Das ist die Zukunft von Österreichs Tourismus
Der Tourismus in Österreich befindet sich ohne Zweifel in der herausforderndsten Phase seit dem Zweiten Weltkrieg. Durch die Corona-Pandemie waren touristische Betriebe, allen voran Hotels und Restaurants, vom Lockdown besonders betroffen. Die eingeschränkte Reisefreiheit wirkte sich auf Österreichs Tourismusbranche, die maßgeblich von ausländischen Gästen lebt, verheerend aus, vor allem auf den Städtetourismus.
«Die Krise stärkt die regionale Wertschöpfung auch im Tourismus.»
Doch gerade die schwer einzuschätzende internationale Reisefreiheit sensibilisierte die österreichische Bevölkerung für das heimische Urlaubserlebnis. Das Gute, wurde vielen bewusst, liegt doch eigentlich so nah – und tatsächlich könnte die Ausgangslage für das Freizeitparadies Österreich nicht besser sein: Von der idyllischen Natur über sauberes Wasser bis hin zu hoher Sicherheit und nahezu unerschöpflichen kulturellen Reizen bietet dieses Land seinen Bewohnerinnen und Bewohnern immer wieder Neues, das es zu entdecken gilt.
Wir befinden uns in einer der unternehmerischsten Zeiten schlechthin!
Denn vergessen wir nicht: Pro Jahr genießen über 40 Millionen in- und ausländische Gäste die mannigfaltigen touristischen Angebote der Alpenrepublik. Mit 152,7 Millionen Nächtigungen in österreichischen Beherbergungsbetrieben wurde laut Statistik Austria im Jahr 2019 erstmals die 150-Millionen-Marke geknackt, wobei die Nächtigungen ausländischer Gäste um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr stiegen, jene der inländischen Gäste um 1,4 Prozent. Galt der Tourismus also vor Corona noch als eine der Wachstumsbranchen schlechthin, stellt sich nun die Quo-vadis-Frage umso dringlicher.
Wir können bei den Gästen aus dem In- und Ausland mit der hohen Qualität unserer Betriebe punkten.
Wie also ist es um die Zukunft des österreichischen Tourismus bestellt? Inwiefern wird dieser durch die international anhaltende Corona-Pandemie nachhaltig verändert? Und was können Tourismusbetriebe jetzt tun, um diese Umbruchphase zu überstehen – und bestenfalls gestärkt daraus hervorzugehen?
Die Krise als Chance?
„Ich sehe die Corona-Krise als die Mega-Chance für den österreichischen Tourismus, aber nur dann, wenn wir möglichst sofort erkennen, dass es Blödsinn ist zu glauben, dass dieser Virus verschwindet und alles wieder wie früher wird“, sagt Wolfgang Kleemann.
Das Reiseerlebnis wird durch Technologie verändert werden.
Der Generaldirektor der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) ist überzeugt: „Wir haben auch genau jetzt – in dieser Sommersaison – die Chance, unsere Inlandsgäste von der Qualität unserer Betriebe und deren Dienstleistungsangebot zu überzeugen.“ Wie genau? Indem man in vergleichsweise kleinen Strukturen auf Vertrauen setzt.
„Die Menschen werden“, erläutert Kleemann, „in Betrieben buchen, die von einer Familie geführt werden, der man vertraut und von der man weiß, dass ihr das Wohl der Gäste ein persönliches Anliegen ist.“ Ein Beispiel dafür: Mario Pulkers Hotel-Restaurant Residenz Wachau in Aggsbach an der Donau. Der Inhaber und Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich stellt fest: „Wir können bei Gästen aus dem In- und Ausland mit der hohen Qualität unserer Betriebe punkten.
Ich sehe die Corona-Krise als die Mega-Chance für den Österreichischen Tourismus!
Gäste können sich aufgrund der strengen Hygienevorgaben zu Recht sicher in Österreich fühlen. Die Branche begegnet der Krise mit Kreativität und Anpassungsfähigkeit.Dennoch sollte nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Corona-Krise ein einfacher Rundum-Jackpot für touristische Familienunternehmen ist.
Mit Innovationsgeist durch die Krise
Denn auch sie mussten und müssen sich weiterhin auf eine neue Situation einstellen und mit unternehmerischer Flexibilität und Innovationsgeist vorangehen. „Wir befinden uns in einer der unternehmerischsten Zeiten schlechthin“, bringt es Trend- und Zukunftsforscher Harry Gatterer auf den Punkt. Der Geschäftsführer des renommierten Zukunftsinstituts ist überzeugt, dass Gastronominnen und Gastronomen sowie Hotelièren und Hoteliers die Coronakrise als Chance für die Digitalisierung des eigenen Betriebs sehen werden.
Das Thema Nahversorgung hat durch Corona noch einmal an Bedeutung gewonnen.
„Jede und jeder muss sich jetzt die Frage stellen: Wo braucht es die menschliche Begegnung im physischen Sinn – und wo nicht? Da geht es nicht nur um Büroarbeitsplätze, sondern beispielsweise auch um einen Hotelbetrieb: Gäste kommen, ja. Aber die Frage ist: Bleibe ich mit diesem Hotel in Kontakt, wenn ich gerade nicht auf Urlaub bin? Das heißt, gibt es für mich als Gast die Möglichkeit, mittels Webinaren beispielsweise auch unterjährig Teil dieses Hotelerlebnisses zu sein?
Technologie und Digitalisierung
Ich bin überzeugt, dass das passieren wird. Es erfordert aber auch für einen Betrieb eine neue Qualität an Arbeitsweisen, an Ideen, an technischer Umgebung.“ Die Krise als Brandbeschleuniger der Digitalisierung also? Die Antworten der Expertinnen und Experten lassen keine Zweifel: „Technologie als Unterstützung und Erleichterung im Tourismus wird künftig eine wichtige Rolle spielen“, ist auch Petra Stolba überzeugt.
Die Geschäftsführerin der Österreich Werbung führt aus: „Nach der ersten Phase, in der Betten online verfügbar gemacht wurden, und nach der zweiten Phase, in der innerbetriebliche Prozesse über Software optimiert wurden, kommt nun die spannende dritte Phase.
Das Reiseerlebnis selbst, also die Gesamtheit aller Erlebnisse eines Gastes, wird nun durch Technologie verändert werden. Einerseits wird es durch die digitale Verfügbarkeit der Daten zu neuen Tourismusangeboten kommen, andererseits wird das Erlebnis selbst durch Technologie zusätzliche Dimensionen erhalten.“
Die Jugend als Hoffnungsschimmer
Doch die Krise wartet für den Tourismus auch mit „bodenständigeren“ Auswirkungen auf: Regionalismus, präziser: die regionale Wertschöpfung ist krisenbedingt nicht nur ein langfristiger Trend, sondern im Tourismus fast schon ein Paradigmenwechsel. „Wem geht es denn momentan gut in der Tourismusbranche?“, fragt Susanne Kraus-Winkler, Managing Partner bei Loisium Hotelmanagement.
„Dem regionalen Tourismus! Also jenen Betrieben, die regionale Gäste haben. Ganz im Gegensatz zum Städtetourismus natürlich, der stark von internationalen Gästen abhängig ist. Unter regionale Betriebe fällt hingegen alles, was innerhalb eines Tages mit dem Auto oder mit dem Zug erreichbar ist.“ Ein unumkehrbarer Trend, der zeigt, wie sehr die Österreicherinnen und Österreicher auf den heimischen Geschmack gekommen sind.
Regionalität wichtiger als je zuvor
Auch in Sachen Wein: „Regionalität war zwar bereits vor Corona wichtig und bei den heimischen Konsumentinnen und Konsumenten stark verankert, das sehen wir speziell beim Wein bereits seit Jahren“, sagt Chris Yorke, Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM). „Dass die österreichischen Weingenießerinnen und -genießer während Corona jedoch noch stärker zu den heimischen Weinen gegriffen haben, freut uns natürlich sehr und zeigt, dass hier wirklich eine starke Verbundenheit zu unseren Winzerinnen und Winzern herrscht.
Ich denke, dass das Thema Nahversorgung durch Corona generell noch einmal an Bedeutung gewonnen hat und dass dies auch einen länger anhaltenden Effekt auf die Kaufentscheidungen der Österreicherinnen und Österreicher haben wird.“ Fest steht: Auch wenn es Anfang des nächsten Jahres, wie viele hoffen, einen Impfstoff geben wird – die Corona-Krise hat die Tourismusbranche unwiderruflich verändert.
„Wir denken schon“, sagt Petra Stolba abschließend, „dass viele – vor allem junge Menschen – in diesem Sommer Österreich neu entdeckt haben, und hoffen, dass dies zu einer nachhaltigen Begeisterung führt.“ Das wäre nicht nur den jungen Menschen, sondern auch der für Österreich so wichtigen Tourismusbranche zu wünschen.