Karriere in Moskau – Zaster auf dem goldenen Pflaster

Aus Moskau wurden vor 20 Jahren Liebesgrüßegesendet – heute sind es Verlockende Jobangebote. Die Metropole boomt und mit ihr das Hotel- und Gastrobusiness.
November 13, 2015 | Fotos: Shutterstock, InterContinental Hotels Group, Apple Boutique Hotel, All Suites Spa Hotels Prokrovka, Hotel National, beigestellt

Karriere in Moskau - Zaster auf dem goldenen Pflaster

Die Popgruppe „Dschingis Khan“ wusste es schon 1979 und Expats von 2010 sollten sich diese Zeilen gut merken: „Moskau – fremd und geheimnisvoll, Türme aus rotem Gold, kalt wie das Eis.“

Vielleicht ein wenig polemische die Poetik des Schlagerklassikers, doch trifft sie ziemlich genau ins Schwarze, was das anfängliche Leben in der Hauptstadt der Russischen Föderation betrifft. Und wenn man die Jobaussichten näher betrachtet, werden sich künftig immer mehr deutschsprachige Expats mit der russischen Mentalität auseinandersetzen müssen. Im Moment sind es um die 10.000. Denn Moskau hat sich in den letzten fünf Jahren zu einer Boomstadt des absoluten Luxus etabliert, den nicht nur die ansässigen Oligarchen und Milliardäre genießen, sondern auch die rund 4,1 Millionen Touristen, die jährlich eingeflogen werden – 1999 waren es noch 1,5 Millionen. Die meisten kommen aus den GUS-Staaten, doch direkt dahinter mit fast 10 Prozent…

Karriere in Moskau - Zaster auf dem goldenen Pflaster

Die Popgruppe „Dschingis Khan“ wusste es schon 1979 und Expats von 2010 sollten sich diese Zeilen gut merken: „Moskau – fremd und geheimnisvoll, Türme aus rotem Gold, kalt wie das Eis.“

Vielleicht ein wenig polemische die Poetik des Schlagerklassikers, doch trifft sie ziemlich genau ins Schwarze, was das anfängliche Leben in der Hauptstadt der Russischen Föderation betrifft. Und wenn man die Jobaussichten näher betrachtet, werden sich künftig immer mehr deutschsprachige Expats mit der russischen Mentalität auseinandersetzen müssen. Im Moment sind es um die 10.000. Denn Moskau hat sich in den letzten fünf Jahren zu einer Boomstadt des absoluten Luxus etabliert, den nicht nur die ansässigen Oligarchen und Milliardäre genießen, sondern auch die rund 4,1 Millionen Touristen, die jährlich eingeflogen werden – 1999 waren es noch 1,5 Millionen. Die meisten kommen aus den GUS-Staaten, doch direkt dahinter mit fast 10 Prozent die Deutschen.

Der Ausbau der touristischen Infrastruktur wird auch während der Wirtschaftskrise kräftig vorangetrieben: Bis 2015 sind 300 weitere Hotelneubauten geplant, 100 davon in der Innenstadt. Damit soll die Gesamtkapazität von 250 Hotels mit 80.000 Betten (Stand 2008) auf über 500 Hotels mit 150.000 Betten erhöht werden. Allein im Jahr 2009 wurden 32 Hotels mit rund 7000 Betten eröffnet …
Doch was das touristische Komitee – eigentlich die Oligarchen, die modernen Zaren – auch an Investitionen plant, es wird in den nächsten zehn Jahren noch ein eklatantes Manko an gut ausgebildeten einheimischem Fachpersonal geben. „Die Grenzen wurden erst vor knapp zwei Jahrzehnten geöffnet, die Hotelindustrie ist daher eines der jüngsten Gewerbe des Landes“, weiß Marcela Herrendoerfer, die Executive Assistant Rooms Manager im Ararat Park Hyatt Moscow ist. „Und solange es keine wirklich guten Ausbildungszentren gibt, ist hier ein gutes Pflaster für Expats.“

Vor allem Positionen wie Chef de Cuisine, F&B-Management und Schlüsselstellen mit hoher Verantwortung werden gerne an Expats vergeben. Denn zu den schlechten Ausbildungen haben Russen kaum die Möglichkeit, sich im Ausland fortzubilden. Meist läuft der Austausch zwischen den Metropolen Moskau und St. Petersburg.

Außerhalb dieser beiden Städte lohnt es sich für Expats generell nicht. Doch in Moskau, der größten Stadt Europas mit 10,4 Millionen Einwohnern, liegt das Geld zwar nicht direkt auf der Straße, aber der Rubel rollt noch immer im großen Stil. Wer sich dazu entscheidet, in der weißen Stadt sein Glück zu versuchen, sollte sich bewusst sein, dass das mindestens doppelt bis dreifach so hohe Gehalt – in Vergleich zu einer äquivalenten Stelle in Mitteleuropa – kein leicht verdientes ist. Und die teils sehr hohen Lebenskosten in Moskau darf man auch nicht vergessen.

„Es ist nicht leicht, sich einzugliedern, oder besser gesagt eingegliedert zu werden“, erzählt Heiko Reichel, Souschef im 5-Sternehotel Baltschug Kempinski Moscow, „Geduld zu haben, muss man schnell lernen, denn das Arbeitstempo der Russen entspricht nicht unbedingt dem unseren.“ Zudem akzeptieren Russen nur starke Anführer, wer sich durch so etwas wie anfängliche Auffassungunterschiede aus der Bahn werfen lässt, der wird nicht lange durchhalten.
Problematisch ist auch das Erlangen eines Arbeitsvisums, das absolute Pflicht ist. Damit sind lange Behördengänge verbunden – sollte es schnell gehen, helfen ein paar Rubel zwischen den Amtspapieren.
Wenn man sich auf das Abenteuer Moskau einlässt, dann entweder ganz oder gar nicht. Wer es wagt, dem winken eine Topposition, reichliche Bezahlung und mit ein wenig Geschick auch echte Freundschaften, die gerne und oft mit Wodka besiegelt werden. Denn wie sangen „Dschingis Khan“ schon 1979? „Moskau – doch wer dich wirklich kennt, der weiß, ein Feuer brennt in dir so heiß. Wirf die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land.“

Der Karrierecheck

Die wichtigsten Kriterien im Check
Das sollten Sie wissen, bevor Sie zu arbeiten beginnen.

Arbeitsumfeld

Kann mitunter schwierig sein, da hier eine gänzlich andere Arbeitsmoral herrscht als in Mitteleuropa. Auch ist die russische Mentalität ungewohnt, weil die Menschen ausländischen Kollegen gegenüber unaufgeschlossen sind. Hat man sich aber einen gewissen Status erarbeitet, dann können sich sehr gute Freundschaften entwickeln.

Jobangebot

Moskau ist im Moment eine aufblühende Stadt. Vor allem im Luxussegment ist man auf die Expertise ausländischer Fachkräfte angewiesen. Für Management und den F&B-Bereich werden immer neue Mitarbeiter gesucht.

Karrierechancen

Diese sind durchaus mit denen von Mitteleuropa zu vergleichen. Da man aber meistens bereits in einer Senior-Position beginnt, ist es fraglich, ob man den nächsten Karriereschritt in Russland machen kann.

Benefits

Der Steuersatz ist in Russland geringer als der in Deutschland und manche Firmen zahlen steuerfreie Löhne. Einige Arbeitgeber zahlen auch die Wohnung.

Arbeitszeiten

Offiziell gilt die Fünftagewoche, wobei im Gast- und Hotelgewerbe in der Realität sechs bis sieben Tage gearbeitet werden.

„Hier ist das Land der Extreme“

Thomas KösslerDas Hotelbusiness ist jung, das ist die Chance für Expats.

Insider Berichten

Thomas Kössler arbeitete sich in fünf Jahren vom Executive Souschef zum Executive Chef und Food & Beverage Manager hinauf. Er kennt das wahre Leben in Moskau neben dem schönen Schein des Kremls und den Legenden über Wodka.

ROLLING PIN: Russland, speziell auch Moskau, gilt noch immer als relativ abenteuerliches Expat-Land. Was sind die größten Herausforderungen?

Thomas Kössler: Mit einem Wort: die russische Mentalität. Russen planen nicht gerne. Sie überleben quasi von Tag zu Tag und sie sind nicht unbedingt bereit, wesentliche Dinge zu lernen, um sich selbst eine Zukunft aufzubauen.

RP: Wie wirkt sich das auf das Berufsleben aus?

Kössler: Im Grunde muss man täglich bei vielen Mitarbeitern bei null anfangen, da bei den Russen die Arbeit nicht als Selbstverwirklichung gesehen wird und daher erst, wenn überhaupt, an zweiter Stelle steht. Die Motivation ist Geld und erst die jüngere Generation hat den Willen, zu lernen und sich eine solide Karriere aufzubauen.

RP: Die Hotellerie ist in Russland ein junges Gewerbe, macht sich das stark bemerkbar?

Kössler: In Russland existiert die professionelle Hotellerie erst seit knapp zwei Jahrzehnten. Eine freundliche Servicequalität fehlt immer noch. Russen haben kaum Auslandserfahrung, leider auch wenig Chancen, diese jemals zu machen. Daher ist der fachliche Horizont um einiges enger. Eine weitere Herausforderung ist es, neben dem Training von Selbstengagement die Russen im Umgang mit den Kunden zu schulen.

RP: Ist das eine Möglichkeit für Expats, Fuß zu fassen?

Kössler: Das ist bestimmt so. Denn hier gibt es grundsätzlich keine professionelle Fachausbildung. Gelernt wird nur die Theorie. So sind Expats in allen Management- und Ausbildungspositionen sehr gefragt.

RP: Abgesehen von der professionellen Qualifikation – was muss man noch mitbringen?

Kössler: Hier verlangt man viel mehr Feingefühl im persönlichen Umgang mit Menschen – auch wenn das nicht immer unbedingt auf Gegenseitigkeit beruht. Westlichen Mitarbeitern begegnet man häuftig mit Ablehnung und Misstrauen, allerdings machen Russen diese negative Erscheinung mit oft sehr herzlicher, emotionaler Zuwendung wett. Des Weiteren braucht man für ein Leben hier viel Geduld und einen guten Sinn für Humor – anders kann man nicht überleben.

RP: Welche Sprachkenntnisse benötigt man?

Kössler: Grundwissen in russischer Sprache ist sicher ein Plus, zumindest aber muss man im Englischen fit sein. Doch auch wenn gute Englischkenntnisse in Moskau und St. Petersburg reichen, dann hört das an der Stadtgrenze auf. Das Wissen um die kyrillischen Zeichen ist dann eine wichtige Voraussetzung und es erleichtert das Arbeiten und den Umgang mit den Menschen.

RP: Was aber macht nun den Reiz aus?

Kössler: Russland ist ein sich nach wie vor positiv entwickelnder Markt. Hier kann noch alles passieren.

Zur Person

Thomas Kössler
Executive Chef & Food And Beverage Manager,
Marriott Moscow Royal Aurora
Der Österreicher ist nun seit mehr als fünf Jahren für das Haus tätig und sammelte zuvor auch schon reichlich Auslandserfahrung. So war er Chef de Partie im „Burj Al Arab“ und Head Chef im 2-3 AA Rosette ausgezeichneten „Ickworth Hotel.“

Kontakt

Marriott Moscow Royal Aurora
11/20 Petrovka St.
107031 Moskau
Tel.: +7 (495) 937 10 00
www.marriott.com

Ganz Privat

David HemmerléDavid Hemmerlé wollte eigentlich nach New York. Doch dann kam 9/11 und er überlegte es sich anders und las zufälllig eine Anzeige mit dem Titel „Moscow – it‘s crazy“ und er war derselben Meinung.

RP: Was begeistert Sie am meisten an Russland?

David Hemmerlé: Ich liebe den Lifestyle, die Frauen und die Kultur. Russen sind manchmal wie kleine Kinder, die das Leben einfach lieben, egal, wo, egal, wann und – sie haben recht damit.

RP: Birgt das nicht einige Gefahren?

Hemmerlé: Im Business schon. Es ist eigentlich verdammt schwer, mit ihnen vernünftige Geschäfte zu machen, da sie sehr auf schnelles und leichtes Geld aus sind, zudem niemandem vertrauen und kein Mitleid haben.

RP: Klingt ja verlockend …

Hemmerlé: Wenn man es weiß, dann kann man damit umgehen. Außerdem muss man die tollen Seiten der Stadt sehen.

RP: Diese wären?

Hemmerlé: Die wunderbaren Parkanlagen, wie der Park of Victory, der Kreml und Pelmini. Das sind hausgemachte Ravioli, die in einer Gemüsesuppe gekocht werden und mit Fleisch gefüllt
sind. Und erwähnte ich die vielen hübschen Frauen?

RP: Gibt es sonst noch etwas, das hier einzigartig ist?

Hemmerlé: Bezogen auf das Gehalt und die Privilegien ist Moskau der profitabelste Ort für Expats.

Zur Person

David Hemmerlé

Executive Chef, Cristal Room Baccarat
Der gebürtige Franzose arbeitet seit Februar 2002 in Moskau. Er ist Mitglied der „Russian Gild Chefs Association“, bekochte bereits im Kreml den Präsidenten und Hemmerlé hatte, wie auch hier, in Brasilien eine eigene TV-Show.www.baccarat.com

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