Mario Lohninger – Biss Fest
Fotos: Werner Krug, www.hoeren-sehen-schmecken.net, CocoonClub beigestellt
Der zweite Turm sackt in sich zusammen wie ein kraftloser Koloss. 11. September 2001, die Twin Towers in New York wurden von zwei Flugzeugen tödlich getroffen und rissen eine tiefe Wunde quer durch das Land. „Da war nur Asche, Blut und Aktion.“ Mario Lohningers Arbeitsplatz, das Danube, war bloß sechs Häuserblocks entfernt. Der beißende Geruch und die Schreie haben sich in die persönliche Festplatte des Salzburgers eingebrannt. Die folgenden Wochen dann nur Starkstrom, Mario Lohninger kochte am Ground Zero mit Gasmaske für die Rettungsmannschaften, an Spitzentagen gemeinsam mit 200 Helfern bis zu 30.000 Mahlzeiten pro Tag.
Wieder retour in Frankfurt. Ein Strahl mit rund 200 Grad Celsius – minus versteht sich – schießt auf uns herunter. Wir stehen mit Mario Lohninger in einer Stickstoffdusche, einer der Attraktionen im Frankfurter Cocoon Club. Heiß und kalt, Küchendampf und Stickstoff, Snowboard und Golf, Techno und Philharmoniker, Wiener Schnitzel und Sushi, Twin Towers und Gemütlichkeit daheim in Salzburg. Gegensätze ziehen Mario magnetisch an und das Adrenalin muss ständig kreisen. So funktioniert das System Lohninger – egal, ob in New York, Frankfurt oder auf einer anderen Station seiner ausgedehnten Reisen.
Mario läuft in orangen Schuhen umher, dazu ein schreiend gelbes Shirt mit tiefem Ausschnitt, der von einer wuchtigen goldenen Kette mit Amulett verdeckt wird. Ungestüme Brusthaare („ein ordentliches Salatbeet“), die Kopfhaare auf der Seite sind auf Igel rasiert, das Haupthaar dagegen schulterlang. Willkommen an Bord des U.F.O., ein prägnanter, dreieckiger Baukörper, der wie eine Außenstation von Star Wars wirkt, 2004 von DJ-Ikone Sven Väth startklar gemacht. Unter einem Dach sind die Diskothek Cocoon Club und die zwei Restaurants Silk und Micro vereint, als Steuermann gibt der kulinarische Kosmopolit Mario Lohninger die Schubkraft.
Vorne am Micro-Eingang wartet Transvestit Marlene…
Fotos: Werner Krug, www.hoeren-sehen-schmecken.net, CocoonClub beigestellt
Der zweite Turm sackt in sich zusammen wie ein kraftloser Koloss. 11. September 2001, die Twin Towers in New York wurden von zwei Flugzeugen tödlich getroffen und rissen eine tiefe Wunde quer durch das Land. „Da war nur Asche, Blut und Aktion.“ Mario Lohningers Arbeitsplatz, das Danube, war bloß sechs Häuserblocks entfernt. Der beißende Geruch und die Schreie haben sich in die persönliche Festplatte des Salzburgers eingebrannt. Die folgenden Wochen dann nur Starkstrom, Mario Lohninger kochte am Ground Zero mit Gasmaske für die Rettungsmannschaften, an Spitzentagen gemeinsam mit 200 Helfern bis zu 30.000 Mahlzeiten pro Tag.
Wieder retour in Frankfurt. Ein Strahl mit rund 200 Grad Celsius – minus versteht sich – schießt auf uns herunter. Wir stehen mit Mario Lohninger in einer Stickstoffdusche, einer der Attraktionen im Frankfurter Cocoon Club. Heiß und kalt, Küchendampf und Stickstoff, Snowboard und Golf, Techno und Philharmoniker, Wiener Schnitzel und Sushi, Twin Towers und Gemütlichkeit daheim in Salzburg. Gegensätze ziehen Mario magnetisch an und das Adrenalin muss ständig kreisen. So funktioniert das System Lohninger – egal, ob in New York, Frankfurt oder auf einer anderen Station seiner ausgedehnten Reisen.
Mario läuft in orangen Schuhen umher, dazu ein schreiend gelbes Shirt mit tiefem Ausschnitt, der von einer wuchtigen goldenen Kette mit Amulett verdeckt wird. Ungestüme Brusthaare („ein ordentliches Salatbeet“), die Kopfhaare auf der Seite sind auf Igel rasiert, das Haupthaar dagegen schulterlang. Willkommen an Bord des U.F.O., ein prägnanter, dreieckiger Baukörper, der wie eine Außenstation von Star Wars wirkt, 2004 von DJ-Ikone Sven Väth startklar gemacht. Unter einem Dach sind die Diskothek Cocoon Club und die zwei Restaurants Silk und Micro vereint, als Steuermann gibt der kulinarische Kosmopolit Mario Lohninger die Schubkraft.
Vorne am Micro-Eingang wartet Transvestit Marlene, im Silk führt Marios bodenständige Mutter Erika das Restaurant. Auch hier wieder zwei resche Gegensätze, die sich in der Küche fortsetzen. Erlaubt ist alles, was Marios erfahrenem Gaumen gefällt. Sushi und Sashimi sind genauso der letzte Schrei wie Pizza mit Südtiroler Speck, Kärntner Schlutzkrapfen und Parmesanbonbon mit Basilikum. Ein gelungener Drahtseilakt der Aromen. Heiß und kalt, knusprig und schmelzend, knackig und flüssig, Milchkalbsfilet und Hummer verbinden sich zu einem reizvollen Ganzen. Dazugemixt wird ein harmonisches Gesamtkunstwerk aus Licht, Design und Geschmack. Man sitzt im Micro, von silbrigen Schnüren umrahmt, die wie knackige Spaghetti von der Decke baumeln. Warme Holztöne geben Wärme und durch die Glasfenster kann man die Show des Energiebündels betrachten. Später am Abend mutiert ein Teil …
… der kulinarischen Weltbühne zur Clubbingfläche. Man isst, trinkt, tanzt und bestaunt Hip-Hop-Größen wie Moses Pelham oder Sabrina Setlur. Im Silk wird man ins Bett gebeten. Wirklich. Man lümmelt gepflegt auf gemütlichen runden Sofaecken mit weißem Kalbsleder. Bevor man sich ausstrecken darf, muss man sich aber ausziehen. Zumindest die feinen Lederlatschen, die sofort in einer Lade verschwinden, genauso wie der Alltagsstress.
Im Hintergrund Mozart, Miles Davis, asiatische Tempelmusik oder ein Sphärenmix zum Cool-down, pinke Lichtspiele zucken über die weißen Vorhänge und weiße Engel – nein, es sind nur Kellnerinnen – schweben durch die Szenerie. Paradiesisches Leben Marke Lohninger. „Das Konzept ist mein Herzstück, mein Herzblut und meine persönliche Vorstellung, wie man heute isst und wie dieses Theaterstück harmonisch funktioniert.“ In der Hauptrolle kreative Weltküche, verdichtet in einem wechselnden zehngängigen Menü, darunter ein 1-Stunden-Bioei mit Pariser Champignonfond, Maine-Hummer mit Litschi, Shizo und Holunderblütenöl, Bison mit Babyspinat und japanischer Yam und ein Lolli mit Passionsfrucht und Zuckerwatte. Dem Michelin-Tester ist die Vorstellung einen Stern wert, ganz im Vertrauen gestand er aber: „Das Essen würde eine höhere Bewertung verdienen, aber das Konzept …“ Kein gedeckter Tisch und das Essen wird über die Füße gereicht, undenkbar für die konservativen Herren. „Wir haben vielleicht nicht die beste Küche der Welt, aber sicher die lauteste. 4000 Watt in der Küche, 300.000 Watt im Klub.“ Mario Lohninger nimmt es mit Humor. Als Junger würgte er übrigens die Stromgitarre, statt Rockmusik erzeugt er jetzt lieber Wokmusik.
Quasi mit der Hand im Brotteig wuchs er in Salzburg auf. Sein Großvater war Bäcker und Mario formte schon als Vierjähriger Brötchen. Später band er sich zu Hause eine Schürze um und half im Betrieb. Die Eltern hatten in Leogang eine ehemalige Würstelbude in einem Schwimmbad zu einem feinen À-la-carte-Restaurant hochgepusht. Mittlerweile hat der 35-Jährige Stationen im Rückspiegel, die normalerweise für zwei Biografien reichen: Rudi und Karl Obauer (Werfen im Salzburger Land), Hans Haas im Tantris (München), Theo Schoenegger und David Bouley (New York), Wolfgang Puck im Spago (Los Angeles), Guy Savoy (Paris). Als Küchenchef zog er das Danube in New York hoch, 2002 war er Koch des Jahres.
Eigentlich wollte er Skifahrer werden, bis seine Träume an einem Beinbruch zerbröselten. Die Operation lief nicht optimal, Karriere mit 12 beendet. Aber da war diese extreme Konsequenz, die schon als Kind durchbrach. „Mario war immer schon sehr zielstrebig und fleißig“, sagen Rudi und Karl Obauer, „er wollte anders sein und ist ein krasser Außenseiter im besten Sinne. Sein Küchenstil aus Haas, Puck, Danube, Paris und Obauers ist eine gelungene Melange.“ TV-Koch Christian Rach meint: „Die Kochszene ist wie der Fußballzirkus – eckig und kantig. Mario fährt eine sehr breite Schiene und das macht er großartig.“ Mit seiner starken Persönlichkeit muss man allerdings umgehen können. „Er wusste immer, was er wollte“, sagt auch sein Vater Paul, der nun in Frankfurt Marios geschmackliche Visionen in der Küche umsetzt. Ein harter Job. Von 0 auf 100 in 5 Sekunden, von Salzburger Regionalküche auf Weltküche mit Sterneniveau – „das erste Jahr in Frankfurt war das härteste meiner Karriere“. Die Eltern arbeiten beim Junior als Angestellte, Meinungsverschiedenheiten also vorprogrammiert. Aber das Zusammenspiel klappt. „Unser Betrieb ist groß genug, Freiräume sind für alle da“, meint Mario, stellt allerdings klar: „Das letzte Wort habe ich.“
Die ausgedehnten kulinarischen Erkundungstrips wurden vorerst auf Eis gelegt. „Ich habe so viele Eindrücke zu verarbeiten. Ehrlich gesagt habe ich derzeit keinen Bock auf große Reisen.“ Stattdessen setzte er sich lieber auf seine Harley Davidson. „Man muss schließlich schauen, dass man glücklich und zufrieden bleibt.“ Und seinen Traum lebt er in seinem Betrieb in Frankfurt bereits seit vier Jahren aus. „Wir haben von Anfang an etwas sehr Ausgereiftes und Einzigartiges auf höchstem Niveau geschaffen. Da muss man nicht jedes halbe Jahr das Konzept ändern.“ Im Herbst wird ein neues Mario-Lohninger-Kochbuch veröffentlicht. Und dann? Dass Mario Lohninger immer rotiert, ist klar. „Es muss brodeln, er hat ständig Ideen“, meint Paul Lohninger. Und Mario weiß, dass er absolute Freiheit braucht. „Vielleicht stehe ich einmal in einer Berghütte und mache nur Käse und Brot.“
Im Wort
Generationskonflikt
Keine Spur. Jeder hat seine Aufgabe. Aber wenn es hart auf hart kommt, habe ich das letzte Wort. Ich bin ja der Chef.
Friseur
Ich habe schon jede Frisur probiert, Fastglatze auch. Derzeit schneidet meine Freundin Sabine die Haare. Ich habe schon ewig keinen Friseur gesehen.
USA
Schon ein Wahnsinn, was dort abgeht. Hier bei uns fragt jeder: Funktioniert das überhaupt? Wenn sich in den USA jemand etwas einbildet, dann setzt er es auch um – mit allen Mitteln.
Freiheit
Ich finde es besser, unter einem ganz Großen zu arbeiten, als allein zu sein und irgendeine Würstelbude zu betreiben. Aber ich habe schon immer gewusst: Ich brauche meine Freiheit und muss meinen eigenen Tempel bauen.
Musik
Ein total wichtiger Input, um mich frei zu fühlen. Ich höre alles quer durch den Gemüsegarten, auch Techno. Am Abend, wenn der Job fertig ist, tanze ich oft noch im Cocoon Club ab. Meine jungen Köche haben aber Klubverbot.
Micro und Silk
Meine zwei Restaurants sind Heimat, deshalb muss ich nicht mehr ständig reisen. Ich muss ja nicht von zu Hause flüchten.
Im Zeitraffer
Die besten Adressen stehen auf Mario Lohningers Ausbildungsliste: Obauer (Werfen bei Salzburg), Hans Haas (Tantris, München), Theo Schoenegger (San Domenico, New York), Wolfgang Puck (Spago, Los Angeles und Palo Alto), Guy Savoy (Paris) und David Bouley (Danube, New York, 2 Michelin-Sterne). Für Bill Clinton, Linda Evangelista, Jennifer Lopez, Michael Douglas und Leo di Caprio hat er bereits gekocht. Seit 2004 Küchenchef im Silk und Micro, den beiden Restaurants im Frankfurter Cocoon Club. Im ersten Jahr wird das Silk mit drei Hauben und 17 Punkten ausgezeichnet, 1 Stern gibt es aktuell vom Michelin.
Ein-Stunden-Bioei
Hühnerconsommé und Parmesanschaum
Bioei:
Das Bioei bei konstanten 62° C im Wasserbad 1 Stunde lang garen und danach in handwarmes Wasser geben. Nun das Ei aufschlagen und im Wasser aus der Schale nehmen. Das nicht feste Eiweiß vorsichtig abwaschen.
Hühnerconsommé:
- Jeweils 1 Huhn
- Karotte
- Zwiebel
- Sellerie
- Lauch
- Piment
- Lorbeerblatt
- Wacholder
- weiße Pfefferkörner
- Salz
Zubereitung:
Keulen und Flügel des Huhns abschneiden und das Fleisch der Keule vom Knochen lösen. Aus den Knochen und Flügeln eine Brühe ansetzen. Das Fleisch der Haxe mit dem gleichen Gewicht von Karotte, Zwiebel, Sellerie und Lauch durch den Wolf drehen. Nun das gewolfte Fleisch und Gemüse (Klärfleisch) mit dem Eiweiß von 3 Eiern mischen. Die passierte Brühe abkühlen lassen und dann auf das Klärfleisch geben sowie 1 Lorbeerblatt, 1 Stück Piment, 1 Wacholderbeere und 2 Pfefferkörner hinzufügen. Alles langsam aufkochen lassen und dabei vorsichtig umrühren. Nach dem Aufkochen etwas Salz hinzufügen und noch ca. eine Stunde leicht kochen lassen. Jetzt die Consommé durch ein feines Tuch passieren.
Parmesanschaum:
- 250 ml Wasser
- 250 g geriebener Parmesan
- Salz
Zubereitung:
Das Wasser aufkochen, den Parmesan hineinrühren und aufkochen lassen. Den Ansatz abkühlen lassen. Es entstehen drei Schichten, oben Parmesanfett, in der Mitte Parmesanmolke und unten der Restkörper. Nun die Parmesanmolke auf 70° C erwärmen und mit 3 g Sojalezithin mithilfe eines Stabmixers aufschäumen.
Gebackene Faverbohnen:
15 getrocknete Faverbohnen im kalten Wasser 24 Stunden einweichen. Nun die Bohnen in Salzwasser mit etwas Bohnenkraut garen, abtrocknen und in 180° C heißem Erdnussöl herausbacken. Auf Küchenpapier geben und salzen.
Thai-Spargelspitzen:
10 Thai-Spargelspitzen roh in einer Pfanne mit Butter sautieren und mit Salz und weißem Pfeffer würzen.
Panchettachip:
5 dünne Scheiben Panchetta der Länge nach bis zur Hälfte einschneiden und zwischen 2 Backmatten legen. Bei 180° C 15 bis 20 Minuten kross backen und auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Fertigstellung:
Das Ei in ein Glas geben, mit der Consommé angießen, den Parmesanschaum an eine Seite geben und den Spargel und die Bohnen dazu. Den Panchettachip dekorativ an das Glas stecken.
Kontakt
Silk & Micro im Cocoon Club
Cocoon Club im U.F.O.-Gebäude
Carl-Benz-Straße 21,
D-60386 Frankfurt/Main
Tel.: +49 (0) 69/900 20-0
www.cocoonclub.net