Der Tequila-Macher, der mit dem Tod spielt
Wenn Sie in einem Restaurant im Großraum Guadalajara eine Flasche echt steirisches Kernöl entdecken, dann zeichnet dafür wohl ein Mann verantwortlich: Hans Peter Eder aus Rauris im Salzburger Pinzgau. Er sagt: „Die Menschen in Mexiko waren davon begeistert, so etwas kannte man dort bislang nicht. Also habe ich einfach Kernöl nach Mexiko importiert.“ Was er damals nicht wusste: Er legte damit unabsichtlich den Grundstein für ein Märchen, das Realität wurde.
Wenn Sie in einem Restaurant im Großraum Guadalajara eine Flasche echt steirisches Kernöl entdecken, dann zeichnet dafür wohl ein Mann verantwortlich: Hans Peter Eder aus Rauris im Salzburger Pinzgau. Er sagt: „Die Menschen in Mexiko waren davon begeistert, so etwas kannte man dort bislang nicht. Also habe ich einfach Kernöl nach Mexiko importiert.“ Was er damals nicht wusste: Er legte damit unabsichtlich den Grundstein für ein Märchen, das Realität wurde.
Und dieses geht so: Es war einmal ein junger Bauernsohn aus Rauris, der eine hübsche Studentin aus Mexiko kennenlernte. Und sich Hals über Kopf in sie verliebte. Sein Name: Hans Peter Eder. Ein Mann, dessen Leben schon in Kindertagen vorgezeichnet war. Sobald er alt genug war, sollte er den Erbhof Müllnergut übernehmen und dort bis ans Ende seiner Tage arbeiten und leben. Ganz egal, ob glücklich oder nicht. Doch dann kam alles anders. Nach der Landwirtschaftsschule und zwei Jahren Bauersein war es genug der Alpinen Ökologie. Matura und Wirtschaftsstudium in Wien folgten, bevor Eder in Buenos Aires seine Diplomarbeit zum Thema „Kulturelle Unterschiede und deren Einfluss auf die Unternehmenskultur multinationaler Konzerne“ verfasste.
Und auf seine Märchenprinzessin traf: Adriana Alvarez Maxemin, Studentin der Ernährungswissenschaften in Heidelberg und Tochter eines Industriellen und Politikers aus Jalisco. Spanisch hatte Eder als Nebenfach, über kulturelle Unterschiede hatte er promoviert. Gegen Jahresende folgte der erste Besuch bei Adrianas Eltern und die prägende Bekanntschaft mit wirklich gutem, echten Tequila.
„Die Mexikaner leben im Hier und Jetzt. Freundschaft und Familie bedeuten einfach alles – das hat mein Weltbild, mein Leben völlig verändert“, erzählt Eder rückblickend über seinen Einstand. 200 Menschen, und jeder hielt ein Glas Tequila fürs traditionelle Willkommensritual in Händen. Für ihn damals ein grauslicher Flashback in Jugendtage: Salz am Handrücken, saurer Zitronensaft auf den Lippen und am nächsten Morgen garantierte Schmerzen im Kopf. Aber: Runter mit dem Zeug – und plötzlich stand die Zeit still. „Ein magischer Moment. Eine Geschmacksexplosion, eine Offenbarung“, schwärmt Eder heute noch.
Weg mit dem Zaster
Es war der Anfang einer einmaligen lukullischen Reise. Überwältigt von diesem Erlebnis fing der junge Mann an, den Agavenschnaps-Markt zu analysieren. Fazit: Tequila in dieser Qualität gibt es in ganz Europa nicht. Das wollte Eder ändern. Und so fing er an, den perfekten Tequila für sein Vorhaben zu suchen. Tausende Flugmeilen zwischen Wien und Mexiko später war Eder nicht nur mit Adriana verheiratet, sondern hatte in Wien längst ein Leben abseits von Gastronomie und Landwirtschaft aufgebaut. Lukrative Consultingjobs zuerst bei Siemens, später bei American Express hielten ihn auf Trab und sein Konto gut gefüllt. Doch das mexikanische Lebensgefühl und das klassisch westliche Weltbild passten immer weniger zusammen.
„Tequila ist hier Lebensgefühl und Kulturgut.“
Hans Peter Eder
Und so fasste der erfolgreiche Business-Mann kurzerhand einen Entschluss: Kündigung! Stattdessen wollte er konkret an seinen noch immer unausgegorenen Tequilaplänen weiterarbeiten. Eder: „Mein Schwiegervater hat mich zusätzlich ermutigt und mich mit seinem Netzwerk unterstützt.“ Das erklärte Ziel: „Wir wollten nicht nur das beste Destillat aus blauer Agave, sondern auch die Kultur und das Lebensgefühl exportieren.“ Heute, sechs Jahre später, zählt seine Marke „Padre Azul“ aus der kleinen Familiendestillerie in Amatitán weltweit zu den gefragtesten Premium-Tequilas.
Im austro-mexikanischen Unternehmen „Padre Azul“ sind in der Produktion in Mexiko 48 Mitarbeiter tätig. Vom Tiroler Headquarter in Wattens gehen jährlich 200.000 Flaschen in die Welt hinaus. Mehr geht nicht! „Jede Flasche ist ein handgefertigtes Unikat.“ Vom ledernen Schurz, der von den „Lucha Libre“, den gefeierten Wrestlern übernommen wurde, über den metallenen Totenkopfverschluss, der den „Dia de los Muertos“ – den berühmten Feiertag der Toten – symbolisiert, bis hin zur mundgeblasenen Flasche. Produziert wird das Kunsthandwerk größtenteils vom „PrisonArtProject“, das ehemaligen Häftlingen den Wiedereinstieg ins normale Leben erleichtern soll. „Unsere Mitarbeiter sind Familie und werden dementsprechend entlohnt, sind versichert und somit sozial abgesichert“, ist der Ökonom stolz. Nebenbei hat Adriana, Ehefrau und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder, die „RamonPorVida Foundation“ für sozial Schwache und krebskranke Kinder gegründet. „Wir wollen etwas von dieser Lebensfreude und dem Geschenk, das uns die Menschen, ihre Kultur und das Land tagtäglich geben, irgendwie zurückgeben!“
„Die Mexikaner leben im Hier und Jetzt – der einzig richtige Weg!“
Hans Peter Eder
Daher ist es für Eder auch nicht einmal eine Überlegung wert, wenn – wie zuletzt – wieder einmal ein Konzern mit einem hochdotierten Beratervertrag wedelt. Schließlich hat sein neues Leben weit mehr zu bieten als bloß den Handel mit Tequila und – nach wie vor – etwas Kernöl. Eine Qualität nämlich, die sich nicht in einer Geldsumme ausdrücken lässt. Und die diesem Märchen einen märchenhaften Schluss ermöglicht: Wenn sie nicht …