Zwei Weltreisende in London
Fotos: Rutger Pauw, Red Bull Hangar-7, beigestellt
London hat ja so einige schräge Ecken. Was hauptsächlich an den Bewohnern ebendieser liegt. Die mitunter kulinarisch interessanteste ist in Bethnal Green im East End, also weit entfernt von den anderen Hotspots der Metropole. Mich verschlägt es wegen eines Tipps von René Redzepi dorthin, denn im Viajante kocht angeblich einer absolut steil auf: Nuno Mendes.
Der gebürtige Portugiese ist so wie ich ein Reisender – wohlweislich hat er dann auch gleich sein Restaurant so benannt. Im Viajante, seit Kurzem auch mit einem längst überfälligen Michelin-Stern ausgezeichnet, verknüpft Nuno die Erinnerungen seiner Reisen zu erfrischend neuen Kombinationen und verleiht durch das Spiel mit Texturen seinen Gedanken Ausdruck.
und südamerikanisch."
Von Lissabon aus über Stationen bei Ferran Adrià, Wolfgang Puck und…
Fotos: Rutger Pauw, Red Bull Hangar-7, beigestellt
London hat ja so einige schräge Ecken. Was hauptsächlich an den Bewohnern ebendieser liegt. Die mitunter kulinarisch interessanteste ist in Bethnal Green im East End, also weit entfernt von den anderen Hotspots der Metropole. Mich verschlägt es wegen eines Tipps von René Redzepi dorthin, denn im Viajante kocht angeblich einer absolut steil auf: Nuno Mendes.
Der gebürtige Portugiese ist so wie ich ein Reisender – wohlweislich hat er dann auch gleich sein Restaurant so benannt. Im Viajante, seit Kurzem auch mit einem längst überfälligen Michelin-Stern ausgezeichnet, verknüpft Nuno die Erinnerungen seiner Reisen zu erfrischend neuen Kombinationen und verleiht durch das Spiel mit Texturen seinen Gedanken Ausdruck.
und südamerikanisch."
Von Lissabon aus über Stationen bei Ferran Adrià, Wolfgang Puck und Jean-Georges Vongerichten hat es den Weltenbummler nun nach London verschlagen. Nach dem Bacchus und einer underground eatery im häuslichen Loft ist das Viajante nun das dritte Restaurant von Nuno in London. In dem im Fifties-Stil eingerichteten Lokal mit Wohnzimmerambiente spüre ich eine geistige Nähe zu seinem Freund Redzepi, aber nie das Gefühl, hier vor einer aufgewärmten Kopie zu sitzen. Und Nunos Küche ist um einiges spaßiger und energiegeladener als die des Skandinaviers, doch dabei angenehm bodenständig. Was nicht zuletzt daran liegt, dass Nunos Anleihen oft in der Küche seiner Kindheit zu finden sind.
Begeistert bin ich von seinem Brot-Porridge, bei dem es sich um weich gekochtes Graubrot mit Fenchelsaft, Pfifferlingen, Mais, Koriander, einem Eigelb und Langusten handelt. Portugal pur mit idealer Säure. Ein perfektes Gericht für das Gastkoch-Menü im Hangar-7, das Nuno als „Langostinos mit Porridge, schwarzem Trüffel und Puntarelle“ präsentiert. Obwohl Nuno seine Küche als modern europäisch bezeichnet, denke ich eher an einen Mix aus iberisch, asisatisch und südamerikanisch. Eine experimentelle Weltküche, die der Kategorie „absolut außergewöhnlich und schmackhaft“ zuzuordnen ist und für die sich eine Reise ins East End mehr als lohnt.
www.viajante.co.uk
von Nuno Mendes
Jeden Monat verraten die Starchefs von Hangar-7-executive-chef Roland Trettl ihr Lieblingsprodukt. Für Nuno Mendes ist das Schweineschwanz. Zum Kringeln!
Großmutters Tipp
Schweineschwanz ist nicht nur in verschiedenen Teilen Portugals, sondern auch in unseren Breitengraden verbreiteter gewesen, als man denken könnte. Er ist ein recht praktikables Sekundärteil, das in den letzten 50 Jahren leider in Vergessenheit geraten ist.
Klassisch wird der Schweineschwanz für das Ansetzen von Suppen oder Eintöpfen verwendet, da er Aroma gibt und zudem eine leichte Bindung verursacht. Eine andere Variante ist das gemeinsame Auskochen mit Schweinsfüßen, um daraus Sülze herzustellen.
So’ ne dicke Schwarte
Der Schweineschwanz ist der sich verjüngende, gekringelte Fortsatz des Rückgrats. Im Wesentlichen besteht er aus Knochen, Bindegewebe und Schwarte. Ein verschwindend geringer Teil ist dabei Muskelfleisch. Das erklärt auch den hohen Brennwert von 697 kcal sowie einen Anteil von 76,7 Gramm Fett bei 100 Gramm Schweineschwanz. Der Cholesteringehalt schlägt mit feisten 57 Milligramm zu Buche.
Nuno Mendes kombiniert den Schweineschwanz gerne mit Tofu, Weißrübe und Mole, einem süßlichen südamerikanischen Gericht. Und verwendet ihn als Kick für sein Gericht „Filet von Maldonado Schwein mit Knoblauchpüree und Getreide“.
Nicht jedes Schweinchen darf ins Töpfchen
Schweineschwanz ist nicht gleich Schweineschwanz. Denn auch hier steckt der Teufel im Detail beziehungsweise in der Fütterung. Genauso wie die anderen Fleischteile nimmt der Schwanz je nach dessen Zusammensetzung sein charismatisches Aroma an.
Der Sternekoch Nuno Mendes bevorzugt eine alte englische Schweinerasse, das Berkshire, und das Ibérico. Die Apfel- und die Eichelfütterung machen hier den Unterschied.
Schweinegeil im Mendes-Style
Der portugiesische Sternekoch gart für seine Gerichte im Viajante in Londons East End den Schweineschwanz sous-vide einige Stunden lang. Im Idealfall über die gesamte Nacht hinweg bei 70 °C. Anschließend halbiert er den Schwanz, entfernt die Knochen und presst ihn für mindestens sechs Stunden. Mendes’ Empfehlung ist aber, den Schwanz bis zu zwölf Stunden zu plattieren. Der letzte Arbeitsschritt ist, den Schweineschwanz in einer Pfanne langsam kross werden zu lassen. Auf der Zunge entsteht so ein interessanter Effekt: Außen ist der Schweineschwanz knusprig, während man dennoch die gallertartige Grundsubstanz erspüren kann.
richtigen Technik kann er aber zum überraschenden Kick bei
einem Gericht führen.“
Next Chef
Tim Raue, Berlin
Im Februar hat Roland Trettl im Hangar-7 Tim Raue zu Gast. Der war in seiner Jugend Mitglied einer berüchtigten Berliner Gang. Heute ist der sympathische Sternekoch Anführer einer Küchentruppe, die unter seiner Leitung eine asiatisch geprägte Aromenküche zelebriert. www.hangar-7.com