Gemeinsam stark: So entwickelt sich der heimische Tourismus

Sektionschefin im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) Ulrike Rauch-Keschmann und Obmann der WKÖ-Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Robert Seeber über die Entwicklung des heimischen Tourismus.
Oktober 1, 2020

Wohin geht die reise?

Wie lange wird die Corona-Pandemie den heimischen Tourismus noch begleiten? Welche Maßnahmen sollten Touristikerinnen und Touristiker ergreifen und wie sieht die Zukunft für die betroffenen Betriebe aus? Ulrike Rauch-Keschmann und Robert Seeber stehen Rede und Antwort.

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Ulrike Rauch-Keschmann: Leitung Sektion Tourismus und Regionalpolitik im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Wie unterstützen Sie in dieser schwierigen Zeit den heimischen Tourismus? Gibt es diesbezüglich Projekte, die Sie in absehbarer Zukunft anzugehen gedenken?
Ulrike Rauch-Keschmann: Die Bundesregierung hat zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Tourismusbranche durch diese schwierige Zeit zu begleiten. Fixkostenzuschuss, Kurzarbeit, Härtefallfonds, Steuersenkungen etc., das alles waren und sind wichtige Akutmaßnahmen, um die schlimmsten Folgen abzumildern. Mittelfristig muss es uns aber gelingen, die Reisefreiheit in Europa und auch weltweit wiederherzustellen und die Reiselust der Menschen wiederzuerwecken. Sicherheit und Vertrauen sind die Voraussetzungen für Tourismus, auf diese Themen müssen wir uns konzentrieren. Klare Verhaltensregeln für Gäste und Tourismusbetriebe sowie regelmäßige Testungen sollen dazu beitragen, dass Urlaub in Österreich nicht nur erholsam und schön ist, sondern auch sicher.
Robert Seeber: Wir konnten in den vergangenen Monaten – in enger Abstimmung mit dem Tourismusministerium – maßgeschneiderte Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Betriebe auf den Weg bringen, um so gut wie möglich Schäden abzufedern. Dies unter ständiger Beachtung der für die Gesundheit notwendigen Auflagen. Ein wichtiges gemeinsames Tool ist die Informationsplattform www.sichere-gastfreundschaft.at, auf der Verhaltensempfehlungen für Gäste wie auch Leitlinien für Gastgeberinnen und Gastgeber sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter online und zum Download zur Verfügung stehen. Auf politischer Ebene haben wir gemeinsam mit unseren Fachverbänden in Verhandlungen mit den zuständigen Ministerien Hilfspakete für unsere Betriebe erarbeitet. Ganz wesentlich war auch der gemeinsame Einsatz, um die so wichtige Liquidität für unsere Betriebe sicherzustellen, etwa durch die Kooperation mit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) oder dem Austria Wirtschaftsservice (aws). Auch das Projekt zur Testung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Hotellerie wurde gemeinsam mit dem Tourismusministerium auf Schiene gebracht. Über die Initiative „Sichere Gastfreundschaft“ werden freiwillige Corona-Tests für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beherbungsbetriebe in ganz Österreich ermöglicht. Österreich ist übrigens die einzige Urlaubsdestination weltweit, in der solche flächendeckenden Tests kostenlos möglich sind. Das Programm wird sehr gut angenommen und wir freuen uns, dass bereits mehr als 100.000 Testungen durchgeführt wurden. Die Ausweitung auf Gastronomiebetriebe ist besonders erfreulich. Mit diesem sichtbaren Beitrag zum frühzeitigen Erkennen und Bekämpfen von Covid-19 können wir alle aktiv dazu beitragen, Österreich weiterhin als sicheres Urlaubsland zu positionieren.

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Robert Seeber: Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich

Was kann und sollte man Ihres Erachtens nach als Gastronomie- bzw. Hotelbetrieb tun, um möglichst gut durch diese unsichere Zeit zu kommen?
Rauch-Keschmann: Ich denke, dass derzeit alle Unternehmerinnen und Unternehmer aufgefordert sind, ihre Geschäftsmodelle zu hinterfragen und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Die Touristinnen und Touristen werden zurückkehren, vielleicht früher, vielleicht später, doch sie werden wiederkommen. Aber sie werden verändert zurückkommen. Denn in Zukunft wird der Gast verstärkt auf Informationen und auf Sicherheit setzen, und auch Nachhaltigkeit wird ein bestimmendes Element für den Tourismus von morgen sein. Langfristig brauchen wir einen sozial- und umweltverträglichen Tourismus, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können und uns auch von anderen Angeboten unterscheiden zu können – und vor allem um die hohen Erwartungen an Urlaub in Österreich zu erfüllen.

Gäste sollen sich in Österreich wohl und sicher fühlen.

Ulrike Rauch-Keschmann

Seeber: Es gilt, alle Hilfsmaßnahmen zu nutzen, seien es Fixkostenzuschüsse, bei denen es jetzt in Phase 2 wichtige Nachbesserungen gibt, Überbrückungsgarantien, Stundungen etc. Aber natürlich muss auch on- und offline der Kontakt mit den Stammgästen intensiviert werden. Genau jetzt ist die Zeit, um Kundinnen- und Kundenbindung sowie das Image zu pflegen und die Beziehung zum Gast zu stärken. Es geht darum, Vertrauen aufzubauen. Eine gute digitale Kommunikation –  inspirierende Bilder, Reiseerlebnisse und „virtuelle Reisen“ – macht Lust auf Urlaub in den jeweiligen Betrieben und Regionen. Das wichtigste Kapital sind und bleiben jedoch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Durch die Kurzarbeit konnten den Betrieben viele Stammarbeitskräfte erhalten bleiben, mit denen gemeinsam ein erfolgreicher Neustart möglich ist.

Inwiefern wird sich der heimische Tourismus durch Corona nachhaltig verändern – und welche Rolle können dabei staatliche Institutionen wie das BMLRT und die WKO spielen?
Rauch-Keschmann: Die Corona-Krise ist ein Wendepunkt für den Tourismus – ich denke, wir werden einmal die Zeit vor Corona und die Zeit nach Corona unterscheiden. Die Krise wird das Reiseverhalten der Menschen verändern, die 3-Tage-Fernreise wird wahrscheinlich seltener gebucht als ein erholsames Wochenende in den nahen Bergen. Ich könnte mir vorstellen, dass Corona auch die Abkehr vom Massentourismus einläutet. Vielleicht stehen wir sogar vor einer Rückbesinnung auf die ursprünglichen Motive eines Urlaubes, auf Erholung und Entschleunigung. Jedenfalls hoffe ich, dass sich die Menschen mehr mit ihren Reisezielen auseinandersetzen und sich über Land und Leute, aber auch Umweltaspekte und regionale Kulinarik informieren. Wir wollen die gesamte Branche bei dieser Transformation begleiten. Unser „Plan T – Masterplan für Tourismus“ gibt dabei die Richtung vor. Wir streben einen nachhaltigen Tourismus an, der die Interessen der Unternehmerinnen und Unternehmer, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Gäste, der Umwelt sowie der heimischen Bevölkerung gleichermaßen berücksichtigt.

 

Die Testungen im Tourismusbereich schaffen Sicherheit und Transparenz.

Robert Seeber

Seeber: Für unsere Betriebe wird es mehr denn je wichtig sein, sich mit den Themen Nachhaltigkeit, Regionalität, Sicherheit und Hygiene auseinanderzusetzen. Wir werden daher die ökologische Anreise fördern, Betriebe bei Umstrukturierungen unterstützen, regelmäßig Indikatoren für einen erfolgreichen Tourismus publizieren und Themen, wie die Betriebsübergabe und -aufgabe, neu aufsetzen müssen. Der gemeinsame „Plan T – Masterplan für Tourismus“, der bereits stark auf dem Fokus der Nachhaltigkeit aufbaut, muss fortgesetzt und an die neue Situation angepasst werden. Die Bereiche Innovation, Digitalisierung und Zukunftsthemen sind ebenso von zentraler Bedeutung wie die Qualifikation von Unternehmerinnen und Unternehmern sowie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Denn eines hat Corona allen vor Augen geführt: Für das Funktionieren der Gesamtwirtschaft ist der Tourismus ein Schlüsselfaktor. Von einem erfolgreichen Neustart profitieren auch alle anderen Branchen.

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