Nichts für Waschlappen! Warum Abwäscher das Rückgrat der Branche sind
Wenn Cleeford Aboa vom Urlaub zurückkommt, wird er in der Küche mit Applaus und Jubelschreien begrüßt. „Als einziger im Team, wenn ich so darüber nachdenke“, sagt sein Chef Ralf Zacherl. Kurz: Im Berliner Restaurant „Schmidt Z&KO“ des einst jüngsten deutschen Sternekochs geht nichts ohne den gebürtigen Kameruner.
Wenn Cleeford Aboa vom Urlaub zurückkommt, wird er in der Küche mit Applaus und Jubelschreien begrüßt. „Als einziger im Team, wenn ich so darüber nachdenke“, sagt sein Chef Ralf Zacherl. Kurz: Im Berliner Restaurant „Schmidt Z&KO“ des einst jüngsten deutschen Sternekochs geht nichts ohne den gebürtigen Kameruner.
Indem er fettige Pfannen schrubbt, saucenverschmierte Töpfe scheuert, Schränke während des Ein- und Ausräumens von Geschirr reinigt, hält er als Abwäscher der gesamten Küchencrew den Rücken frei. „Wir sind einfach jedes Mal unglaublich froh und erleichtert, wenn er wieder da ist“, sagt Zacherl. „Weil das echt harte Arbeit ist, die wir während seiner Abwesenheit selbst machen müssen.“
Damit sagt er zwischen den Zeilen aber noch viel mehr: Der Knochenjob der Abwäscher ist das Rückgrat der Gastro-Küchen. Ein Rückgrat jedoch, das im Schatten der funkelnden Sterne der Spitzengastronomie nahezu unsichtbar bleibt. Was umso mehr verwundert, da es viele Abwäscherinnen und Abwäscher gibt, die -ihrem Betrieb oft jahrzehntelang die Treue halten; vor allem im Bereich der Spitzengastronomie.
Vom Tellerwäscher zum Teilhaber des Noma!
Einer davon ist Ali Sonko. Der Abwäscher aus dem legendären Noma ist bis heute der einzige seiner Zunft, der medienwirksam ins Rampenlicht gerückt wurde. Vor allem ist er – zumindest innerhalb der Spitzengastronomie – auch der einzige, der von seinem Vorgesetzten zum Geschäftspartner befördert wurde. „Ich glaube nicht, dass viele Leute verstehen, was es heißt, jemanden wie Ali an seiner Seite zu haben“, sagte René Redzepi Anfang 2017, als er Sonko zum Mitbesitzer seines weltweit gehypten Restaurants in Kopenhagen machte.
Als „Herz und Seele“ des Restaurants bezeichnete er den 62-jährigen Gambier, der im Alter von 28 Jahren nach Dänemark gekommen war und seit der Noma-Eröffnung 2003 den Abwasch schmiss. Vonseiten des Noma-Restaurants heißt es, Ali Sonkos Rolle sei heute weniger die des klassischen Abwäschers, sondern neben der des Geschäftspartners auch die eines Gastgebers und Back-of-House-Managers. Sonkos Geschichte jedenfalls hat etwas fast schon Märchenhaftes – auch, weil es seither keine andere, wirklich vergleichbare, gegeben hat.
Wenn er kommt, gibt’s Jubel und Applaus!
Und doch: Loyalität und Wertschätzung für die, die hinter dem Abwasch stehen, gibt es auch anderswo. Wie man am Beispiel von Abdoul Zourkaneni sieht. Seit 23 Jahren ist der gebürtige Beniner Abwäscher unter dem Dach von Berlins Multi- und Stargastronom The Duc Ngo. Wobei man Zourkaneni mittlerweile als „Chefabwäscher“ bezeichnen sollte. „Das bedeutet, dass ich unter anderem die Dienstpläne für alle Abwäscher in jedem einzelnen von Ducs Läden erstelle“, erklärt Abdoul in fließendem Deutsch. „Ich muss dafür sorgen, dass jede Stelle ständig besetzt ist. Das gibt bei über 20 Abwäschern ausreichend zu tun. Deswegen spüle ich selbst eigentlich nur, wenn es einen Engpass gibt.“
2001 kam Zourkaneni von Benin nach Deutschland. Um sich etwas aufzubauen. Um Geld zu verdienen. Erzählt er. Eine Perspektive, die er selbst damals in seiner Heimat nicht gesehen hatte. „Ich sprach kein Wort Englisch und schon gar kein Deutsch, nur Französisch. Ich bin dann einfach so in Ducs Kuchi-Restaurant gegangen und habe gesagt, ,ich möchte arbeiten‘. Wir haben uns zunächst mit Händen und Füßen verständigt, aber das Team hat gemerkt: Ich will arbeiten und packe mit an. Diese Menschlichkeit, die Anerkennung, der Fakt, dass ich hier meinen Platz hatte und ernst genommen wurde, war für mich das Allergrößte in der damaligen Zeit. Das war mir sogar wichtiger als Geld.“
Heute erstellt Zourkaneni nicht nur die Dienstpläne, sondern schult die Abwäscher auch penibel in die spezifischen Aufgaben ein. „Ich erkläre, wie man das Geschirr richtig sortiert, wie man Ordnung im Küchenraum hält, wie man die Maschinen bedient. Und natürlich, wie man richtig spült. Da geht es auch immer darum, was zuerst gewaschen werden muss und was warten kann. Das kann stark vom jeweiligen Konzept abhängen, deswegen müssen die Jungs das genau erlernen, damit alles in der Küche rund läuft.“
Laut Zourkaneni kommen die meisten Kollegen aus afrikanischen Ländern. Und: „Die meisten sind Jungs. Das ist für viele von ihnen am Anfang ungewohnt, weil es in vielen afrikanischen Ländern nicht üblich ist, als Mann in einer Küche zu stehen.“ Aber so oft die Knochenarbeit des Abwäschers in der Gastronomie auch mit Männern in Verbindung gebracht wird – es gibt natürlich auch Frauen. Wie zum Beispiel bei Vier-Hauben-Koch Philipp Rachinger im oberösterreichischen Neufelden.
Margit Höller und Gjyke Mahmutaj heißen die beiden Power-Ladys, die seit über 15 Jahren als Abwäscherinnen im Mühltalhof dafür sorgen, dass vom Frühstücksservice bis zum Ende des Fine-Dine-Menüs um 23 Uhr alles blitzt und blankt. „Wir helfen der Küche aber natürlich auch, wenn es ums Zwiebelschneiden geht oder ums Salatputzen. Wir machen, was halt so anfällt“, sagt Margit. Seit über 30 Jahren ist die gebürtige Oberösterreicherin im Gastgewerbe tätig, lange arbeitete sie am Salzburger Land.
„Als mein Bruder gestorben ist, bin ich zurück nach Oberösterreich, um die Mama zu pflegen – weil sonst hatte sie ja niemanden“, erzählt sie. „Seither bin ich beim Philip. Die Atmosphäre ist super, wir arbeiten alle sehr gut miteinander, mit viel Wertschätzung füreinander. Ich sag’s, wie’s ist: Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen als diesen Job.“
Ein Satz, der nur auf den ersten Blick überrascht. Denn was all diese tatkräftigen Menschen eint, ist die Tatsache, dass sie wissen, wie wertvoll ihre Arbeit ist. Und das kann wohl wirklich nicht jeder von sich und seinem Job behaupten.