Arbeiten in England
Ländlich und behütet
Der gebürtige Berliner Marcus Noack lebte bereits in Australien und den USA, bevor es ihn nach Cumbria im Nordwesten Englands verschlug. Er kennt die Hürden genauso wie die Freuden des Landes. Cumbria ist nicht gerade bekannt als Food-Mekka.
Wie hat es Sie dorthin verschlagen?
Marcus Noack: Über einen Headhunter wurde mir die Stelle bei Simon Rogan angeboten. Ich habe vor einem Jahr begonnen, für Rogan als Group Executive Chef zu arbeiten. Ihm gehörten fünf – seit November nur noch drei – Restaurants, eine Farm, ein Shop und eine Testküche. Als Group Executive Chef sorge ich dafür, dass in allen Läden, in denen jeweils ein Küchenchef an der Spitze der Brigade steht, dieselbe Qualität geliefert wird, die vorgegebenen Standards eingehalten werden, und entwerfe in der Testküche die neuen Menüs gemeinsam mit dem 2-Sterne-Koch und Restaurateur Rogan. Mit der eigenen Farm werden das gesamte Jahr über alle Restaurants in Cartmel und London mit sämtlichen Obst-, Gemüse-, Kräuter- und Kresseprodukten versorgt.
Was haben Sie zuvor gemacht?
Noack: Nachdem ich für acht Jahre in den USA und Australien war, habe ich lange bei Christian Jürgens im Restaurant Überfahrt gearbeitet. Danach war ich bei Johann Lafer für die Organisation der Kochevents zuständig. Nach einem Jahr bei Lafer meldete sich zufällig der Headhunter, bot mir meine jetzige Stelle an und ich sagte nach kurzer Überlegung zu.
Verlief Ihr Umzug nach England vor einem Jahr reibungslos?
Noack: Ja, absolut. Ich brauchte kein Visum, sondern nur die National Insurance, mit der alles Weitere geregelt werden kann. Diese Nummer bekommt man beim britischen Arbeitsamt-Pendant. Auch das Bankkonto errichten sollte einer der ersten Schritte sein. Hier muss man bedenken, dass man einen Termin in der Bank benötigt, was auch schon einmal drei Wochen dauern kann. Bei der Krankenversicherung hilft der Arbeitgeber. Allerdings ist in dieser keine Zahnversicherung enthalten.
Hat sich für Sie etwas durch die Abstimmung für den Austritt aus der EU geändert?
Noack: Ich verdiene mittlerweile fast 800 Euro weniger als zu Beginn meines Arbeitsverhältnisses, weil der Kurs sehr stark gefallen ist. Außerdem wird es vermutlich dazu kommen, dass Arbeitskräfte aus dem Ausland ein Visum benötigen werden.
Wie haben Sie die Wohnungssuche empfunden?
Noack: In England gibt es tendenziell weniger Wohnungen zur Miete, da hier viele Menschen Immobilien kaufen. Aber es ist unkompliziert und läuft ohne lange Suchen über Zeitungen oder das Internet. Wohnungen werden über Makler vertrieben. Dabei muss man aber keine horrenden Gebühren bezahlen wie in Deutschland oder Österreich. Es kostet rund 100 Pfund, sich registrieren zu lassen, und noch einmal die gleiche Summe bei Abschluss eines Mietvertrages. Allerdings kommt meistens noch eine Kaution über 1,5 bis zwei Monatsmieten hinzu. Mietverträge laufen dann sechs oder zwölf Monate und können monatlich verlängert werden.
Wie sieht es mit den Arbeitsverträgen aus?
Noack: Arbeitsverträge laufen meist unbefristet, wobei es eine Probezeit von maximal drei Monaten gibt. Allerdings gibt es keine langen Kündigungsfristen – jeden Monat kann dem Arbeitnehmer gekündigt werden oder dieser kündigen.
Sind die Karrierechancen gut für Expats?
Noack: Fachkräfte werden auch in England händeringend gesucht. Dabei kommen die meisten Bewerbungen – zumindest bei uns – über das Internet. Es kommt bei den Chefs, die ich hier kennengelernt habe, sehr gut an, wenn man merkt, dass sich der Bewerber Mühe gegeben hat. Das kann eine Bewerbung per Mail sein oder per Post. Wenn man die Zeit und das Geld hat, ist die persönliche Abgabe der Bewerbungsunterlagen natürlich top. Man sollte sich sowieso die Region, in der man sich bewerben möchte, zuerst anschauen. Hier in Cumbria ist es sehr ruhig, da es ein Kurort ist. Solche Regionen gibt es viele – außerhalb der Großstadt London.
England ist sehr teuer. Wie sieht es in der Stadt und am Land mit dem Gehalt aus?
Noack: Das Gehalt ist durchaus angepasst an die erhöhten Lebenshaltungskosten. Lebensmittel, Miete und Getränke, besonders Alkohol, sind schon teurer, werden aber durch das Gehalt gedeckt. In London ist das Gehalt sogar noch höher, weil die Mieten exorbitant hoch sind. Man muss sich davon lösen, dass man alles in Euro umrechnet. Den Fehler habe ich zu Beginn gerne gemacht. Außerdem gibt es einen variablen Steuersatz. So werden niedrige Gehälter weniger besteuert, um den Arbeitnehmer zu entlasten.
Haben Sie weitere Tipps für potenzielle Auswanderer?
Noack: Man muss auf die Leute zugehen, auch wenn die Sprüche manchmal hart sind, bemühen sich die Engländer sehr um die Integration von Expats. Das Necken und Witzemachen kann schon ein wenig irritierend sein. Außerdem hat mich persönlich überrascht, dass es verhältnismäßig wenig regnet. Der Sommer und auch der Herbst waren sehr sonnig und schön, gar nicht so regnerisch, wie ich das erwartet hatte.
Wie war für Sie der Arbeitsstart?
Noack: In einer gehobenen Stelle ist es immer komisch, wenn man aus einer externen Firma kommt. Und dann auch noch als Deutscher, aber wie gesagt: Wenn man die Sprüche gekonnt wegsteckt, Grenzen aufzeigt und offen für seine Kollegen ist, ist die Arbeit in England sehr angenehm.
England war bis vor einiger Zeit nicht der kulinarische Überflieger. Wie würden Sie die Küche Englands heute beschreiben?
Noack: Jedes Land hat seinen Stil, aber die Spitzengastronomie ist überall zumindest ansatzweise vergleichbar. Die Küche war und ist sehr deftig, aber die Spitzenköche wie Heston Blumenthal oder auch mein Chef Simon Rogan haben sich voll davon gelöst. Simon Rogan bedient sich ausschließlich englischer Produkte und verzichtet sogar auf Schokolade. Ich würde sagen, dass die englische Küche und Gastronomie sehr spannend ist und sich im stetigen Umbruch befindet. Das ist gerade für junge Köche sehr interessant.
Karrierechancen
Händeringend gesucht: Auch im beschaulichen England werden Fachkräfte dringend gesucht. Am besten bei den guten und einsternern bewerben, dort bestehen super Karrierechancen.
Mentalität
Hart, aber herzlich: Engländer machen gerne Witze auf andere Kosten. Da muss man – besonders mit deutschen Wurzeln – drüberstehen. Dann sind sie interessiert und Hilfsbereit.
Wohnungsmarkt
Unbedingt den Makler fragen: In England kaufen Einheimische meist Wohnungen, daher gibt es wenige Mietwohnungen. Diese bekommt man am besten über einen Makler – ohne hohe Gebühren.
Lebenshaltung
Angepasst ans Gehalt: Das Leben mit Miete, Lebensmitteln und Freizeit ist etwas teurer als im deutschsprachigen Raum. Allerdings ist es an das etwas höhere Gehalt angepasst.
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