Der Mann der Superlative

Christian Gradnitzer ist als Corporate Culinary Director bei Jumeirah für mehr als 2500 Köche verantwortlich und gestaltet damit die komplette kulinarische Vision der LuxusHotelgruppe.
November 13, 2015

Christian Gradnitzer ist als Corporate Culinary DirectoFotos: Jumeirah Group

Global Kärntner
Christian Gradnitzer (36) steigt aus dem flugzeug und in der Limousine wartet schon der nächste Akt zum kommenden Projekt. bevor er sich über die genauen zahlen hermacht, hat er exakt 20 minuten zeit für ein gespräch über Gigantomanie, carinthische Wurzeln sowie den knallharten Businessalltag.

Stehen Sie eigentlich hin und wieder auch noch selbst in der Küche?
Christian Gradnitzer: Nein. Nie mehr. Es gibt zwar andauernd Tastings, bei denen wir neue Gerichte und Kreationen auf ihre Qualität hin testen, aber den Kochlöffel schwinge ich selbst nur mehr ab und an zu Hause.

Geht Ihnen Spaß wie Stress im alltäglichen Küchenbusiness gar nicht ab?
Gradnitzer: Ich bin ja nicht komplett weg. Ich beschäftige mich tagtäglich mit dem Thema Küche und Kochen, quasi mein ganzes Leben dreht sich darum. Ehrlich gesagt wäre nur eine Küche zu managen ja auch um einiges relaxter als das, was ich jetzt auf dem Buckel trage. Fakt ist, dass ich weiß, wie das Kochen läuft und ich niemandem mehr was beweisen muss. Die Action in der Küche sowie die Gemeinschaft eines Küchenteams gehen mir aber teilweise schon ab.

Um welches Projekt kümmern Sie sich aktuell?
Gradnitzer: Wir haben vor einem Jahr einen Managementvertrag für ein Luxusresort auf Bali, Indonesien unterzeichnet. Das Resort wird voraussichtlich 2015/2016 unter dem Namen Jumeirah Bali eröffnen. Die Herausforderung dabei ist, durch drei Restaurants eine Vielfalt an internationalen und lokalen Stilrichtungen darzustellen. Ich bin da bereits jetzt völlig mit der Planung und Entwicklung der kulinarischen Konzepte, Küchendesigns sowie Restaurant-Ausstattung beschäftigt.

Daraus lässt sich schließen, das Ihr Arbeitstag mehr als neun Stunden beträgt.
Gradnitzer: Richtig. Früher war ich vielleicht noch extremer. Heute beende ich den Tag meist mit zwölf bis 13 Stunden. Es können aber auch einmal 16 Stunden werden. Aber ich zähle da nicht so genau nach. Meist fahre ich nach Hause, wenn meine Frau anruft und fragt, ob ich denn überhaupt noch heimkomme.

Vom idyllischen St. Paul ob Ferndorf in Kärnten nach Dubai. Welche Skills braucht man, um einen Job mit derartiger Tragweite zu bekommen?
Gradnitzer: Es klingt vielleicht wirklich abgedroschen, aber: Ich liebe diesen Job und das gesamte Business. Wenn man nicht mit der nötigen Passion bei der Sache ist und jeden Tag 200 Prozent gibt, wird das nichts. Und ich muss sagen, dass ich auch gezielt darauf hingearbeitet habe und durch meine gesamte Karriere Schritt für Schritt für die immer größer werdenden Aufgaben vorbereitet wurde.

Mit welchen Dimensionen sieht man sich bei einem Luxus-Unternehmen wie Jumeirah denn konfrontiert?
Gradnitzer: Alleine im Jumeirah Madinat war ich für sage und schreibe 1000 Mitarbeiter verantwortlich, darunter 50 Chefköche und die jeweiligen 50 verschiedenen Restaurants. Wir haben dabei zu Spitzenzeiten Events mit 18.000 Gästen gehandelt.

Da ist es natürlich nicht genug, „nur“ toll zu kochen, sondern man muss auch großes wirtschaftliches Know-how mitbringen.
Gradnitzer: Definitiv. Es ist natürlich ein Unterschied, ob man für eine Küche mit bestimmter Kulinariklinie Produkte einkauft oder für rund 50 Restaurants, die alle unterschiedliche Konzepte haben. Da wurde mir bestimmt eine gewisse Grundbegabung von Natur aus mitgegeben.

Mittlerweile sind Sie jedoch kulinarischer Leiter der Jumeirah-Gruppe und damit Chef von 2500 Köchen. Welche Aufgaben fallen in Ihren Bereich?
Gradnitzer: In Dubai sowie weltweit bin ich nun für die Qualität von einigen der besten Restaurants der Welt verantwortlich. Jeder Küchenchef, den wir in einem der Restaurants anstellen, wird von mir höchstpersönlich ausgesucht. Werden irgendwo neue Hotels eröffnet, fliege ich da im Vorfeld mehrmals hin, schaue mir die Märkte, Produkte sowie Kultur an, um ein Feeling dafür zu bekommen welche Konzepte letztendlich auch wirtschaftlich funktionieren könnten. Mir ist dabei auch sehr wichtig, dass, wenn wir etwa ein mexikanisches Restaurant eröffnen, der Chefkoch ein gebürtiger Mexikaner ist. So ist meiner Ansicht nach gewährleistet, dass die Authentizität eines Restaurants sichergestellt ist. Gäste sind da sehr feinfühlig und schmecken das sofort.

Das heißt, Sie sind die meiste Zeit auf Achse?
Gradnitzer: Nicht unbedingt. Wenn neue Eröffnungen anstehen, dann natürlich. Aber hauptsächlich operiere ich von Dubai aus. Es gibt monatlich fixierte Telefonate mit den F&B-Direktoren, bei denen wir die wichtigsten Details besprechen und Änderungen durchgehen. Strategische Planungen lassen sich auch sehr gut von zu Hause aus erledigen.

Und wie rekrutieren Sie Ihre Chefköche? Gibt es dafür Headhunter oder interne Jumeirah-Scouts?
Gradnitzer: Aufgrund meiner langjährigen internationalen Tätigkeit habe ich nun ein wirklich großes Netzwerk aufgebaut, sodass ich bei Bedarf auf geniale Leute zurückgreifen kann.

Besteht auch die Chance für den jungen deutschen oder österreichischen Kochnachwuchs, bei Ihnen eine Stelle zu bekommen?
Gradnitzer: Absolut. Speziell für meine Landsleute habe ich immer ein offenes Ohr, da natürlich auch die Ausbildung in Österreich sehr gut ist. Man muss sich aber über eine Tatsache im Klaren sein: Es ist ein knallharter Job. Man hat noch längere Arbeitszeiten und ist mit großen Kulturunterschieden konfrontiert. Es kann bei uns durchaus der Fall sein, dass in einer Küche 62 Nationalitäten aufeinandertreffen. Das ist für die persönliche wie berufliche Entwicklung natürlich sehr bereichernd, man muss das aber erst einmal packen. Die meisten sind nach den ersten vier Monaten fix und fertig. Also Bewerbungen sind jederzeit willkommen, ich schaue mir die Kandidaten dann aber gerne selbst sehr genau an, um einen Eindruck zu bekommen, ob sie denn dem Druck auch standhalten können.

Wenn man beim luxuriösesten Hotelkonzern der Welt die Gesamtaufsicht über sämtliche Kulinarikstrategien innehat, bleiben dann noch Karriereziele, die Sie erreichen wollen?
Gradnitzer: Klar doch. Nur weiß ich noch nicht, welche das sein werden. Als ich einst im Burj al Arab Executive Souschef wurde, war das schon genial. Natürlich ist das jetzt ein Job, den es nicht sehr oft auf der Welt gibt, aber sollten einmal neue Herausforderungen auf mich warten, bleibe ich sicher nicht auf meinem Sessel kleben. Wenn das Jobangebot passt, könnte ich mir irgendwann sogar einen Wechsel nach Österreich vorstellen.

www.jumeirah.com

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