Bocuse d’Or: Im goldenen Hexenkessel

Wie sich der deutsche Teilnehmer Marvin Böhm beim Bocuse D’Or, dem Oscars der Spitzengas­tronomie, gegenüber der Weltklasse-Konkurrenz schlug.
Februar 2, 2017 | Fotos: Thomas Rabsch

Mit Wildcard in die Finalrunde

Der Bocuse d’Or an sich ist ein Phänomen. Was einerseits an seinem Gründer, der ewigen Legende der Gastronomie Paul Bocuse, liegt. Und andererseits an der absolut wahnsinnigen Stimmung, die herrscht, wenn an zwei Tagen die insgesamt 24 Köche aus aller Welt gegeneinander antreten.

Ich habe viele Stunden und Nächte an den Rezepten gearbeitet.
Marvin Böhm bereitete sich monatelang akribisch vor.

Die deutsche Fahne hielt Marvin Böhm, Junior-Sous-Chef aus dem 3-Sterne-Restaurant Aqua in Wolfsburg, hoch. Nach einer Zitterpartie im Europa-Ausscheid war der 28-Jährige durch eine Wildcard in die Finalrunde der besten 24 aufgerückt.

3-Sterne-Koch als Coach

Wer bei der Weltmeisterschaft der Köche überzeugen will, muss höchste Präzision, ein perfektes Zeitmanagement und ein eingespieltes Team mitbringen. Gemeinsam mit seiner Commis de Cuisine Hanna Karthaus und seinem Chef und Coach Sven Elverfeld bereitete sich Böhm in akribischer Arbeit auf die exakt 5 Stunden und 35 Minuten lange Kochsession vor. „Sven Elverfeld hat mir ganz klar gesagt, was scheiße ist und was gut und wie ich einzelne Komponenten besser machen kann. Das hat nicht jeder, einen 3-Sterne-Koch als Coach“, ist Marvin Böhm stolz auf die Unterstützung im Background.

Marvin Böhm (li.) und seine Commis Hanna Karthaus beim Bocuse-d’Or-Finale

Ein Novum im diesjährigen Wettbewerb und eine ordentliche Herausforderung für die Teilnehmer stellte das vegane Gericht dar, auch für den Deutschen. „Vegetarisch wäre kein Problem gewesen, vegan ist schon schwieriger. Das macht man nicht so oft. Ohne Eier, Milch und Sahne musste ich sehen, dass ich den Geschmack im Gericht ausgleiche.“ Die vegane Aufgabe setzte Marvin Böhm in seinem Gericht „Deutsches Wurzelgemüse mit Meerrettich auf Rapunzel-Art“ um. Doch damit nicht genug an Veränderungen in dem sonst so statischen Wettbewerb: Da der Bocuse d’Or sein 30-jähriges Jubiläum feierte, gab es als Hommage an den Gründer ein Revival seiner großen Kreation, der „Bresse Pou­larde & Flusskrebse“. Sprich ein französisches Surf and Turf aus Geflügel und Krustentier – von Böhm interpretiert als „Bresse Poularde und Langostinos Grand Chef Art“.

Hunderte Stunden Vorbereitung

Doch bis der Junior-Sous-Chef aus dem Restaurant Aqua seine Gerichte in Lyon präsentieren konnte, war es ein harter Weg der Vorbereitung. Dabei konnte Böhm auf die tatkräftige Unterstützung und das Wissen des Bocuse-d’Or-Finalisten von 2015, Christian Krüger, setzen. „Ich habe darauf gedrängt, dass der Kandidat dieselben Bedingungen wie in Lyon hat – von der Größe der Kochbox über die Geräte bis hin zu den Marken“, so der Leiter HoReCa bei Metro Cash & Carry Deutschland. So konnte sich Böhm seit November 2016 in der sogenannten Kochbox im Metro-Markt in Braunschweig unter Wettbewerbsbedingungen mit der gleichen Ware wie in Frankreich vorbereiten. Und dann hieß es vier Monate lang trainieren, trainieren, trainieren. „Der Bocuse d’Or ist eine ganz andere Liga im Vergleich zu den vielen anderen Wettbewerben. Der hat ein echtes Gewicht“, so Böhm. Ab Anfang Januar, als alle Gerichte eingereicht waren, wurden täglich rund um die Uhr alle Komponenten perfektioniert – immer mit der Zeit, dem größten Gegner, im Blick. Dafür arbeitet der 28-Jährige einen minutiösen zeitlichen Ablaufplan aus.

Sensationssieger

Zwei Tage vor der Kochweltmeisterschaft ging es dann nach Lyon. Eine große Entlastung: Um den Transport und die gesamte Logistik seines Equipments kümmerte sich ebenfalls Metro. Am zweiten Wettbewerbstag um Punkt neun Uhr fiel dann für den deutschen Kandidaten der Startschuss zum Bocuse d’Or – unbeirrt von Fahnenmeer, Trommelwirbel und Anfeuerungsrufen in der Halle. „Sobald du zu kochen anfängst, blendest du alles aus. Das kriegst du, ehrlich gesagt, gar nicht mit.“ Umso größer war die Anspannung, nachdem Marvin Böhm mit seinem Wettbewerb fertig war und drei Stunden warten musste, bis die anderen Gerichte vor der Jury präsentiert und die Ergebnisse ausgewertet waren.

Bocuse-D’Or-Sieger Mathew Peters (2. v. re.) mit seinem Coach Thomas Keller (2. v. li.)

Und dann hieß es: Sensationssieg beim Bocuse d’Or 2017 für die USA mit Mathew Peters und seinen Commis Harrison Turone aus Thomas Kellers Per Se. Ganz weit vorne auch wieder die Nordmänner mit Norwegen auf Platz zwei und Island auf dem Bronzerang. Mit Platz 19 blieb Marvin Böhm zwar hinter den gesteckten Zielen zurück, aber die Erfahrung kann ihm keiner nehmen. Und wer kann schon von sich sagen, dass er bei der Weltmeisterschaft der Köche dabei war?
www.bocusedor.com

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