmal ist der Zufall eben doch der beste Koch. 2737 v. Chr. ereignete sich ein ebensolcher in China, wo der damalige Kaiser Shennong unter einem Baum sitzend darauf wartete, dass sein Kochwasser endlich im Kessel zu sprudeln beginnen möge. Die ermüdende Warterei führte zu einem Nickerchen, und als Shennong wieder erwachte, waren Teeblätter in seinen Kessel gefallen. So weit zur angeblichen Entstehungsgeschichte des nach Wasser am meisten konsumierten Getränks der Welt. Seit des Kaisers Zeiten und der Einführung von (Grün-)Tee nach Europa im 17. Jahrhundert hat sich Camellia ­sinensis ganz schön gemausert – wurde im alten China und in Japan die Teepflanze insbesondere für ihre gesundheitsfördernden Aspekte geschätzt, mutiert Tee heute mehr und mehr zum Lifestyle-Getränk.

Dem Varianten- und Sortenreichtum sind mittlerweile kaum Grenzen gesetzt, in rund 30 Ländern werden heute die nach Art der Herstellung und Weiterverarbeitung klassifizierten Hauptteesorten Weißer Tee, Gelber Tee, Grüner Tee, Oolong und Schwarztee angebaut. Kenia, China, Sri Lanka und Indien sind die Hauptproduzenten des edlen Blattes, rund fünf Tonnen werden jährlich weltweit auf den Markt gebracht. Angesichts des Potenzials, das Tee in puncto Aromen- und Sortenvielfalt zu bieten hat, verwundert es umso mehr, dass dem heilbringenden, wohlschmeckenden Pflänzchen in der Gastronomie immer noch gemäß dem Gesetz der unkommentierten Teebeutel-Strangulation zu Leibe gerückt wird. Teegenuss definiert sich demnach über die unrühmliche Kombination von Heißwasserkännchen plus nicht weiter definiert gefülltem Teebeutel plus Service ohne Auskunft über Ziehzeiten & Co.

Aber es gibt auch zwei gute Nachrichten: Erstens wächst…

Aromenbomben
Fotos: Werner Krug, Wolfgang Hummer, Aiya Europa

Manchmal ist der Zufall eben doch der beste Koch. 2737 v. Chr. ereignete sich ein ebensolcher in China, wo der damalige Kaiser Shennong unter einem Baum sitzend darauf wartete, dass sein Kochwasser endlich im Kessel zu sprudeln beginnen möge. Die ermüdende Warterei führte zu einem Nickerchen, und als Shennong wieder erwachte, waren Teeblätter in seinen Kessel gefallen. So weit zur angeblichen Entstehungsgeschichte des nach Wasser am meisten konsumierten Getränks der Welt. Seit des Kaisers Zeiten und der Einführung von (Grün-)Tee nach Europa im 17. Jahrhundert hat sich Camellia ­sinensis ganz schön gemausert – wurde im alten China und in Japan die Teepflanze insbesondere für ihre gesundheitsfördernden Aspekte geschätzt, mutiert Tee heute mehr und mehr zum Lifestyle-Getränk.

Dem Varianten- und Sortenreichtum sind mittlerweile kaum Grenzen gesetzt, in rund 30 Ländern werden heute die nach Art der Herstellung und Weiterverarbeitung klassifizierten Hauptteesorten Weißer Tee, Gelber Tee, Grüner Tee, Oolong und Schwarztee angebaut. Kenia, China, Sri Lanka und Indien sind die Hauptproduzenten des edlen Blattes, rund fünf Tonnen werden jährlich weltweit auf den Markt gebracht. Angesichts des Potenzials, das Tee in puncto Aromen- und Sortenvielfalt zu bieten hat, verwundert es umso mehr, dass dem heilbringenden, wohlschmeckenden Pflänzchen in der Gastronomie immer noch gemäß dem Gesetz der unkommentierten Teebeutel-Strangulation zu Leibe gerückt wird. Teegenuss definiert sich demnach über die unrühmliche Kombination von Heißwasserkännchen plus nicht weiter definiert gefülltem Teebeutel plus Service ohne Auskunft über Ziehzeiten & Co.

Aber es gibt auch zwei gute Nachrichten: Erstens wächst langsam das Bewusstsein für den Begriff der „Teekultur“, die es würdevoll und mit den richtigen Basisprodukten zu pflegen gilt. Und zweitens schöpfen Sterneköche wie Tanja Grandits oder Tim Raue seit einigen Jahren mutig das kulinarische Potenzial von Tee in ihren Küchen aus. Die 2-Sterne-Köchin Grandits arbeitet etwa gerne mit Grüntee-Pulver und Teesalz, und als Dessert reicht sie schon mal ganz selbstverständlich Apfel-Rucola-Sorbet mit Earl-Grey-Parfait und Kardamom-Apfel-Gelee. Bei Tim Raue darf sich dafür eine Étouffée-Royal-Taube an eine Jasmintee-Sauce schmiegen. Tee als Küchenzutat kommt also langsam, aber bestimmt in der Spitzengastronomie an.

Ob als Würzmittel und Aromengeber in flüssiger oder trockener Form, als Beize oder Marinade für Fleisch, als Räuchergut für Wildgeflügel, in Dessertvariationen oder gar als alternativer Speisebegleiter anstelle von fruchtigen Weißweinen: Tee ist ein absoluter Allrounder in der Küche – sofern man nur beste, lose Qualitäten oder das aktuell heiß begehrte, fein vermahlene Matcha-Pulver verwendet. Was Tee als Küchenzutat wirklich kann, welche Sorten sich für welche Verarbeitung am besten eignen und warum nicht alles, was mit oder in einem Beutel daherkommt, exotisch und begehrenswert ist, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

Teevarianten

Matcha
Die Mutter aller Tees
Die Pulverform dieses edlen Grüntees geht auf die ursprünglichste Form der Teenutzung zurück – die einer Heilpflanze. Und die wurde in China aufgrund der besseren Bio-Verfügbarkeit traditionell vermahlen. Der intensiv grüne Tee, der ausschließlich aus dem Blattfleisch der Grüntee-Blätter hergestellt wird, wirkt anregend und verfügt über einen milden, umamiartigen Geschmack.
Küchentauglichkeit: Desserts, Kuchen, Saucen, Pastateige, Fleisch-Marinaden, Cocktails
Preis à 100 gramm: ab 50 Euro

Jasmine Pearls
Die Perle Chinas
In der Regel wird Jasmintee aus unfermentiertem Grüntee, dem Jasminblüten beigemengt werden, hergestellt. Als Spezialität gelten die sogenannten Jasmine Dragon Pearls. Die Jasmintee-Kugeln werden aus Grüntee-Blattknospen und sehr jungen Blättern händisch zu Kügelchen gerollt und mehrfach mit Jasminblüten aromatisiert. Jasmine Pearls zeichnen sich durch ihren sanften, fruchtigen, blumigen Geschmack aus.
Küchentauglichkeit: Desserts wie Pannacotta oder Crème brulée, Dressings, Sirupe, Pökellaken für Geflügel, Räuchern
Preis à 100 gramm: ab 12 Euro

Schwarztee
Black Power
Was den schwarzen von seinem grünen Kollegen unterscheidet, ist der Fermentationsprozess, den schwarzer Tee durchläuft und der ihm das charakteristische Aroma verleiht. Die wichtigsten indischen Sorten sind Assam, Darjeeling und Sikkim. Ceylon wird vorwiegend in Sri Lanka angebaut. Bei Ziehzeiten bis zu zwei Minuten wirkt Schwarztee anregend, bei einer Ziehzeit bis fünf Minuten wirkt er beruhigend.
Küchentauglichkeit: Chai- und Ceylon-Sud zum Garziehen von Fisch und Meeresfrüchten, Aromatisieren von Suppen, als Marinade für Rindfleisch
Preis à 100 gramm: ab 5 Euro

Kräutertee
Der Heilsame
Kräutertee wird, wie der Name ja schon verrät, nicht aus Teeblättern hergestellt. Genau genommen spricht man deshalb auch von einem Aufgussgetränk. Es gibt so gut wie kein (Heil-)Kraut, das nicht verarbeitet werden kann – von Brennnessel über Kamille, Salbei, Lavendel, Rooibos oder Honeybush bis zu aromatisierten Blends ist alles möglich. Kräutertees sollten acht bis zehn Minuten ziehen.
Küchentauglichkeit: Räuchern von Wild und Geflügel, Marinaden, Punsch, Sorbets, Aromatisieren von Gemüsesuppen
Preis für Bio-Blends à 100 gramm: ab 4,50 Euro

Früchtetee
Liebling der Nation
Der Begriff Früchtetee ist sehr weit gefasst, denn die Blends variieren in ihrer Zusammensetzung von Hersteller zu Hersteller stark. Fakt ist, dass Hagebutte und Hibiskusblüte stets Basis eines Tees dieser Bezeichnung bilden. Auch Äpfel genießen in den meisten Mischungen einen Fixplatz. Die rote Farbe wird übrigens zumeist durch die Zugabe von schwarzen Johannisbeeren erreicht. Trotz ihrer Popularität sind hochwertige Früchtetee-Mischungen Mangelware.
Küchentauglichkeit: Eistee-Sorbets, Cremes, Gelees
Preis für Bio-Blends à 100 gramm: ab 8 Euro
Preis à 100 gramm: ab 5 Euro

Teesorten und deren Aromenvielfalt

Denn nicht nur zum trinken sind sie da …

Backen/Pâtisserie
Aufgrund der Pulverform eignet sich Matcha als Backzutat. In flüssiger Form machen die Grünteesorten Gunpowder und Sencha ebenso wie Earl Grey eine gute Figur.

Cocktails/Getränke
Mit Darjeeling, Grüntee, Rooibos oder Chai als Basis lassen sich spannende alkoholische und antialkoholische Cocktails zaubern. Geschmacklich wie optisch ein Highlight und mit großem Trendpotenzial: Matcha-Latte.

Marinieren
Zum Marinieren von Rind und Geflügel eignet sich aufgrund seines Zitrusaromas insbesondere aufgebrühter Ceylon-Tee. Mit Schwarz- und Rooibos-Suden angesetzte Fonds verfeinern Fisch und Meeresfrüchtegerichte.

Räuchern
Zum Heiß- und Kalträuchern mit Tee besonders geeignet sind Geflügel und Wildgeflügel wie Taube, Ente & Co. Hierfür eignen sich besonders Grüntee, Kräuter- und Schwarztee-Mischungen.

Essenzen, Sirupe, Öle
Seine fein-würzige Note macht Chai zum idealen Basisprodukt für die Herstellung von Sirupen. Grünteepulver oder lose, zerstoßene Grünteeblätter eignen sich außerdem hervorragend zum Aromatisieren von Olivenöl.

Würzmittel
Zum Aromatisieren von Saucen und Suppen eignen sich sowohl Grün- als auch milde Schwarzteesorten, Rooibos-Tee harmoniert bestens mit Wurzelgemüse wie Karotten.

Thomas M. Grömer

Klassen-Treffen
Tee wird generell nach Produktion und Herstellungsverfahren klassifiziert. Entscheidend ist der Fermentationsprozess beziehungsweise dessen Verhinderung. Schwarztee ist fermentierter Tee, bei der Herstellung von Oolong wird der Fermentationsprozess kurz vor Ende desselben unterbrochen, was ihn auch geschmacklich zwischen Grün- und Schwarztee ansiedelt. Grüner Tee ist nicht fermentiert und wird gedämpft, bevor er in Form gebracht und getrocknet wird.

Der Tee-OlogephpeBZZ7z

Der Ausgebildete Tea Scientist, Tea Taster und Europa-Geschäftsführer des japanischen Grüntee-Spezialisten AIYA, Thomas M. Grömer, über das hohe gastronomische Potenzial einer unscheinbaren Pflanze.

In der Gastronomie wird Tee im Vergleich zu Kaffee oder anderen Speisenbegleitern immer noch ein verhältnismäßig geringer Stellenwert eingeräumt. Warum eigentlich?
Thomas M. Grömer: Gute Frage! Ehrlicht gesagt ist dieser Umstand auch für mich nicht ganz nachzuvollziehen. Kaffee ist wesentlich präsenter in den Betrieben, aber wie viele Kaffeesorten können Sie denn unterscheiden? Vielleicht sechs? Alleine bei Grüntee hingegen gibt es rund ein Dutzend Sorten, mit ganz unterschiedlichen Geschmacksnoten. Für einen Gastronomen würde alleine diese Vielfalt schon ein tolles Unterscheidungsmerkmal zum Mitbewerb darstellen. Abgesehen davon ist qualitativ hochwertiger Kaffee im Einkauf teurer als hochwertiger Tee.

Der Wareneinsatz ist also geringer?
Grömer: Absolut! Gute Teequalitäten sind nicht unbedingt teuer. Für zehn bis 20 Euro à 100 Gramm bekommen Sie bereits sehr gute Tees. Und aus dieser geringen Menge können Sie zehn Liter Tee zubereiten. Tee ist also sehr ergiebig und in puncto Wareneinsatz und für Gastronomen definitiv eine wirtschaftlich intelligente Wahl.

Stichwort intelligente Wahl: Worauf muss ich denn beim Teekauf besonders achten?
Grömer: Ich ziehe an diesem Punkt gerne den Vergleich mit den Qualitätsmaßstäben, die Sie an einen guten Wein anlegen: Eine wirklich gute Flasche Wein kaufen Sie ja auch nicht beim Diskonter um die Ecke, oder? Also ist es erst einmal wichtig, dass Sie in einem Fachgeschäft oder bei einem Spezialisten Ihren Tee kaufen. Das ist die erste wichtige Grundregel. Die zweite lautet: Kaufen Sie keine Tees in fertigen Beuteln!

Es ist also etwas dran an der Legende vom Teeschrott in Beutelform?
Grömer: Leider, ja. Teebeutel, wie sie für den Massenmarkt angeboten werden, sind meist von minderer Qualität. Abgesehen davon würden Sie bestimmt auch lieber sehen, was genau Sie da trinken. Loser Tee ist also eigentlich Pflicht, wenn man auf Qualität Wert legt.

Angenommen, ich möchte mein Teeangebot auf der Karte repräsentativ erweitern. Welche Sorten sind Pflicht?
Grömer: Grundsätzlich kann man sich mit fünf bis zehn Sorten sehr gut aufstellen. Die Klassiker sollten aber jedenfalls dabei sein. Earl Grey hat wunderbare Zitrusnoten, ein kräftiger Assam sollte auch nicht fehlen. Bei Grüntee bietet sich Matcha an, da er einfach zuzubereiten ist und man
anders als bei losem grünem Tee nicht so exakt auf Brühtemperatur und
Ziehzeiten achten muss.

Anders als in Japan steckt in Europa die alkoholfreie Speisenbegleitung noch in den Kinderschuhen. Welche Tees eignen sich denn auch in der europäischen Küche als Weinalternativen?
Grömer: Ganz toll eignet sich Gen Mai Cha, ein japanischer Grüntee, der mit geröstetem Mais gemischt wird und wunderbar mit vielen Gerichten harmoniert. Anstelle eines fruchtigen Weißweins zu Fisch kann man Jasmintee reichen, am besten die edlen Jasmine Dragon Pearls. Auch die blumigen, leichten und frischen Noten von Darjeeling können spannend sein. Nur von harten Teegetränken wie intensivem Schwarztee würde ich die Finger lassen.

Nach und nach wird Tee ja als Würz- und Küchenzutat in der Top-Gastronomie immer beliebter. Besonders Matcha liegt momentan schwer im Trend …
Grömer: Was nicht verwunderlicht ist, weil Matcha sich aufgrund seiner hohen Qualität, der Pulverform und nicht zuletzt der intensiven grünen Farbe bestens für komplexe, gehobene Kreationen eignet. Das Aroma von Matcha ist mild, angenehm süßlich-voll und verleiht Desserts, aber auch herzhaften Gerichten eine spannende Note. Man kann auch Matcha-Salz zum Würzen von Fisch und Gemüse verwenden, der Teegeschmack rückt dabei nicht zu sehr in den Vordergrund, vielmehr erhält das Gericht dadurch eine leichte, frische Note.

www.aiya-europe.com

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